Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
widerstand dem Impuls, ihr wie zufällig eine Hand auf die Brust zu legen. „Und ich danke dir für den wunderbaren Sohn, den du mir geschenkt hast.“
Sofort verfinsterte sich Alethas Miene. „Er ist nicht dein ...“
Blitzschnell legte Wittiges ihr die Hand auf den Mund. „Es gibt nur zwei Möglichkeit. Entweder er ist mein Sohn, oder ich schicke ihn dem Mann, der außer mir Anspruch auf ihn erheben könnte. Hast du verstanden?“ Er rückte von ihr ab.
Alethas Brust hob und senkte sich unter heftigen Atemstößen, während der Blick aus den großen dunklen Augen sich verschleierte. „Bist du denn bereit, ihn als deinen Sohn anzuerkennen?“
„Das habe ich bereits getan. Nur du könntest die Anerkennung rückgängig machen, aber nur jetzt gleich. Also? Wem soll ich das Kind übergeben?“
Tränen sammelten sich in ihren Augen. „Ich kann es nicht lieben“, flüsterte sie gequält. „Ich habe es Alexander gesagt, aber er glaubt mir nicht.“
Wittiges zog sich noch weiter zurück. „Dann willst du Felix nicht behalten oder irre ich mich?“, fragte er hart und schaute an ihr vorbei. Viele Männer hielten Frauen generell für Hexen, und in diesem Augenblick war er geneigt, ihnen recht zu geben.
„Du verstehst mich nicht. Ich will nur ehrlich zu dir sein. Du hast Anspruch darauf. Ich schenke dir meinen Sohn“, sagte Aletha hilflos, „wenn du ihn haben willst.“
„Dann hör mir zu“, sagte Wittiges kühl, „ich liebe Kinder. Und wenn ich mich zu Felix’ Vater erkläre und für ihn sorge wie jeder andere Vater, dann will ich, dass niemand meinen Anspruch auf ihn in Frage stellt, selbst du nicht. Niemals! Versprichst du das?“
Aletha presste eine Faust auf den Mund und unterdrückte das Schluchzen, das unaufhörlich aus ihrer Brust aufstieg. Sie fühlte sich unsagbar krank an Körper und Seele. „Ja, er soll dein Sohn sein, und ... und ich wünsche ihm Glück“, wisperte sie endlich.
„Das genügt nicht“, befand Wittiges. „Wir sind eine Familie. Und ob du ihn liebst oder nicht -, er braucht eine Mutter, die sich nicht abwendet, wenn er weint.“ Auf einmal wurde seine Stimme weich. Er streichelte ihre Wange. „Hör auf, dich mit der Vergangenheit zu quälen. Wir leben jetzt, in der Gegenwart. Alles, was einmal war, sollte uns weniger kümmern als das, was ist. Verstehst du? Du musst über einen großen Schatten ins Licht springen.“
Jetzt stahl sich ein zerbrechliches Lächeln auf ihr Gesicht. „Das sagt Alexander auch.“
Dafür trete ich diesem Schleimer in den Hintern, dachte Wittiges, lächelte aber aufmunternd. „Dann halte dich daran. Wenn wir beide es sagen, muss es doch stimmen.“
Zwei Wochen später begleiteten Aletha und Alexander Wittiges nach Reims. Es wurde Zeit, den Dienst bei Hof wieder anzutreten. Felix blieb in der Obhut der Amme und von Pontus, der sich liebend gern um das Kind kümmerte.
Erst am Abend bekam Wittiges Brunichild zu Gesicht und erschrak bei ihrem Anblick. Alle Anmut war verschwunden, sie war schwerfällig geworden und litt sichtlich. Die Schwangerschaft bekam ihr nicht. Insgeheim zog Wittiges Vergleiche mit Aletha. Brunichild erwartete ein Kind, das alle ersehnten, denn ihre Schwangerschaft war doch das Zeichen, dass sie der wichtigsten Aufgabe einer Königin gerecht wurde. Eigentlich hätte sie stolz und glücklich sein müssen.
Beim abendlichen Gastmahl waren wie üblich alle versammelt, die zum inneren Kreis des Hofes gehörten. Munter plaudernd drängten sich die Gäste um die Tische, bis das Essen aufgetragen wurde. Erst dann kehrte eine gewisse Ruhe ein. An einem erhöhten Tisch vor den Längsseiten thronte das Königspaar. Wittiges saß so nahe, dass er Brunichild beobachten konnte, aber doch weit genug entfernt, um ihr nicht gleich aufzufallen. Sie zeigte alle Anzeichen innerer Unruhe und einer seltsamen Verstörung, während sie nur wenig aß und kaum etwas trank. Ihre sonst so makellose Haut war fleckig, das Gesicht aufgedunsen. Sigibert war rührend um sie bemüht, aber seine Freundlichkeit machte keinerlei Eindruck auf sie. Im Gegenteil, sie zuckte zusammen, sobald er sie berührte. Erst als Alexander nach dem Essen auftrat, entspannte sie sich ein wenig. Der Musik gelang es anscheinend, ihre innere Qual zu lindern.
Es war das erste Mal, dass Wittiges Alexanders Darbietung lauschte. Er schlug eine Leier und sang dazu. Eine atemlose Stille entstand, als sich die Töne dieser klaren hohen, unirdischen Stimme bis an die Grenzen des
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