Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der gekreuzigte Teufel

Der gekreuzigte Teufel

Titel: Der gekreuzigte Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong'o
Vom Netzwerk:
Landes. ›Kenia ist ein großartiges Land … Phantastisches Großwild … und hinterher phantastische Frauen, bildschön … Selbst ich alter Mann finde noch ein Täubchen … Ich werde wiederkommen und noch mehr Touristen mitbringen, damit sie mit eigenen Augen Kenias Großwild und seine Frauen sehen können … Wirklich, ein herrliches Land … Echter Fortschritt.‹ Damit ging auch er weg, hinein ins Hotel. Aber er bezahlte mich gut …
    Diese Welt ist voller seltsamer Dinge. Einer, der nicht reist, ist der Meinung, daß keiner so gut kocht wie seine eigene Mutter … Hast du mich gefragt, was ich täte, wenn man mich zu einem Fest des Teufels einladen würde? Ich würde hingehen, denn ich könnte mich nie mit den Berichten anderer zufriedengeben. Glauben heißt für mich sehen und anfassen. Ich bin ein moderner Thomas. Ich, Mwaura, habe vieles gesehen und vieles getan. Deshalb laß mich in Ruhe, Mädchen! Die Sonne geht nie so auf, wie sie unterging; kein Tag gleicht dem anderen …«
    Mwaura schloß in einem Ton, der vieles anzudeuten und auch viel zu verbergen schien.
    »Und was ist mit dir?« wandte sich Wariinga an Muturi. »Was würdest du tun?«
    »Diese Frage, das kann ich dir aber sagen, ist nicht leicht zu beantworten«, erwiderte Muturi. »Gikuyu sagte einmal: Achte einen Regentropfen nicht gering … Es gibt nichts, und sei es noch so schrecklich, dem der Mensch nicht begegnen kann … Wir Arbeiter sind nirgendwo zu Hause, in keinem Dorf … ja selbst in keinem Land … Die ganze Welt ist unser Zuhause. Denn für uns dreht sich alles darum, ob wir einen Käufer für unsere Arbeitskraft finden, damit wir einige wenige Cents verdienen können, um etwas Mehl und billiges Gemüse dafür zu kaufen! Aber trotz alledem haben wir Arbeiter diese Welt aufgebaut — sollten wir sie denn dem Teufel und seinen Bösen Geistern mit ihren Jüngern überlassen, damit sie damit machen, was sie wollen? Ich werde euch ein modernes Rätsel aufgeben …«
    »Glaubst du, ich wüßte zwischen alten und modernen Rätseln zu unterscheiden?« erwiderte Wariinga. »Was ist: ›Ich gehe hierhin und dorthin!‹? fragte Muturi. »Die Pfade der Jäger«, antwortete Wangari für Wariinga. »Nein!«
    »Nimm ein Pfand!«
    »Die Wege derer, die aufbauen und gestalten! Rate nochmal!«
    »Ich rate!«
    »Was ist: ›Ich gehe hierhin und dorthin‹?«
    »Die Wege derer, die aufbauen und gestalten!«
    »Nein. Gib mir ein Pfand.«
    »Es gehört dir!«
    »Die Wege der Arbeiter. Rate nochmal!«
    »Ich rate!«
    »Ich gehe hierhin und dorthin auf dem Wege der Revolution!«
    »Die Wege der Arbeiter.«
    »Ja und nein. Gib mir ein Pfand, aber ich will nicht das Ganze nehmen, denn deine Antwort ist halb richtig.«
    »Es gehört dir!«
    »Die Wege des Widerstands … und das sind die Wege, die von Arbeitern gegangen werden … Warum sage ich das? Weil diese Frau mir eine schwierige Frage gestellt hat. Andererseits ist es auch eine einfache Frage. Weil die schwierigsten Dinge oft die einfachsten sind - und die einfachen Dinge sind die schwierigen … Jetzt will ich euch eines sagen — ich kenne keinen schlimmeren Teufel als den Unternehmer, für den ich bis jetztgearbeitet habe. Ich bin Zimmermann, Maurer, Klempner, Maler — alles. Ich war der Vorarbeiter, der für den ganzen Bau verantwortlich ist. Der Bauunternehmer bekam Aufträge in Höhe von zehn Millionen und mehr. Er hatte einen Berater, der ihn in den Ausschreibungsgremien begünstigte. Aber die Löhne derer, welche die Zehntausende von Shilling möglich machten, waren sehr gering, sie waren nichts … Zweihundert, dreihundert, vielleicht fünfhundert Shilling, mehr nicht … und ihr wißt ja, wie die Preise beständig steigen. Unsere Schwierigkeiten nahmen ihren Anfang, als wir eine Lohnerhöhung von fünfzig Shilling forderten, und danach eine ständige Anpassung der Löhne an die steigenden Lebenshaltungskosten. Wenn die Preise steigen, die Löhne jedoch gleichbleiben, dann kommt dies ja einer Lohnsenkung gleich, und das wissen viele Leute nicht — ist euch das klar? Aber die Gewinne der Unternehmer steigen im gleichen Maße, wie die Preise steigen, manchmal ist die Gewinnrate sogar noch höher als die Preissteigerungsrate. Wenn also die Dinge teurer werden, dann profitieren die Unternehmer davon, aber den Arbeitern geht es schlechter. Als wir beschlossen hatten zu streiken, kam unser Arbeitgeber atemlos angerannt. Er sprach sehr freundlich mit uns und sagte, daß er alle unsere

Weitere Kostenlose Bücher