Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Geheimtip

Der Geheimtip

Titel: Der Geheimtip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
ihrer Linken leicht über seinen Handrücken.
    »Und wie heißt der Herr, in dessen Villa Sie wohnen?« fragte sie. »Falls Sie nicht wieder hinwollen, können wir Ihr Gepäck abholen lassen.«
    »Er heißt Pallando.«
    Sie stieß einen kleinen Schrei aus. »Pallando? Miguel Pallando?«
    »Ja. Stimmt etwas nicht mit ihm?«
    »Oh … nein, nein. Trotzdem würde ich an Ihrer Stelle bis morgen früh warten. Ich besorge Ihnen das Nötigste. Zahnbürste, Schlafanzug und ein Jackett, damit Sie morgen nicht als Fußballstar herumlaufen müssen.«
    Egon Meier errötete. Die Vorstellung, daß dieses Zauberwesen, seine einzige Vertraute in diesem fremden Land, in Gedanken Maß nahm, um ihm einen Schlafanzug zu besorgen, verwirrte ihn sehr.
    »Aber das kann ich doch nicht annehmen.«
    »Natürlich können Sie! Essen Sie jetzt einen Happen. Ich leite alles in die Wege. Ein Page wird Ihnen die Sachen bringen. Überstürzen Sie nichts. Und schlafen Sie gut.«
    Sie erhob sich. Egon stand ebenfalls auf.
    »Ich danke Ihnen«, murmelte er. Gab es da nicht so ein Märchen von einer guten Fee, die böse Wünsche in Glück verwandelt? Ach nein, das war ja die Sache mit Dornröschen, und da erschien die böse Fee mit dem Spinnrocken oder so, jedenfalls schlief die ganze Gesellschaft nachher hundert Jahre lang, bis der Prinz kam. Aber selbst wenn Silva Dornröschen wäre, aus Egon Meier würde man nie einen Prinzen machen.
    Dennoch wurde es nun ganz märchenhaft.
    »Gute Nacht«, sagte Silva, und sie beugte sich vor und küßte Egon leicht auf den Mund.
    Sein Puls war augenblicklich der eines Hundertmeter-Hürdenläufers nach der letzten Hürde. Sie sah ihn an, und er hatte das Gefühl aus seinem Lieblingstraum: Er hob vom Boden ab und schwebte und war ganz gelöst und sehr glücklich, ja, viel glücklicher noch als im Traum.
    Silva blickte ihm aus ziemlicher Nähe in die Pupillen.
    »Ganz blaue Augen«, hauchte sie, »also gute Nacht. Und schlafen Sie gut, Egon!«
    Sie war schon fast aus der Tür, als Egon sich endlich aufraffen konnte.
    »Gute Nacht, Silva!« Sie hatte ihn geküßt! Sie hatte ihn geküßt!
    Egon setzte sich erst einmal aufs Bett und verharrte dort, wie aus Stein gehauen, in der Pose eines Denkers.
    Ganz blaue Augen, hatte sie gesagt. Sieh mal an. Es war das erstemal, daß jemand seine Augen erwähnte. Er hatte sie stets für durchschnittlich gehalten. Fräulein Buttrich zum Beispiel hatte kein Wort über seine blauen Augen verloren. Da mußte man erst nach Madeira reisen, um etwas so Schmeichelhaftes und für das Selbstbewußtsein Wichtiges zu hören.
    Nach einer Weile rappelte Egon sich hoch. Schließlich mußte er Trinkgeld bereitlegen, damit er sich und Silva nicht blamierte, wenn der Page die Zahnbürste brachte.
    Silva war ganz gefaßt geblieben bei seiner Erzählung. So schlimm konnte das alles also doch wohl gar nicht sein. Nur bei dem Namen ›Pallando‹ hatte sie gestutzt. Oder bildete er sich das nur ein? Vielleicht war sie auch angenehm überrascht gewesen, als sie erfuhr, mit welch wichtigen Leuten der Insel Egon Meier Kontakt pflegte?
    Es dauerte lange, bis der Page klopfte. Aber Egon hatte sich weltmännisch überlegt, daß Südländer es mit dem Zeitbegriff nicht gerade genau nahmen, und war deshalb auch nicht ungeduldig geworden. Er aß seinen kleinen Imbiß und gab sich überwiegend freundlichen Gedanken hin. Es würde sich schon alles organisch entwickeln! Kredit hatte er jedenfalls.
    Der Page dienerte, als sei Egon Meier ein russischer Großfürst. Er brachte Zahnbürste und Rasierzeug, einen Pyjama, der eher wie ein etwas gewagter Joggingdreß mit kurzem Höschen wirkte. Und als Knüller breitete er ein Jackett aus, italienische Edelware von Armani, in zart Flieder mit sehr breiten Schultern. Aus Seide.
    Egon fummelte schnell noch zusätzliches Trinkgeld aus dem Brustbeutel. Der Page verschwand unter erneuten Verbeugungen.
    Sofort zog Egon das Jackett über und trat vor den riesigen Spiegel. Oh, es war doch eine Tatsache, daß Kleider Leute machten. Etwas sehr weit kam das gute Stück ihm zwar vor, doch im großen und ganzen wirkte es unsagbar lässig an ihm, und er dachte sofort, daß Pettenkamp das gar nicht gefallen würde bei einem seiner gehobenen Mitarbeiter, aber der Knulle wäre bestimmt beeindruckt. Und Fräulein Buttrich würde sich wieder so komisch die Lippen lecken.
    Was Egon Meier nicht wissen konnte, war dies: Der Page hatte den Auftrag erhalten, dies und das zu besorgen. Da fiel ihm

Weitere Kostenlose Bücher