Der Gejagte
vor allzu neugierigen Blicken ab. La Valette stand in einiger Entfernung da und blickte
mit seinem üblichen, kaum zu deutenden Gesichtsausdruck auf ihn
herab.
»Ist alles in Ordnung?«, erkundigte sich Starkey.
Die Frage kam Andrej so grotesk vor, dass er laut gelacht hätte, hätte er nur die Kraft dazu gehabt. Dennoch nickte er. »Abu Dun?«,
murmelte er.
»Deinem Freund geht es gut«, sagte Starkey hastig. Sein Gesichtsausdruck schien das Gegenteil zu behaupten und Andrej drehte
mühsam den Kopf, doch wie es aussah, hatte Starkey die Wahrheit
gesagt. Abu Dun kniete ganz in der Nähe neben etwas, das er nicht
genau erkennen konnte, aber er war offensichtlich am Leben.
»Das hätte nicht passieren dürfen«, grollte Starkey. »Verdammt,
Andrej, wie konnte er so nahe kommen, ohne dass ihr es bemerkt
habt?«
Andrej hätte seine rechte Hand für eine Antwort auf diese Frage
gegeben, doch die einzige Antwort, zu der er fähig war, war ein hilfloses Schulterzucken. Der Dämon war in der Lage, seine Gegenwart
zu tarnen, aber was hätte es ihm genutzt, Starkey das zu erklären?
»Immerhin haben wir ihn vertrieben«, murmelte er schwach. Er hörte
selbst, wie lächerlich diese Worte klangen.
»Das hätte einfach nicht passieren dürfen«, beharrte Starkey.
»Nicht hier. Zu viele Menschen haben es gesehen.«
»Was?«, murrte Andrej. Allmählich kehrte seine Kraft zurück und
er begann sich über die Worte des Engländers zu ärgern. »Wir sind
Eure Leibwächter, oder etwa nicht? Und wir haben soeben einen
Anschlag auf Euer Leben verhindert. Hätte das niemand sehen dürfen?«
»Niemand«, antwortete Starkey ungerührt, »hätte sehen dürfen, wie
zwei Männer, die der Mythos der Unbesiegbarkeit umgibt, von einer
Gestalt geschlagen werden, die kaum größer ist als ein Kind! Was
glaubst du, was in spätestens einer Stunde in der ganzen Stadt erzählt
wird?«
Andrej musste an sich halten, um den Engländer nicht anzuschreien. Was erwartete Starkey? Er war doch dabei gewesen, als sie das
erste Mal mit dem Dämon gekämpft hatten, und nach allem, was
Andrej in der geheimen Bibliothek erfahren hatte, wusste Starkey
vermutlich mehr über den Dämon und seine unheimlichen Fähigkeiten als Abu Dun und er zusammengenommen. Aber er schluckte alles herunter, was ihm auf der Zunge lag. In einem Punkt hatte Sir
Oliver Recht: Nach dem, was die Menschen dort gerade gesehen
hatten, würde es nicht einmal mehr eine Stunde dauern, bis die aberwitzigsten Gerüchte in der Stadt die Runde machten.
Statt etwas zu sagen, stemmte er sich mühsam in die Höhe, ging
hinüber zu dem Haus, vor dem seine Waffe lag, und bückte sich nach
dem Schwert. Ein wenig Blut klebte am Knauf der Waffe. Andrej
wischte es ebenso angewidert wie vorsichtig an seinem Mantel ab,
schob die Waffe in seinen Gürtel zurück und ging zu Abu Dun hinüber.
»Was hast du entdeckt?«, fragte er, als er sich dem immer noch am
Boden knienden Nubier näherte. »Kannst du…«
Seine Stimme versagte. Eine eiskalte Hand griff nach seinem Herzen und drückte es langsam, aber unbarmherzig zusammen.
Abu Dun hatte nichts gefunden. Er kniete neben Pedro, der reglos
ausgestreckt mit weit offen stehenden Augen auf dem Straßenpflaster
lag. Unter seinem Kopf und seinen Schultern hatte sich eine glitzernde, dunkelrote Blutlache gebildet, die immer noch größer wurde.
Seine Kehle war zerfetzt, als hätte ihn der Prankenhieb eines Raubtieres getroffen.
»Nein«, flüsterte Andrej. »Das… nicht das…« Seine Stimme versagte ebenso wie seine Kraft. Haltlos sank er neben Abu Dun auf die
Knie herab und streckte die Hand nach Pedros Gesicht aus, ohne dass
er es letztendlich wagte, den Jungen zu berühren. Ein Gefühl nie gekannter Verzweiflung und Hilflosigkeit begann sich in ihm auszubreiten. Nicht Pedro! Nicht auch noch der Junge!
»Dafür werde ich ihn töten, Hexenmeister«, sagte Abu Dun. Seine
Stimme war nur ein Flüstern und ebenso leer und ausdruckslos wie
sein Gesicht und seine Augen. Trotzdem ließ ihr Klang Andrej einen
eisigen Schauer über den Rücken laufen. »Bisher war er vielleicht unser Feind. Jetzt gehört er mir allein, hörst du? Du wirst ihn mir
überlassen!«
Andrej war nicht in der Lage zu antworten. Hilflos hob er den Arm
und legte Abu Dun die rechte Hand auf die Schulter, aber der Nubier
schüttelte seine Bewegung wütend ab und fuhr ihn an: »Er gehört
mir, hast du das verstanden? Ich will dein Wort darauf!«
Andrej nickte. Es war
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