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Der gekreuzigte Teufel

Der gekreuzigte Teufel

Titel: Der gekreuzigte Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong'o
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so zu. Manchmal sorgten die Ausländer dafür, daß mir gewisse Maschinen nicht verkauft wurden, oder sie verkauften mir nur veraltete Maschinen. Und selbst dann dauerte es eine Ewigkeit, bis die Maschinen hier im Lande ankamen. Oft konnte ich keine Ersatzteile bekommen, oder ihre Ankunft verzögerte sich, oder sie verschwanden plötzlich auf dem Transport, und dann lag meine Fabrik still.
    Mir wurde klar, daß die Ausländer keineswegs willens sind, ihre Machtposition in der Industrie aufzugeben, die natürlich vom Schweiß unserer Arbeiter lebt. Denn der Schweiß eines Arbeiters ist die Quelle allen Profits. Ich hatte den Eindruck, ich sollte vorerst meine Versuche wieder aufgeben. Das war jedoch nur ein vorübergehender Rückschlag. Ausgerutscht ist nicht gefallen.
    Ich begab mich wieder in den Dienst der Ausländer. Ich stieg in den Großhandel ein, das heißt, ich verkaufte die von den Ausländern hergestellten Dinge. Das ist gar kein so schlechtes Geschäft. Wenn man nämlich eine Ware von hier nach dort bringt und keinen einzigen Schweißtropfen für das Entstehen dieser Ware vergossen hat, dann kann man dabei ganz schön was einstecken. Heute bin ich Großhandelskaufmann und Importeur für Stoffe, Alkoholika, Schuhe, gebrauchte Kleidungsstücke und Pillen für die Armen, damit diese sich nicht wie die Ratten und Kaninchen vermehren.
    Ich, Sohn des Mukiraai, bin bis zum heutigen Tag im Dienst der Eigentümer ausländischer Industrien geblieben. Die Ausländer besitzen noch immer das Monopol auf dem Gebiet der Ausbeutung und Ausraubung des Schweißes unserer Arbeiter. Aber meinen Ehrgeiz, sie aus der Arena zu jagen, habe ich noch nicht aufgegeben.
    Aus diesem Grunde, Herr Vorsitzender, war ich außer mir vor Freude, als ich eine Einladung zu dieser Versammlung bekam und dazu einen Brief mit der Bitte erhielt, die Nachricht von diesem großartigen Wettbewerb über eine Verstärkung von Raub und Diebstahl in diesem Land zu verbreiten.
    Und nun bitte ich Sie, mir sehr genau zuzuhören, denn ich möchte Ihnen ein oder zwei Geheimnisse verraten. In all diesen vergangenen Jahren habe ich, Mwireri wa Mukiraai, ein sehr wichtiges Geheimnis für mich bewahrt. Mit diesem Geheimnis könnten wir die japanischen, amerikanischen, britischen, französischen, deutschen, italienischen und dänischen Diebe - ja, die gesamte westliche kapitalistische Welt - in der Kunst des Raubens und Stehlens übertrumpfen. Mit dem Mysterium dieses Geheimnisses könnten wir uns auf ewig von den Ketten befreien, die uns an die Ausländer binden. Ich werde Ihnen jetzt das Geheimnis verraten, aber damit es wirksam werden kann, damit wir den wahren einheimischen Kapitalismus , frei von ausländischen Ideologien, schaffen können, ist unter uns völlige Einigkeit unabdingbar.
    Und dies ist das Geheimnis: In unserem Land gibt es Eisenerzvorkommen. In unserem Land gibt es Menschen, die Metall bearbeiten können. Die Kunst, Eisenerz zu Roheisen zu schmelzen, ist uns seit Generationen bekannt. Vor der Zeit des Imperialismus diente genau diese Kunst zur Herstellung von Speeren, Schwertern, Hacken und mancherlei Ringen. Aber aus zwei Gründen wurde dieses Wissen nicht weitergegeben. Die Zunft der Metallarbeiter wollte dieses Wissen für sich behalten, denn in jenen Tagen hatte sich noch nicht die kleine Klasse jener entwickelt, die den köstlichen Geschmack vom Schweiß und Blut der in einer Fabrik versammelten Arbeiter kannten; und als die Ausländer ins Land kamen, unterdrückten diese absichtlich das einheimische Wissen um die Metallverarbeitung, damit wir im Ausland gefertigte Dinge kaufen und dadurch das Wachstum ihrer Industrie fördern.
    Deshalb möchte ich heute hier folgendes erklären: Reichen wir uns die Hand - Groß und Klein - und entwickeln unsere eigenen Werkzeugmaschinen, denn Schweiß und Blut unserer eigenen Leute stehen uns billig und in unerschöpflichem Vorrat zur Verfügung.
    Lassen Sie sich von niemand täuschen, der Ihnen sagen will, es gäbe kein Eisenerz in unserem Land. Es gibt keinen einzigen Rohstoff, der bei uns nicht vorkommt - Öl inbegriffen. Selbst wenn unsere Eisenerzlager begrenzt wären, könnten wir das, was die Engländer maintenance technology nennen, hier bei uns entwickeln, yaani , das Wissen um das Einschmelzen von gebrauchtem Eisen zu verwertbarem Hütteneisen. Warum wohl konnte Japan als Industriemacht überleben?
    Der Schweiß unserer Arbeiter würde uns damit in die Lage versetzen, Werkzeugmaschinen zur

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