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Der Gejagte

Der Gejagte

Titel: Der Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Euch mit dem Teufel eingelassen?«
Andrej stockte schier der Atem. Er erstarrte mitten in der Bewegung, und auch Starkey riss ungläubig die Augen auf und starrte den
französischen Edelmann an.
La Valette jedoch lächelte nur milde und machte eine kleine, besänftigende Geste. »In der Tat würde ich es tun, wenn ich dadurch
das Leben so vieler aufrechter Christenmenschen retten könnte«,
antwortete er. »Doch glaubt mir, Andrej Delãny und sein Gefährte
Abu Dun sind weder mit dem Teufel noch anderen finsteren Mächten
im Bunde. Ganz im Gegenteil.«
Flüchtig streifte sein Blick Andrejs Gesicht. Für einen winzigen
Moment, kaum die Dauer eines Gedankens, las Andrej etwas darin,
das ihn vollends überraschte. Er musste es nicht aussprechen, er
brauchte keine entsprechende Frage zu stellen, und schon gar nicht
auf eine Antwort, die er sowieso nicht bekommen hätte, zu warten,
doch plötzlich war ihm jenseits allen Zweifels klar, dass der Großmeister des Johanniterordens vom ersten Moment an gewusst hatte,
wer er war. Was er war.
»Ihr stellt mein Vertrauen in Euch auf eine harte Probe«, sagte Romegas. Er wirkte unsicher, zugleich aber auch eher trotzig als wütend.
»Ich weiß«, antwortete La Valette. »Und ich weiß das Vertrauen,
das Ihr mir entgegenbringt, zu schätzen. Ich an Eurer Stelle wäre
vielleicht nicht dazu in der Lage. Dafür danke ich Euch.«
Das war nicht die Antwort, die Romegas hatte hören wollen, das
konnte Andrej deutlich auf seinem Gesicht ablesen. Zu seiner Überraschung sagte der Edelmann jedoch nichts mehr, sondern starrte den
Großmeister an, trat dann steifbeinig zwei Schritte zurück, richtete
sich auf und nickte abgehackt. »Ganz wie Ihr befehlt.«
»Nein«, verbesserte ihn La Valette. »Das hier…« Er deutete auf
Andrej. »… hat nichts mit der Hierarchie des Ordens zu tun. Ich
kann und will Euch nicht befehlen, so zu tun, als hättet Ihr all dies
nicht gesehen und gehört. Ich kann Euch nur bitten, uns zu vertrauen.
Vielleicht nicht mehr lange.«
Diesmal antwortete Romegas gar nicht. Seine Reaktion bestand abermals aus diesem sonderbar abgehackten, zornig wirkenden Nicken; seine Lippen wurden zu einem dünnen, blutleeren Strich.
»Jetzt geht und sorgt dafür, dass in der Stadt nicht allzu viel Unsinn
herumerzählt wird«, fuhr Starkey nach einer Weile fort. Andrej hatte
das sichere Gefühl, dass er das nur sagte, um das immer unbehaglicher werdende Schweigen zu unterbrechen. »Mit einem derart übermächtigen Feind vor den Toren und einer Bevölkerung, die ohnehin
am Rande einer Panik steht, können wir uns dumme Gerüchte ganz
gewiss nicht leisten.«
Romegas nickte steif. »Wie Ihr befehlt, Sir Oliver.« Damit ging er.
Andrej blickte ihm nach, bis er den Vorraum durchquert und auch
dessen Tür hinter sich geschlossen hatte, dann wandte er sich mit
fragendem Gesichtsausdruck an La Valette.
»Ihr habt es die ganze Zeit über gewusst?«
La Valette hielt zwar seinem Blick gelassen stand, antwortete aber
nicht. Dafür ließ Starkey ein halblautes, trockenes Lachen hören.
»Ihr und Euer riesenhafter Freund, Andrej, seid nicht gerade das, was
man als unauffällig bezeichnen würde«, sagte er. »Nein, wir haben es
nicht gewusst. Aber die Kunde von dem Vampyr, der seit einem halben Jahrhundert Jagd auf andere seiner Art macht, ist selbst an unser
Ohr gedrungen, stellt Euch nur vor.«
»Und dennoch habt Ihr mich aufgenommen?«, murmelte Andrej
verwirrt. Nach allem, was in den letzten Tagen geschehen war, war
er der Meinung gewesen, es gebe nichts mehr, was ihn noch überraschen oder erschüttern könnte, aber das stimmte nicht. La Valette
und Starkey waren Vertreter genau jener Menschen, die ihn und seinesgleichen auf der ganzen
Welt am meisten hassen sollten - und dies auch taten, wie er mehr
als einmal schmerzhaft hatte in Erfahrung bringen müssen.
»Unser Herr lehrt uns, unseren Feinden zu vergeben«, sagte Starkey
ernst. »Und er lehrt uns, nicht vorschnell über andere zu urteilen.
Seid versichert, dass wir Euch und Euren Freund sehr genau im Auge
behalten haben. Hättet Ihr auch nur einen einzigen Fehler gemacht…« Er ließ den Satz unvollendet in der Luft hängen, was ihn
zu einer schlimmeren Drohung machte als alles, was er hätte sagen
können.
Andrej nickte. Es war seltsam - aber er glaubte Starkey. Auch wenn
er zugleich spürte, dass das, was der Engländer ihm soeben gestanden hatte, höchstens ein kleiner Teil der Wahrheit gewesen

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