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Der Gejagte

Der Gejagte

Titel: Der Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war er im ersten
Moment fast blind, aber das machte nichts, denn viel zu sehen gab es
in dem kleinen Zimmer ohnehin nicht.
Pedro und die beiden Männer, die La Valette zu seinem und vor allem dem Schutz seiner Mutter abkommandiert hatte, hatten das wenige der Einrichtung, das noch zu reparieren war, notdürftig in Stand
gesetzt und den Rest hinausgeschafft, sodass das Zimmer beinahe
leer war. Der Geruch von frischer Farbe lag in der Luft. Dort, wo
noch vor zwei Tagen die Muskete von Pedros ertrunkenem Vater an
der Wand gehangen hatte, prangte nun eine neue und weitaus wertvollere Büchse, die der Großmeister dem Jungen zum Geschenk gemacht hatte. Andrej war nicht dabei gewesen, doch Starkey hatte ihm
erzählt, dass Pedro die Waffe nicht einmal eines Blickes gewürdigt
hatte. La Valette hatte auch angeboten, die zerstörte Einrichtung
durch neues, kostbareres Mobiliar aus dem Ordenshaus zu ersetzen
und Julia eine ansehnliche Summe Geldes zukommen zu lassen, um
ihr über den erlittenen Schaden hinwegzuhelfen. Julia hatte beides
empört abgelehnt. Die einzige Hilfe, die sie angenommen hatte, war
die des Arztes, den Starkey ihr geschickt hatte, und selbst das nur,
vermutete Andrej, weil sie gar nicht die Kraft gehabt hatte, sich zu
wehren.
Durch die Tür zum Schlafzimmer drangen gedämpfte Stimmen: die
La Valettes, Sir Olivers und manchmal, leiser, auch die Julias und
ihres Sohnes. Andrej machte sich nicht die Mühe hinzuhören. Es war
das dritte Mal, dass der Großmeister Julia besuchte, und ihre Gespräche drehten sich nicht nur immer wieder im Kreis, sondern endeten
auch stets gleich.
Selbst wenn La Valettes Stolz es nicht zuließ, es offen auszusprechen, so war doch jedermann klar - Julia eingeschlossen -, wie sehr
dem Großmeister Romegas’ Gräueltat zu schaffen machte. Andrej
hatte diese Reaktion zu Anfang überrascht. La Valette war ein Mann,
der es gewohnt war, ganze Armeen in den sicheren Tod zu schicken,
wenn es sein musste, so berechnend und mitleidlos wie ein Schachspieler die Figuren auf seinem Brett bewegt. Und dennoch hatte ihn
Romegas’ Frevel zutiefst verletzt. Sein Ordensbruder hatte mit dem,
was er Julia angetan hatten alles besudelt und verraten, woran La
Valette jemals geglaubt hatte und wofür er lebte. Sein Bemühen,
Wiedergutmachung zu leisten, war nichts anderes als der Ausdruck
seines schlechten Gewissens.
Die Tür ging auf und Pedro kam heraus. Der Junge wirkte völlig
verstört, doch in seinen Augen glomm trotzdem ein Ausdruck
schwacher Freude auf, als er Andrej erkannte. Die beiden letzten
Male, als Andrej in Begleitung der zwei Johanniter dorthin gekommen war, war Pedro nicht anwesend gewesen. Andrej vermutete,
dass Julia den Jungen weggeschickt hatte.
»Wo ist Abu Dun?«, begann Pedro übergangslos.
Nach dem, was Romegas zugestoßen war, hatte Starkey seine Pläne
geändert und Abu Dun und Andrej kurzerhand zu La Valettes persönlichen Leibwächtern erklärt, ohne Rücksicht darauf, was andere
davon halten mochten, dass der Großmeister des Johanniterordens
von einem riesigen, grimmigen Heiden beschützt wurde. Abu Dun
war also ganz in der Nähe. Er wartete draußen und hielt nach dem
Dämon oder irgendeinem anderen unglückseligen Opfer Ausschau,
das der Vampyr zu seinem willenlosen Werkzeug gemacht haben
mochte. Starkey war nicht glücklich darüber gewesen, dass sich Abu
Dun so weit von ihnen entfernte, aber er hatte letzten Endes eingesehen, wie unklug es wäre, den Nubier mit ins Haus zu bringen. Schon
Andrejs Anwesenheit war fast mehr, als Julia ertrug.
»Er ist draußen«, antwortete er nach kurzem Zögern.
»Er will nicht hereinkommen, oder?«, fragte Pedro traurig.
Andrej schüttelte den Kopf und versuchte, so etwas wie ein Lächeln
auf seine Lippen zu zwingen, spürte aber selbst, wie kläglich es misslang.
»Mutter will ihn nicht sehen«, fuhr Pedro fort. »Weißt du, warum?«
»Nein«, log Andrej. »Ich würde es dir sagen, wenn ich es wüsste.
Aber ich fürchte, das geht nur die beiden etwas an.«
Er konnte Pedro ansehen, dass der Junge die Lüge durchschaute,
aber er stellte zu Andrejs Erleichterung keine weitere Frage mehr zu
diesem Thema. »Glaubst du, dass ich mit ihm reden kann?«, erkundigte er sich stattdessen.
»Deine Mutter wird nicht sehr glücklich darüber sein«, antwortete
Andrej ausweichend.
»Ich werde es ihr nicht sagen«, versprach Pedro.
Andrej lächelte, zögerte aber zu antworten. Nichts würde Abu Dun
mehr Freude

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