Der Geheimtip
zuckte es heiß durch Rinos Rückenmark.
Ein Mann aus Deutschland, der mit Pallando ein großes Geschäft abschließen wollte … das mußte er sein! Der Geheimtip!! Der mit den Alarmanlagen, über dessen Ankunft Rino in seiner Eigenschaft als Sachbearbeiter beim Regionalsekretär für Handel und Finanzen dem Pallando hatte Bericht erstatten müssen. Er schnüffelte des öfteren etwas für ihn aus, hielt ihn auf dem laufenden. Doch diesmal schien es um Großes zu gehen. Ein dicker Fisch mußte an der Angel zappeln. Ohne seine Mitarbeit könnten sie gar nichts machen. Und was gaben sie ihm dafür? Ein Taschengeld!
Diese Schweine wirtschafteten doch bloß in die eigene Tasche und hielten ihre Tipgeber knapp. Die reinsten Kapitalisten. Ausbeuter!
Was wäre der größte Gangster wohl ohne seinen Tipgeber! Trotzdem konnte der noch froh sein, wenn man ihn nach getaner Arbeit ordnungsgemäß bezahlte. Wenn der Tip zu heiß gewesen war, kam es auch durchaus vor, daß der Ärmste nie wieder einen Ton singen konnte. Man war machtlos!
Jetzt aber sah Rino Peinto eine Möglichkeit, sich in dieses Alarmgeschäft hineinzuhängen. Eine wunderbare Möglichkeit. Pallando würde sich hüten, ihm dafür etwas am Zeug zu flicken. Eine blendende Zukunft mit Rolex-Uhr, Cadillac, Villa am Meer und einer blutjungen Unschuld mit den Reizen eines Filmstars zog vor Rinos geistigem Auge vorbei.
So bewährte sich seine Beziehung zu Silva Perreiro dos Passos also doch noch! Er hatte sich von ihr getrennt, als sie seinetwegen mit ihrem Vater Krach bekam und in der Folge die Brücken zum Elternhaus abbrach, jedenfalls offiziell, denn mit ihrer unglücklichen Mutter unterhielt sie trotzdem einen losen Kontakt.
Rino Peinto hatte die Konsequenzen gezogen. Silva war süß, aber süße Mädchen gab es eine Menge für einen Mann mit dunkel lodernden Blicken und einer Stimme wie Sandpapier. Und was nutzte einem Mann wie ihm ein zugegeben entzückendes Mädchen als Freundin, wenn es anspruchsvoll und nicht einmal nützlich war.
Nutzen hatte Silva ihm gebracht, als sie noch interne Fakten aus dem Nähkästchen ihrer Familie ausplaudern konnte. Natürlich ohne es zu bemerken. Arglos, wie diese Mädchen aus den besten Familien nun einmal waren. Sie hatten nie gelernt, sich listig durchs Leben zu schummeln und notfalls auch zu boxen. Denn Silva war das einzige Kind des Regionalsekretärs Juan Perreiro dos Passos.
Wie kam ein so knotiger Mensch nur zu einer so niedlichen Tochter? Denn der alte Knacker war ein autoritäres Ekel. Frau und Tochter hatten bei ihm nur etwas zu lachen, wenn sie nach seiner Pfeife tanzten.
Rino wußte außerdem, daß der Alte ihn argwöhnisch beobachtete und im Grunde nicht leiden konnte. Besonders seit der nie wirklich eingestandenen Affaire mit Silva. Er ließ Rino Peinto nur auf seinem Posten, weil er als Sachbearbeiter außerordentlich tüchtig war und seinem Chef trotzdem stets das Gefühl vermittelte, er selbst habe die Ideen gehabt und die entsprechenden Anordnungen getroffen. Ja, Rino Peinto war tüchtig, umsichtig und geschickt, um nicht zu sagen: gerissen. Es gab nie Beweise dafür, daß er bestimmte Bauaufträge, Geschäfte oder Lizenzen in die ›richtigen‹ Bahnen lenkte. Aber einer mußte es ja tun. Und Leute wie sein Chef, das wußte Rino, hatten einen so strengen Ehrenkodex, daß sie illegale Transaktionen und kleine, harmlose, freundschaftliche Kunkeleien aus Prinzip ablehnten.
Jedenfalls fiel der Alte immer wieder auf Rinos Schauspielertalent herein, wenn der ihm aufrichtig in die Augen blickte und seine Züge nichts als Ehrbarkeit, Treue und Diensteifer ausdrückten.
Gegen Rino Peinto als Schwiegersohn allerdings hatte der Alte sich gestemmt. Damit war es Essig. Auch gut. Das Leben war viel zu kurz für feste Verbindungen.
Rinos Gehirn arbeitete jetzt auf Hochtouren. Er schluckte und schmeichelte:
»Weißt du was, Liebes? Wir haben uns doch eine Ewigkeit nicht gesehen. Wollen wir uns nicht nachher im ›Caravela‹ treffen? Ich erzähle dir, was ich über Pallando weiß, und du berichtest mir ebenfalls ein bißchen.«
»Ich bin zu kaputt, Rino. Ein andermal gern. Es gibt auch nichts Besonderes. Nur dies …«
»Hör zu, Mäuschen«, riet Rino und legte mindestens soviel Rauhreif in seine Stimme wie Adriano Celentano, »dieses Geschäft, von dem du vorhin sprachst … zufällig bin ich ein wenig daran beteiligt. Es ist natürlich ganz seriös. Dein Vater ist allerdings entschieden dagegen. Aber aus
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