Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
allerhand Ungehöriges vor sich ging. Sie würde das später zur Sprache bringen, jetzt wollte sie sich auf das Nächstliegende konzentrieren.
„Trage ein Kleid wie das, in dem ich dir zum ersten Mal begegnet bin“, sagte Nanthild zögernd und richtete sich auf. „Es sollte aus festem, aber angenehmem Stoff sein, eher schlicht und dennoch elegant. Du hast es auch nicht nötig, dich übermäßig mit Schmuck zu behängen. Heb dir alles Schönere, Prächtigere, Auffälligere für spätere Gelegenheiten auf. Und trage einen Schleier über dem Haar, das verleiht deinem Auftreten mehr Würde.“
Brunichild schielte zu Aletha hinüber. Die Magd nickte unmerklich, um zu zeigen, dass alles, was Nanthild vorgebracht hatte, ihre Billigung fand. Das beruhigte Brunichild. Und nun grinste Aletha. Wahrscheinlich amüsierte sie sich darüber, dass sich Nanthild durch das Herumkramen verraten hatte. Doch das Grinsen und der kurze, halb verschwörerische Blickwechsel waren der Hofdame nicht entgangen.
„Hier ist das Gewand, das ich meine. Ich habe es entdeckt, als Aletha deine Kleider gelüftet hat“, fügte sie mit leicht geröteten Wangen fort und hielt das Kleid hoch.
„Also gut.“ Brunichild nickte ergeben. „Dann macht mich schön für die neue Verwandtschaft.“
Die Stadt lag am Zusammenfluss von Saône und Rhône. Die Saône zog eine weite Schleife um einen Hügel, über dessen Hänge sich Lyon ausbreitete. Eine Brücke mit eleganten Bögen überspannte den Fluss. Nicht weit davon entfernt befand sich die Anlegestelle, ein Platz, an dessen Rand sich Buden und Schuppen aneinander reihten. Von dort führte eine breite gepflasterte Straße zur Stadtmauer und einem der Tortürme.
Beinahe unbemerkt legte das erste Schiff am Kai an. Niemand wartete darauf, Brunichild zu begrüßen oder in die Residenz zu geleiten. Nur ein paar Neugierige gafften. Umgehend sandte Gogo einen zweiten Boten in die Stadt.
Erst nach einer Weile näherten sich zwei bewaffnete Krieger und eine Abordnung von Guntrams Bediensteten, die eine Sänfte mit dichten Vorhängen mitbrachten. Da aber in der Zwischenzeit einige von den Franken und Westgoten, die dem Fluss zu Pferd gefolgt waren, eingetroffen waren, kam doch noch ein ansehnlicher Zug zustande, und Brunichild hielt keineswegs unbeachtet Einzug in Lyon.
Den gut erhaltenen Gebäuden nach war die Stadt wohlhabend. Von der Hauptstraße zweigten belebte Gassen ab, und rund um den Palast hatten Edelleute noble Steinhäuser errichtet, von denen viele recht neu wirkten. Lyon war offensichtlich auch eine aufstrebende Stadt.
Wartend stand Brunichild mit Aletha, Sidonia und Nanthild in der großen Eingangshalle des Palastes. Gogo war verschwunden, kehrte aber bald mit einer Frau in dunklen Gewändern zurück. Die Frau zögerte kurz, trat auf Brunichild zu und schloss sie in die Arme.
„Entschuldige, entschuldige vielmals!“, murmelte sie, schob Brunichild, ohne sie loszulassen, ein Stück von sich und musterte sie mit einem schmerzlichen Lächeln. „Was musst du von uns denken! Welch ein kläglicher Empfang.“ Sie zog sie abermals an sich und küsste sie auf beide Wangen.
„Ich danke dir“, erwiderte Brunichild förmlich. „Und wer bist du?“
Die Frau schlug die Hand vor den Mund. „Wie dumm von mir! Ich bin Marcatrud, Guntrams zweite Gemahlin. Komm, komm mit, ich bringe dich zu den anderen. Sie sind alle hier versammelt, weil ...“ Sie stockte und wischte sich eine Träne von der Wange.
„Wenn ich so ungelegen komme, dann ...“, begann Brunichild und wusste nicht mehr weiter. Aber Marcatrud fasste sie an der Hand und zog sie mit sich.
„Nein, du bist uns sehr willkommen, aber dies ist ein Trauerhaus. Morgen findet die Beerdigung unseres Sohnes Chlodobert statt. Er starb ganz überraschend, und sein Tod schmerzt uns tief.“
„Es tut mir leid, dass mein Eintreffen mit einem traurigen Ereignis zusammenfällt. Woran ist er gestorben?“ Brunichild wusste, dass zwei von Guntrams drei Ehefrauen noch lebten.
Sie stiegen in den ersten Stock hinauf. Überall standen kostbare Leuchter und große Marmorvasen, schwere farbige Vorhänge hingen in Durchgängen, manche Wände waren mit Fresken bemalt und in den Vorhallen sorgten Brunnen für angenehmes leises Geplätscher. Der Palast zeugte von Wohlleben und unaufdringlichem Luxus.
„Er ist vor drei Wochen einem dieser tückischen Winterfieber erlegen, gegen die die Ärzte oft machtlos sind. Letztes Jahr hat das gleiche Fieber Gundobad
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