Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
sich seiner stinkenden Lumpen zu entledigen und sich vom gröbsten Schmutz zu reinigen. Es war ein mühsames Unterfangen, bei dem Wittiges darauf bedacht war, mit einer gewissen Sachlichkeit und Nüchternheit zu Werke zu gehen, die ihm am ehesten geraten schienen, Alexander davon abzubringen, in Scham und Selbsthass zu versinken. Währenddessen lockte er aus ihm heraus, was er wissen musste, um die nächsten Schritte planen zu können. Zweifellos würde früher oder später die Flucht des Gefangenen aus dem Kerker von Marseille entdeckt und die Suche nach ihm und seinen Helfern eingeleitet werden. Vielleicht hätten sie die Stadt besser sofort verlassen.
Nach Pontus’ Rückkehr erzählte er ihm von dem Geld und den zerschlagenen Hoffnungen nach dem Verlust des Purpurs.
„Es ärgert mich, es ärgert mich so sehr, dass mich niemand über Alexanders Festnahme unterrichtet hat.“ Aufgebracht schlug sich Wittiges die Faust in die Handfläche.
„Ja“, sagte Alexander leise, „nicht einmal dieser Händler Josephus. Ich hab ihn angefleht, dich zu suchen, aber er hat nur dumm geguckt. Der gleiche Mann, der mich vorher wie seinesgleichen empfangen und mir zwei Stunden lang etwas über echten Purpur erzählt hat. Ich weiß nicht, wie häufig ich an dem stinkenden Zeug gerochen hab“, fügte er sarkastisch hinzu. „Nicht einmal das bringt uns jetzt weiter.“
„Purpur!“ Pontus verdrehte die Augen. „Warum nicht sizilianische Nachtigallenzungen, in Honig eingelegt? Haben im Norden bestimmt auch einen hohen Wert.“
Jetzt fängt der Streit zwischen den beiden schon an, dachte Wittiges gereizt.
Alexander stemmte einen Ellbogen in den Strohsack und richtete sich ein wenig auf. „Purpur, du Bauer, ist im Norden das Dreifache wert. Und du kannst Purpur für hundert Solidi in deinem Haarfilz verstecken, und es sieht keiner. Bei dir bestimmt nicht.“
Vielleicht hätte Wittiges über den kleinen Zank froh sein sollen, denn er belebte Alexanders Lebensgeister. „Schluss! Schlaft jetzt!“, befahl er trotzdem. Eine Idee war ihm gekommen, waghalsig und völlig verrückt. Aber gut für sein Gemüt. Während die beiden anderen im Schlaf stöhnten oder grunzten, verbrachte er die wenigen Stunden bis zum Morgengrauen in Grübeleien über diesen Einfall und fand am Ende immer noch nichts daran auszusetzen. Im Gegenteil. Jemand, hatte er beschlossen, musste für das Unrecht, das Alexander widerfahren war, zur Rechenschaft gezogen werden. Erst dieser eine und später die anderen.
Josephus erkannte Alexander nicht wieder. Fragend sah er von einem der drei Männer zum anderen. „Ihr wünscht?“, erkundigte er sich zurückhaltend. Er hatte sie in einem Vorraum empfangen.
Wittiges schaute sich um. An der Tür standen zwei bewaffnete Wächter.
„Ein Geschäft“, sagte er würdevoll. „Und wie du siehst, komme ich nicht unvorbereitet.“ Mit einer eleganten Handbewegung deutete er auf Pontus, der mit stoischer Miene hinter ihm stand und einen prallen, klimpernden Beutel in der Hand hielt. Das meiste, was klirrte, waren flache Steinchen, aus einem Bach geklaubt. „Du bist mir empfohlen worden. Aber ich bin es nicht gewohnt, Geschäfte zwischen Tür und Angel abzuschließen.“
Zu den Vorbereitungen hatte gehört, dass sich Wittiges’ Begleiter aus seinem bescheidenen Kleidervorrat so ausstaffiert hatten, dass alle drei einen einigermaßen gediegenen Eindruck machten.
Eilig bat Josephus sie nun in eines der inneren Gemächer. Der Händler ließ ein leichtes Frühstück auftragen, und mit vornehmer Zurückhaltung bedienten sie sich. Wahrscheinlich musste sich Pontus arg zusammennehmen, um nicht hemmungslos den feinen Schinken, das Brot und den mit Honig gesüßten heißen Haferbrei in sich hineinzustopfen. Gegen Ende des Mahls ließ Josephus Fingerschalen reichen, und Pontus schlürfte seine aus, statt die Hände einzutauchen.
Es wurde Zeit, zum Geschäft zu kommen.
„Purpur“, sagte Wittiges und lehnte sich lächelnd zurück. „Wir wollen Purpur kaufen. Ich hoffe, du hast welchen vorrätig.“
Immer wieder schweifte der Blick des Händlers zu Alexander. Dieser hielt den Kopf bedeckt, schaute kaum auf und hatte bisher nichts geäußert. Nun aber streifte er die lange Stoffbahn, die kapuzenartig seinen Kopf verhüllte, nach hinten und sah den Händler unverwandt an.
Josephus riss die Augen weit auf und keuchte. „Du?“
„Ja, ich bin’s. Wie du siehst, kam ich auch ohne deine Hilfe frei.“
„Dann danke ich dem
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