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Der Geheimtip

Der Geheimtip

Titel: Der Geheimtip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einen reichen Prinzen verzauberte.
    Sie sprach deutsch! Er bekam ein Zimmer! »Es sind nicht die Fans. Es ist viel schlimmer«, sagte er hastig. »Ich bin wirklich in echter Gefahr!«
    Sie nickte lächelnd und gab einem Boy den Zimmerschlüssel. Der setzte sich zum Fahrstuhl in Bewegung. Aber Egon Meier war so erschöpft von der Aufregung vorhin und der Begegnung jetzt eben, daß er wie in Trance geradeaus ging. Plötzlich stand er mitten im Teeraum. Der Chefkellner im Frack glitt auf die merkwürdige Gestalt zu, die ein Hemd mit Aufschrift und eine gelbe Klappohrenmütze trug. Lieber Himmel! Schon wieder so ein spleeniger reicher Engländer!
    Ganz allgemein wurde das Stimmengemurmel im Raum noch etwas leiser. Aller Augen richteten sich möglichst unauffällig auf Egon Meier. Man war allerhand gewöhnt. Die hundertjährige Opernsängerin aus Glochester war gestern zum Dinner wieder in knallroter Robe erschienen. Lord Swenton hatte vorhin einen Gepard an der Kette geführt. Die alte Lady Oxford brachte immer einen gelben Teddybären mit zum Essen. Die beiden Tennisdamen benahmen sich wie ein Liebespaar. Der Schweizer Großindustrielle hatte jede Nacht Krach mit seiner Frau und machte dabei soviel Lärm, daß die Leute nebenan ein anderes Zimmer verlangt hatten. Eine rüstige Lady brachte sich zum Dinner eigenes Gemüse mit und warf angeekelte Blicke auf das Fünfgängemenu, das die anderen verspeisten. Man war, wie gesagt, einiges gewöhnt. Trotzdem lehnten sich die Herrschaften jetzt tiefer in die schwellenden weißgrün gemusterten Polster zurück, um den kleinen Dinosaurier mit der gelben Mütze zu betrachten.
    Egon Meier war klar, daß dies nicht der richtige Weg zu seinem Zimmer sein konnte. Da saßen lauter ziemlich alte Leute auf Sofas und Sesseln, tranken Tee und gabelten zierlich winzige Happen von klitzekleinen Tortenstücken, die Ober auf Wagen umherfuhren.
    Der Ober machte Anstalten, ihm einen Platz anzuweisen, aber er schüttelte den Kopf und verließ eilig den ›Tearoom‹. Das Stimmengewirr wurde lauter. ›Ein Fußballer‹, darüber waren sich alle einig.
    Zum Glück hatte nun der Boy mit Egons Zimmerschlüssel den berühmten Kicker von ›Benefica Lisboa‹ entdeckt. Er geleitete den erschöpften Crack zum Fahrstuhl und in die Suite. Egon war selbst zum Staunen über die Pracht der Räume zu kaputt. Er warf sich auf eins der breiten Betten und schloß die Augen. Der Boy zog die Gardinen zu. Sein Trinkgeld würde er später schon noch bekommen. Und unbedingt auch ein Autogramm.
    Egon konnte nicht schlafen. Die Gedanken stürmten durch seinen Kopf wie vorhin die Fußballmannschaft von Funchal aufs gegnerische Tor. Leider auch ebenso erfolglos.
    Er überdachte seine Lage. Vor allem mußte er den Musterkoffer wiederbeschaffen. Zu diesem Zweck würde er vielleicht am besten mit dem deutschen Konsulat telefonieren, das allerdings höchstwahrscheinlich nicht auf Madeira, sondern in Lissabon war. Die konnten ihm raten, ob Polizei oder Fundbüro oder beide zuständig waren. Außerdem würde er wieder Kontakt mit Pallando aufnehmen. Es war doch lächerlich zu denken, Fußballeidenschaft ginge einem so ausgekochten Geschäftsmann über seine Handelsinteressen.
    Danach war das Gespräch mit dem Regionalsekretär fällig und natürlich ein Telefonat mit Herrn Pettenkamp. Der hatte ihn, Egon Meier, mit diesem Auftrag betraut und durfte nicht enttäuscht werden.
    Dies alles mußte mit Energie und kühlem Kopf durchgezogen werden. Leider fühlte Egon sich weder energisch noch kühl. Er war zu selten gereist, das machte ihn unsicher. Die Sprache war ihm fremd, und er bedauerte nun, daß er im letzten Jahr von dem Angebot des Vertreters für einen Portugiesisch-Fernkurs keinen Gebrauch gemacht hatte.
    Meine Lage ist, dachte Meier, ernst. Aber nicht hoffnungslos! Noch ist im Grunde nichts verloren. Außer dem Musterkoffer. Aber seien wir mal ehrlich: So unersetzlich ist das Ding doch auch wieder nicht.
    Dr. Kranzer hat die Pläne. Es gibt sicher noch mehr Muster. In der Behauptung, es ginge nicht ohne, steckte bestimmt auch eine Portion Wichtigtuerei vom Chef und von Dr. Kranzer.
    Darüber hinaus hat Pallando das Patent schon gesehen und für gut befunden. Lieber Himmel, Egon, du wirst dich doch nicht ins Bockshorn jagen lassen!
    In dieser Phase der Selbstbesinnung klopfte es zart an Meiers Tür. Ein eisiger Schreck durchfuhr Egon, trotz aller tapferen Vorsätze. Erst nach dem zweiten Räuspern fand er seine Stimme

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