Der Geist des Nasredin Effendi
herausstellt, hat man versäumt, alle blauen Elefanten rechtzeitig vorzubereiten. Jüngst wurden zwei von ihnen entdeckt, die mit nur kleinen Schäden schon seit Wochen herumstehen. Als Nasreddin davon hörte…«
»Ich habe davon nichts gehört, und ich glaube dir auch nicht, daß es blaue Elefanten gibt«, unterbrach ihn Nasreddin verwundert und fuchtelte dabei mit den Armen.
»Nun ja, ich habe dir doch gesagt, der das schreibt…«
»Oder die!«
»Ja, ja – also: Der das geschrieben hat, der hat sich das so ausgedacht, verstehst du, hat ein wenig gedacht, er wäre du, hat das mit deinen Augen gesehen und gebraucht nun deine Worte.« Der Lenker des Karrens wischte sich über die Stirn, warf einen sehnsuchtsvollen Blick auf sein Fahrerhaus und fügte hinzu: »Auf der Baustelle warten sie auf den Kies, ich muß weiter.«
»Also, was glaubt er, habe ich gesagt?«
»Na schön, aber schnell: Als Nasreddin davon hörte, berief er eine Vollversammlung – eine Zusammenkunft aller – ein und schlug vor, daß der, der die Schluderei verschuldet hat – es war der Abteilungsleiter Technik…«
»Technik, was ist das?«
»Nun jener, der, na, die Geräte und Karren und all diese Dinger in Ordnung hält.« Der Mann bemühte sich, Geduld zu bewahren.
»So wie der Waffenmeister des Gebieters die Waffen.«
»Ja, ja, richtig, wie die Waffen. Hier sind es solche für friedliche Zwecke… Der Abteilungsleiter Technik…«
»Halt, Brüderchen. Ich denke, Elefanten?«
»Nein!« Nun wurde er doch ungeduldig, schielte erneut zu seinem Fahrerhaus. »So nennt man die Geräte oder Wagen, die uns helfen, die Baumwolle zu pflücken. Die mußt du doch kennen!« Er stellte sich auf die Zehenspitzen, überschattete die Augen und blickte zum Horizont. »Dahinten, glaube ich, arbeiten einige. Aber sag, bist du bislang mit geschlossenen Augen durch die Lande gereist? Und hast dir dabei auch die Ohren zugehalten, du Chodscha? In deiner Heimat gibt es solche Maschinen auch.«
Nasreddin verstand das Wort »Maschine« nicht. Aber er verspürte bereits wieder jenes Flimmern, das ihm in den letzten Stunden stets angezeigt hatte, daß die Grenze seines Verstehens überschritten, er bereits wieder ein Opfer des Unbegreiflichen geworden war, und deshalb fragte er nicht.
»Also, Nasreddin schlug vor, daß dieser Abteilungsleiter in seiner Freizeit das in Ordnung bringen und ihm die Prämie gekürzt werden solle. Und so geschah es dann auch. So nun wurde nach dem Rat des Effendis der Abteilungsleiter Lubkin im Kolchos ›Weißes Gold‹ erzogen, denn nie mehr vergißt er die Termine der Erntebereitschaft.«
Der Mann, der den Text sehr frei nacherzählt hatte, ließ die Zeitung sinken, wiegte langsam den Kopf hin und her, als wollte er damit seine Zweifel zum Ausdruck bringen, ob sein Gegenüber etwas von dem Artikel verstanden habe.
»Ha!« Nasreddin sah einen Ausweg aus seiner Bedrängnis. Zeigen muß man, daß die anderen die Dummköpfe sind! »Nie und nimmer wird durch Erziehung aus einer Krähe eine Nachtigall! Deshalb kann ich einen solchen Unsinn nicht gesagt haben, siehst du. Das hast du nun von deinen Männern und Frauen, die so etwas schreiben, ohne mich auch nur einmal gesehen zu haben. Meine Zunge, daß ich nicht lache! O Allah, was ist das für eine Welt, in der einem das Wort im Mund verdreht wird wie die Wolle beim Spinnen! Man muß ihm den Khadi ins Haus schicken, diesem Sohn eines Chamäleons und einer Gottesanbeterin. Weißt du, was man mit deinen blauen Elefantentreibern machen muß? Fünfundzwanzig Hiebe mit der neunschwänzigen Katze. Und dann sollte er die Baumwolle rupfen, die für die verletzten Elefanten bestimmt war. Und wehe dem Elenden, bliebe ein Tupfer auf dem Feld zurück!«
Der Mann lachte. »Du bist ja ein ganz Scharfer«, sagte er. »Ich wünsche dir und deinem Esel alles Gute.«
»He, such dir ein Scheinchen aus als Finderlohn!«
»Laß gut sein, Onkelchen. Wie ich das so sehe, wirst du sie noch brauchen können, deine Scheinchen…«
»Ein Äpfelchen wenigstens…«
»Gut, ein Äpfelchen.« Der Mann nahm die Frucht, klopfte dem Esel aufs Hinterteil. »Behüte deinen Herrn gut – auch das wird er brauchen können!«
»Allah sei mit dir! Mögen deine Scheinchen nie zu Ende gehen, Brüderchen«, rief Nasreddin dem Davongehenden hinterher.
»Schon gut!« Der Mann lachte, biß kräftig in den Apfel und verschwand in seinem Häuschen. Gleich darauf begann das Gefährt zu heulen,
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