Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gejagte

Der Gejagte

Titel: Der Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
einen beschwörenden
Blick zu, von dem er nur hoffen konnte, dass ihn keiner der anderen
bemerkte. Zumindest Starkey schien zu begreifen, was er damit wirklich sagen wollte. Für einen kurzen Moment breitete sich Fassungslosigkeit auf seinem Gesicht aus, dann nickte er nervös.
»Vielleicht hat er Recht, Exzellenz«, sagte er. »Die Männer können
draußen vor der Tür warten, bis wir Romegas verhört haben.« Er
wandte sich wieder an Andrej und Abu Dun. »Ich nehme an, wir haben Euer Ehrenwort, dass das kein Trick ist, damit wir Euch den
Chevalier ausliefern?«
Abu Dun dachte nicht daran, ihm sein Ehren- oder sonst irgendein
Wort zu geben, doch Andrej nickte. Da La Valette überhaupt nicht
reagierte, machte Starkey schließlich eine entsprechende Bewegung.
»Ihr habt es gehört. Lasst ihn los. Wartet draußen, bis man euch
ruft.«
Die Männer reagierten nicht sofort. Keinem von ihnen war wohl bei
dem Gedanken, ihren Großmeister zusammen mit diesen beiden
Fremden und Romegas zurückzulassen, doch schließlich hatten sie
einen direkten Befehl erhalten, dem sie sich nicht ohne weiteres widersetzen konnten.
Widerwillig verließen sie den Raum, wobei sie auf einen entsprechenden Wink Starkeys hin die verwundeten und bewusstlosen Männer mitnahmen, die Abu Duns Fäuste niedergestreckt hatten. Romegas sank mit einem kraftlosen Wimmern auf die Knie, als die Männer ihn losließen.
Andrej trat mit einem raschen Schritt zwischen ihn und Abu Dun
und zog erneut seine Waffe - wenn nicht, um Romegas in Schach zu
halten, so vielleicht, um ihn zu beschützen.
»Also, Andrej, jetzt hoffe ich, du hast eine gute Erklärung«, sagte
Starkey. Er klang verärgert. »Was soll das?«
Statt sofort zu antworten, bedeutete Andrej Abu Dun mit einem
Blick, seine Waffe einzustecken. Der Nubier gehorchte, was aber
nicht viel zu bedeuten hatte - er brauchte keine Waffe, um den Spanier im Bruchteil einer Sekunde zu töten, wenn er es wirklich wollte.
Auch Andrej steckte sein Schwert ein, zerrte Romegas grob auf die
Füße und stieß ihn gegen die Wand, wo er ihn mit einer Hand in einer halbwegs aufrechten Position hielt. Abu Dun trat mit langsamen
Schritten neben ihn. Seine riesigen Hände öffneten und schlossen
sich unentwegt und Andrej konnte die brodelnde Wut in seinem Inneren spüren. Aber er spürte noch mehr.
»Das… das ist nicht möglich«, murmelte Abu Dun verwirrt. An die
Stelle der Mordlust in seinem Blick trat maßlose Verblüffung.
»Wie… wie kann das sein?«
»Wie kann was sein?«, fragte Starkey hinter ihnen. »Verdammt, redet endlich! Was geht hier vor?«
Andrej ignorierte ihn. Behutsam tastete er mit seinen übermenschlichen Sinnen nach der Seele des Chevaliers, aber da, wo die reine
Flamme menschlichen Lebens sein sollte, war… etwas anderes. Romegas war kein Mensch mehr. Und er lebte auch nicht mehr.
»Er ist einer von uns«, bemerkte er leise.
»Was sagt Ihr da?«, entfuhr es La Valette.
Andrej nickte, um seine Worte zu bekräftigen. »Ich weiß nicht, wie
das möglich ist. Vielleicht ist der Dämon dafür verantwortlich. Aber
er ist ein…« Er sprach nicht weiter. Er hatte sagen wollen, ein Vampyr, aber das wäre nicht die ganze Wahrheit gewesen. Was er gespürt
hatte, schon vorhin, als Romegas hereinkam - wenn auch nur so
schwach, dass schon Abu Duns Gegenwart ausgereicht hatte, das
Gefühl nahezu vollkommen zu überdecken -, das war beinahe die
Präsenz eines anderen Vampyrs. Aber etwas fehlte, das hätte da sein
müssen, und etwas anderes, was es nicht hätte geben dürfen, war in
ihm. Ein übler Geruch, schwach genug, um ihn nicht sofort wahrzunehmen, doch nicht schwach genug, um ihn gänzlich zu ignorieren.
Es war, als hätte ihn etwas durch und durch Verdorbenes berührt, das
ihm nun anhaftete.
Der Angriff kam so überraschend, dass Andrej sofort in die Defensive gedrängt wurde. Romegas hatte noch immer nicht die Kraft,
auch nur zu stehen, doch das Ding in ihm, das die Stelle seiner Seele
eingenommen hatte, stürzte sich mit nadelspitzen Zähnen und rasiermesserscharfen Klauen auf Andrejs Geist und versuchte, das Leben aus ihm herauszusaugen. Der Angriff war von vornherein zum
Scheitern verurteilt. Es war, als hätte ein Dreijähriger ein Schwert
aus Holz genommen und versucht, damit einen gepanzerten Ritter
niederzuschlagen, aber Andrej war zunächst einmal einfach zu verblüfft, um sich auch nur zu verteidigen. Als er sich wieder gefangen
hatte, schlug er Romegas mit der

Weitere Kostenlose Bücher