Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
eine Aufgabe.
Beim gemeinsamen Frühstück erfuhr Wittiges weitere Einzelheiten. Zum Beispiel, dass Aletha mit einem der Knechte in der Kanzlei gewesen war und sich den Weg zum Gut hatte erklären lassen. Und dass Knechte und Pferde ihr für eine Woche unentgeltlich zur Verfügung standen. Nach und nach kam eine Umsicht und Durchsetzungskraft zutage, die er diesem jungen Geschöpf niemals zugetraut hätte. Barchild hatte keine Mühe, sie als neue Herrin anzuerkennen, ernannte die kleine Viola zu Alethas persönlicher Bedienung und schob sie ihr zu.
„Sie wird viel von dir lernen“, sagte die Alte überzeugt.
„Als Erstes, wie man sich wäscht“, entgegnete Aletha trocken und besah sich die schmutzigen Hände der Kleinen.
Nach der Mahlzeit zeigten Wittiges und seine Freunde Aletha gemeinsam die Villa. Viola trottete hinter ihnen her, die Alte war verschwunden. Aletha bemerkte zwar die Schäden und den Zerfall, aber das machte sie nicht gleich mutlos. Auch den Garten wollte sie sehen und erkundete interessiert das Stück der alten Wasserleitung, an dem Pontus herumgewerkelt hatte. Schließlich fanden sich alle in dem vertrauten kleinen Geviert wieder ein, dass ihre derzeitige Unterkunft bildete.
„Nun, was sagst du?“, fragte Alexander gespannt. Er hatte Aletha auf die Mosaiken und die Wandmalereien hingewiesen, die noch aufrecht stehenden Marmorsäulen mit ihren kunstvollen Kapitellen und noch einiges andere, dessen Schönheit Wittiges zwar zu würdigen wusste, das in seiner Gesamtheit und dem allgemein ruinösen Zustand für ihn aber vor allem Ballast bedeutete.
Aletha hatte sich an den Rand des Wasserbeckens gesetzt und blickte wie träumend auf das verkohlte Holz in der Mitte. „Es ist alles so großzügig, so hell und weit und wunderschön“, sagte sie leise.
„Es ist alles wunderschön kaputt“, stellte Wittiges trocken fest.
„Ach was“, widersprach Pontus, „du hast nur Angst, irgendwo anzufangen. Ich gebe zu, es ist ziemlich viel auf einmal. Aber diese Knechte sind kräftige Kerle und stehen uns eine ganze Woche zur Verfügung. Das müssen wir ausnutzen. Einen Tag richtig angepackt, und wir haben einiges aufgeräumt und das Wasser fließt wieder.“
„Ich will euch die Begeisterung ja nicht nehmen, aber bevor wir an die Instandsetzung der Gebäude auch nur denken können, muss die Wirtschaft in Gang kommen“, entgegnete Wittiges grob. „Was uns vor allem fehlt, ist Geld.“
Einen Moment schwiegen die anderen betroffen.
„Der Purpur“, sagte Alexander aufseufzend. „Wenn wir doch endlich diesen Purpur zu Geld machen könnten.“
„Einer der königlichen Weber nähme ihn. Er unterhält fünf Webstühle und arbeitet ständig für den König und seinen Haushalt. Aber er würde uns nur hundertfünfzig zahlen, vorausgesetzt, Menge und Qualität sind so, wie ich sie beschrieben habe“, sagte Aletha.
Ihr Unternehmungsgeist wurde Wittiges geradezu unheimlich, aber auch den beiden anderen verschlug diese letzte Eröffnung die Sprache.
„Du kennst dich ein bisschen mit dem Weben aus, nicht wahr?“, äußerte Alexander schließlich behutsam. „Hätte ich mir denken können.“
„Was hättest du dir denken können?“, fragte Wittiges mit flacher Stimme.
„Aletha ist auf einem Gut groß geworden, da wird alles ...“
„Ich kann für mich selbst sprechen“, unterbrach ihn Aletha. „Wir haben auf dem Gut alle benötigten Stoffe selbst hergestellt, daher kenne ich mich damit aus.“
„Und das reicht, um Purpur zu verkaufen?“, warf Wittiges ein. „Aber das ist nicht der springende Punkt. Hundertfünfzig sind zu wenig. Joseph hat gesagt, sein Purpur ist das Dreifache wert. Nach Abzug seines Anteils und der Reisekosten – einer von uns muss ihm das Geld bringen -, bleiben uns vielleicht fünfundsechzig Solidi übrig. Sehr weit kommen wir damit nicht.“
„Aber immerhin wären wir den verdammten Purpur los und hätten wenigstens ein bisschen Geld“, wandte Alexander ein. „Wann fängst du endlich an, nicht mehr alles negativ zu sehen?“
Damit, das sah Wittiges ein, hatte der Freund nur allzu recht. Er gelobte im Stillen Besserung. Als er Aletha fragte, ob sie die ganze Woche bleiben wolle, wurde sie zornig. Ob er im Ernst glauben könne, dass sie etwas anderes im Sinn hätte? Und damit zog eine kleine Hoffnung in Wittiges’ Geist ein und beflügelte ihn den ganzen Tag über. Sie machten Pläne, was sie in der kurzen Zeit schaffen konnten, und für den Nachmittag teilten
Weitere Kostenlose Bücher