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Der Gejagte

Der Gejagte

Titel: Der Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ist da
drin?«
»Bester maltesischer Wein.« Abu Dun grinste breit.
»Wein?«, vergewisserte sich Andrej. »Wo soll denn auf diesem
trostlosen Steinhaufen von einer Insel Wein wachsen?«
»Nicht auf der Insel«, antwortete Abu Dun und sein Grinsen wurde
noch breiter. »Auf unseren Fischerbooten. Das ist Schmuggelware
aus Sizilien. Solcher Wein steht sonst allenfalls auf den Tischen spanischer Offiziere. Etwas Besseres wirst du auch in den Weinkellern
deines Ritterordens nicht finden.« Um seine Worte zu unterstreichen,
nahm Abu Dun einen so tiefen Schluck, dass ihm der Wein am Kinn
herablief und auf seine Brust tropfte. Abermals hielt er Andrej die
Flasche hin.
Diesmal tat ihm Andrej den Gefallen und nippte kurz daran. Er
machte sich nicht sonderlich viel aus Wein und aus Alkohol überhaupt, was zum Großteil daran lag, dass er nahezu unempfindlich
dagegen war. Ein kluger Mann, der nicht wusste, mit wem er sprach,
dem es aber Spaß machte, mit seinem Wissen zu prahlen, hatte ihm
einmal erklärt, dass Alkohol nichts anderes als Gift und der Zustand
des Betrunkenseins nichts anderes als eine - wenn auch höchst angenehme - Art der Vergiftung war.
Und das schien zu stimmen, denn Andrejs Körper tat sein Möglichstes, dem Alkohol seine Wirkung zu nehmen, sodass er schon
wahre Unmengen in sich hineinschütten musste, um etwas zu spüren.
Unglückseligerweise war er vor den unangenehmeren Folgen des
Alkohols nicht gefeit, und so kam es, dass Abu Dun und er zwar
mehr Alkohol vertrugen als normale Sterbliche, dafür aber mit dem
gewaltigsten Kater der Weltgeschichte bestraft wurden.
Dennoch nahm er einen weiteren Schluck, bevor er mit der Hand
über den Verschluss der Flasche fuhr und sie Abu Dun zurückgab.
Nachdenklich sah er ihn an. »Was ist los mit dir?«, fragte er.
Abu Dun zog die Augenbrauen zusammen. »Was soll los sein?«
»Du fällst sonst nie vom Pferd«, antwortete Andrej.
»Unsinn«, erwiderte Abu Dun und trank einen gewaltigen Schluck.
Anscheinend war er auf einen Kater geradezu versessen. »Ich bin
schon öfter vom Pferd gefallen, als du aufgestiegen bist, Hexenmeister. Der blöde Gaul ist ausgerutscht. Was auf diesem Felsen ja auch
nicht weiter erstaunlich ist.«
»Irgendetwas stimmt nicht mit dir«, behauptete Andrej. Abu Dun
wollte abermals widersprechen, doch diesmal brachte ihn Andrej mit
einer raschen Geste zum Schweigen. »In Konstantinopel hätte ich
dich fast verloren«, fuhr er fort. »Als uns dann der Dämon angegriffen hat, hätte er dich sicher besiegt, wenn ich nicht eingegriffen hätte. Und jetzt das.« Er schüttelte noch einmal den Kopf, um seinen
Worten den gehörigen Nachdruck zu verleihen. »Irgendetwas geschieht mit dir. Ich weiß nicht, was es ist, aber es macht mir Angst.«
Abu Dun verzog nur verächtlich die Lippen. Doch dann erschien
ein nachdenklicher Ausdruck auf seinem Gesicht. Andrej konnte
sehen, wie es hinter der schwarzen Stirn arbeitete. Er nahm einen
weiteren Schluck, verschloss die Flasche sorgfältig und wollte gerade
etwas sagen. Dann aber legte er mit einem Ruck den Kopf auf die
Seite und schloss die Augen, als lausche er.
»Was?«, fragte Andrej alarmiert.
Im selben Augenblick witterte er es ebenfalls.
Blut. Der Geruch war nur ganz schwach, weniger noch als ein
Hauch. Vermutlich hätten sie es gar nicht bemerkt, hätten Abu Duns
Sturz und Andrejs Schritte nicht den Staub aufgewirbelt und die
Steine durcheinander gebracht. Selbst jetzt dauerte es eine geraume
Weile, bis Andrej erkannte, aus welcher Richtung der süßliche, metallische Geruch kam, und ihm seine Sinne und seine Erfahrung die
dazu passende Geschichte erzählten. Hier war vor nicht allzu langer
Zeit Blut geflossen. Menschenblut.
Geschmeidig stand er auf. Auch Abu Dun erhob sich. Er wirkte
plötzlich äußerst angespannt.
Ohne ein weiteres Wort kletterten die beiden das letzte Stück zum
schmalen Sandstrand hinab. Die Ebbe hatte ihren tiefsten Stand fast
erreicht. Überall zwischen dem schmutzigbraunen Sand, der normalerweise vom Meer überspült wurde, ragten Muschelbänke hervor
und scharfkantige Felsen, zwischen denen sich winzige Seen gebildet
hatten. Der Grund war dunkel gesprenkelt mit Seeigeln und schlaff
daliegenden Algen. Der Geruch nach verrottendem Seetang, Muscheln, Fisch und Salz, das mit weißen Rändern die flachen Pfützen
auf den Felsen einrahmte, überlagerte fast den Blutgeruch.
Andrej sprang von Stein zu Stein und folgte der unsichtbaren Spur,
bis

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