Der gekreuzigte Teufel
eine Raum ist Küche, Wohnzimmer und Schlafzimmer zugleich. Trotzdem ist jede Wohnung belegt.
Ein müder Vogel landet auf dem nächstbesten Baum.
Draußen vor dem Gebäude befinden sich eine ganze Reihe Tankstellen ausländischer Ölfirmen: ESSO, SHELL/BP, CALTEX, MOBIL OIL, AGIP, TOTAL. Einige Meter weiter, an der Murang'a Road, gibt es ein paar Kioske, in denen man Obst und Gemüse oder auch Fertig-Essen kaufen kann.
Das Maraaro House liegt an einer vielbefahrenen Straßenkreuzung. Wegen des Autolärms ist es sehr schwierig, ruhig zu schlafen, und das gilt ganz besonders für jemand, der einmal dort zu Besuch sein sollte.
Aber Wariinga stört der Lärm nicht.
Sie hat sich jetzt daran gewöhnt. Denn der Lärm der Autos ist die Quelle, aus der ihr Lebensunterhalt fließt.
Oh, Wariinga, arbeite, strenge dich an, um unser Land zu entwickeln!
Diese Wariinga ist nicht dieselbe, die wir vor zwei Jahren kennengelernt haben. Diese Wariinga ist nicht mehr jene, die dachte, sie könne nichts tun, außer für andere Leute zu tippen; sie ist nicht mehr jene, die ihren Körper mit Ambi und Snowfire verbrannte, in dem Versuch, ihre Hautfarbe zu verändern, nurum anderen zu gefallen und deren Lust auf weiße Haut zu befriedigen; sie ist nicht mehr jene, für die es nur eine Möglichkeit gab, den Steinen, die auf dem Lebensweg lagen, auszuweichen - Selbstmord.
Nein, diese Wariinga hier ist nicht mehr jene andere Wariinga. Die jetzige Wariinga hat beschlossen, daß sie sich nie wieder als Blume benutzen lassen wird, um Türen, Fenster und Tische im Leben anderer zu schmücken, als Blume, die früher oder später, wenn die Schönheit ihres Körpers zu welken beginnt, zum Abfall geworfen wird. Diese neue Wariinga hat beschlossen, sich immer nur auf sich selbst zu verlassen, sich immer mitten in der Arena dem Lebenskampf zu stellen, um ihre eigene Kraft zu erproben und ihr wahres Menschsein zu verwirklichen.
Ohne zu baden wird keiner sauber … Einen Helden erkennt man nur auf dem Schlachtfeld … Einen guten Tänzer erkennt man nur auf dem Tanzplatz!
Wariinga - heldenhaft in ihrer Arbeit … die Helden des Lebens entdeckt man erst in den alltäglichen Kämpfen …
An diesem Samstag nun erwacht Wariinga sehr früh; sie pumpt Druck in den Gaskocher, zündet die Flamme an und setzt einen Topf Wasser auf für den Tee. Und noch ehe das Wasser kocht, hat sich Wariinga bereits gewaschen und vor einem Spiegel ihr Haar gerichtet - vier Zöpfe hat sie geflochten und diese zu kleinen Knoten geschlungen. Ihr Haar ist dicht und schwarz und weich. Habe ich es euch nicht gesagt? Die jetzige Wariinga verbrennt schon lange nicht mehr ihr Haar mit heißen eisernen Kämmen … Fertig - nun bindet sie ein Tuch über ihr Haar. Dann zieht sie ihre blauen verwaschenen Jeans an und ein Khakihemd. Schaut sie doch an! Dieser Anzug steht ihr so ausnehmend gut, als sei sie darin erschaffen worden!
Nun geht sie zu einer Kiste und sucht sich das Kleid heraus, das sie später, nach der Arbeit anziehen wird, und noch ein anderes, das sie morgen, am Sonntag, tragen möchte. Beide packt sie in einen kleinen Reisekoffer. Denn heute nachmittag nach der Arbeit will Wariinga ihre Eltern in Ilmorog besuchen. Und am morgigen Sonntag wird sie noch eine Reise unternehmen, nämlich nach Nakuru, um dort Gatuirias Eltern zu besuchen.
Aber die beiden Reisen halten Wariinga keineswegs davon ab, ihrer Arbeit nachzugehen. Heute muß sie an einem Auto einenMotorenwechsel vornehmen, und die Arbeit muß vor ein Uhr mittags erledigt sein. Wariinga - unsere Spitzenmechanikerin!
Ihren Tee hat sie jetzt getrunken. Als nächstes kramt sie in ihrer Handtasche, um sicherzugehen, daß alles da ist, was sie braucht: ein Kamm, etwas Gesichtscreme, ein Taschenspiegel, ein Taschentuch und ein kleiner Schraubenschlüssel … Wie kam der wohl in die Handtasche? Wahrscheinlich hatte sie ihn aus Versehen hineingetan … Ja, und auch die Pistole ist da, die ihr Muturi zum Aufbewahren gegeben hatte. Wariinga geht nie ohne die Waffe aus. Sie ist so winzig, daß man sie, kennt man sich mit Waffen nicht aus, für ein Kinderspielzeug halten könnte. Nun bricht sie auf. Als sie schon unter der Tür steht, fällt ihr plötzlich ein, daß sie einen Phasenprüfer auf den Fenstersims gelegt hatte … sie geht zurück und holt ihn … normalerweise steckt er an einer ihrer Hemdentaschen, wie ein Schreibstift. Den Phasenprüfer hat sie immer bei sich … sie läßt ihn nicht einmal an ihrem
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