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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
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wusste ich, dass ich mich davon nicht mitreißen lassen durfte, denn wenn ich meinen Zweifeln Ausdruck verlieh und ihnen das Mitleid, das ich in so starkem Maße für sie empfand, zeigte, gäbe es kein Halten mehr. Ich musste den Kindern gegenüber Zuversicht ausstrahlen, was auch immer ich selbst fühlte. Oder dachte.
    »Das hier ist jetzt unser Zuhause, Schatz. Wir wohnen hier. Es wird wirklich ganz toll, das könnt ihr mir glauben. Bald habt ihr wieder ein eigenes Schlafzimmer und ein ganz großes Spielzimmer. Mit einem eigenen Fernseher und einem DVD-Player und einem ganzen Regal voller Bücher.«
    »Mama«, sagte Bastian plötzlich in vorwurfsvollem Tonfall, »du und Papa, ihr habt gesagt, es gibt ein Schwimmbad, und wir kriegen einen Hund, und es scheint immer die Sonne. Und das stimmt alles überhaupt nicht!«
    Da ging wohl gerade einiges ganz schön schief. »Mama muss jetzt erst mal für uns alle Essen machen, und danach fahren wir in die Stadt. Dann kommen wir auch beim Gifi vorbei, und ihr könnt euch ein kleines Geschenk aussuchen.«
    Geschenke … die eigenen Kinder bestechen. Wie tief bist du gesunken, Simone?
    »Für wie viel Euro?«, wollte Bastian wissen.
    »Vier.«
    »Kann man dafür ein Auto kaufen?«
    »Beim Gifi schon, glaube ich.«
    »Und einen Action Man?«
    »Das wohl eher nicht. Aber ein Auto müsste drin sein.«
    Damit gab er sich zufrieden. Vorläufig.
    »Bleibt ihr dann bitte hier im Wohnwagen, wenn Mama jetzt das Essen macht?«
    »Aber hier ist es so heiß!«, sagte Isabelle.
    Ich machte zwei Klappfenster auf, damit die Luft besser zirkulieren konnte. Die Fenster funktionierten alle nicht so richtig, ich musste ziemlich kräftig drücken, wobei ich mich mit dem Knie auf Isabelles Bett abstützte. Wir waren wirklich nicht gerade füreinander geschaffen, dieser Wohnwagen und ich. Wie Leute zum Vergnügen ihre Ferien in so einem Kasten verbringen konnten, blieb mir unbegreiflich.
    »Jetzt wird es gleich kühler.« Ich sah die beiden eindringlich an. »Kann ich mich darauf verlassen, dass ihr schön hierbleibt?«
    Sie nickten folgsam, was mich trotzdem nicht ganz überzeugte.
    »Ihr dürft jetzt wirklich nicht beim Haus spielen, das ist zu gefährlich, da fallen Steine herunter.«
    »Papa und seine Freunde sind da auch«, protestierte Bastian.
    »Die sind groß, ihr seid noch klein. Ihr müsst mir das wirklich versprechen.«
    »Krieg ich dann einen Action Man?«
    Ich seufzte. »Das sehen wir, wenn wir in der Stadt sind.«
    Ich ging nach draußen und um das Haus herum. Sonderlich fest wagte ich nicht darauf zu vertrauen, dass sie tatsächlich im Wohnwagen bleiben würden. So ging das alles nicht. Ich konnte mich schließlich nicht in zwei Teile spalten. Oder gar in drei, denn in der Küche klingelte jetzt das Telefon, und niemand ging ran. Ich beschloss, das Ding einfach läuten zu lassen und Eric heute Abend zu fragen, ob man nicht ein Kabel zum Wohnwagen hinüberlegen konnte.
    Im Hof wäre ich fast gegen das Gerüst gelaufen. Bruno, der junge Kerl mit dem Piercing, hob die Hand zum Gruß. » Bonjour , Simone.«
    » Bonjour , Bruno.«
    Die Namen hatte ich inzwischen gut drauf. Bei den Gesprächen am Mittagstisch zwischen zwölf und zwei hatte ich sie nach und nach immer besser kennengelernt. Vor allem mit Antoine unterhielt ich mich oft. Er machte sich die Mühe, langsam zu sprechen, hielt sich mit dem Dialekt und dem bei der Truppe außerordentlich beliebten, aber ziemlich verwirrenden verlan zurück (bei dem die Silben umgekehrt ausgesprochen werden) und korrigierte mich regelmäßig, sodass ich mich immer mehr an die Sprache gewöhnte und gleichzeitig neue Wörter lernte.
    Ich legte den Kopf in den Nacken. Arnaud und Pierre-Antoine saßen oben auf dem Dach. Hinter ihnen konnte ich gerade noch die Haarspitzen von Erics blondem Wuschelkopf erkennen. Es sah lebensgefährlich aus dort oben. Der Rest der Truppe war nirgends zu entdecken.
    Ich ging in die Küche und öffnete die Tiefkühltruhe. Entschied mich für eine Zwei-Kilo-Tüte Brokkoli-Röschen. Schüttete drei Viertel des Inhalts in eine Pfanne, gab Wasser, ein wenig Butter und Salz dazu und stellte die Pfanne mit Deckel aufs Gas. Heute kam mal etwas auf den Tisch, was jeglicher kulinarischer Raffinesse zuwiderlief: Frikadellen. Geformt und gebraten hatte ich sie bereits gestern Mittag, als ich hörte, dass die Kinder heute frei hätten, sodass ich sie jetzt bloß noch aufzuwärmen brauchte. Als ich mich umdrehte, um sie beim Gaskocher

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