Der Geliebte
mir mit der Hand durchs Haar. Es war noch feucht.
Er kommt nicht. Vielleicht ist das auch besser so.
Ich holte tief Luft. Mein Blick fiel auf den roten Bettbezug mit den chinesischen Schriftzeichen. Das Bett war unmöglich zu übersehen. Es wirkte in diesem engen Raum besonders dominant.
Ich legte das Oberbett zusammen und öffnete einen Schrank, der allerdings bis oben hin mit Kleidung vollgestopft war. Genau wie alle anderen Schränke. Einen nach dem anderen machte ich auf, alle waren sie proppenvoll. Allmählich wurde ich trotzig. Wessen Idee war es eigentlich gewesen, in diesem Zwergenwohnwagen zu hausen, wo man klaustrophobisch werden musste? Wessen Idee war dieses ganze Frankreich-Abenteuer gewesen? Und was war mir in all den Jahren bis zum heutigen Tage übrig geblieben, als mich immer nur anzupassen, mich zu fügen, zu gehorchen? Shit. Wollte ich so weitermachen? Wollte ich mir das, wonach es mich so heftig verlangte, weiterhin untersagen, nur weil es nicht ins Bild passte? Aus Angst?
Zitternd stand ich da, die Decken im Arm, bis ich ein Motorrad über den holprigen Boden heranknattern hörte. Im nächsten Augenblick fiel ein Lichtbündel durch die Fenster in den Raum, streifte mich und erlosch dann.
Mein Magen zog sich zusammen. Ich wollte überhaupt nicht reden. Nicht mehr. Mein ganzer Körper erschauderte. Barst.
Ich ließ die Decken fallen und öffnete die Tür. Mit Michel strömte ein Duft in den Raum, der mich betäubte, eine Mischung aus Körpergeruch, Waschmittel und frischer Luft. Kein bonsoir , kein Austausch von Höflichkeiten, kein nervöses Sich-Beschnuppern mit Worten. Stattdessen fielen wir mehr oder weniger übereinander her, küssten uns gierig. Wie von selbst fanden meine Hände ihren Weg zu seinem Rücken, unter sein T-Shirt. Ich spürte, wie unter seiner geschmeidigen Haut die Muskeln arbeiteten. Keinen Augenblick ließ sein Mund von meinem, nicht einmal, als er seine Jacke abwarf, sich ungeduldig die Turnschuhe von den Füßen streifte, mich festhielt und halb ziehend, halb stoßend zum Bett dirigierte, wo wir stolpernd übereinander fielen, er die Hüften zwischen meine Beine drängte und zugleich meinen Rock hochzog, stürmisch meinen String herunterzerrte, mir zwischen die Beine griff, knetete, sich über mich schob, sein Gesicht in meinem Hals vergrub, stöhnte und am ganzen Körper erzitterte.
Hastig zog ich ihm das T-Shirt aus. Ich wollte ihn sehen, spüren: seine Brust, die zur Mitte hin schmal zulaufenden Rippen. Meine Fingerspitzen ertasteten seinen Bauch, dessen Muskeln sich bei der Berührung zitternd zusammenzogen. Ich fummelte an seinem Jeansverschluss herum, bekam ihn schließlich auf. Ungeduldig zog er mein Top und den BH nach oben. Haut an Haut. Michel sah mir in die Augen, wir küssten uns, langsam, seine Nase streifte die meine, liebevoll, sanft. Ich zitterte unbändig, hatte meine Muskeln nicht mehr unter Kontrolle, hatte überhaupt nichts mehr unter Kontrolle, drückte mein Becken hoch, flüsterte, ermutigte ihn. Im nächsten Augenblick glitt er in mich hinein, überwältigte mich ganz. Ich schloss die Augen und vergaß, wo ich war, wer ich war, gab mich dem Rhythmus hin, der mich schwindeln und nach Luft schnappen ließ. Seine Lippen auf meinen, seine glatte Zunge, sein Atem, mein Atem. Er flüsterte mir Dinge ins Ohr, die ich nicht verstand, drosselte das Tempo, steigerte es dann wieder, bis sich der ganze Raum um mich drehte wie bei einem Karussell, bis es kein Oben und kein Unten mehr gab, nur noch Fühlen, Sein, und in meinem Bauch einen Ballon, der immer größer wurde, anschwoll, mir den Atem nahm, bis ich unbändig zu stöhnen anfing, immer lauter. Er stemmte die Hände neben meinen Schultern auf die Matratze, richtete sich halb auf, sah mir tief in die Augen, konzentriert, unverwandt, eindringlich, öffnete den Mund, schluckte, bewegte seinen wundervoll harmonisch gebauten und von der Anspannung feuchten Körper auf und ab, in ebenmäßiger Kadenz, bis ich mich zu meiner Bestürzung wild und unkontrolliert an der Matratze festklammerte, während in meinem Unterleib eine Explosion stattfand, die meinen ganzen Körper durchzuckte. Ruckartig hob er den Kopf, sein Blick wurde glasig, er kniff die Augen zu, an seinem Hals zeichneten sich Muskeln und Sehnen ab. Er stieß ein langes Stöhnen aus. Ließ dann den Kopf mit einem dumpfen Ächzen neben mir ins Kissen sinken.
Kurz blieben wir liegen, keuchend, ich legte die Arme um ihn, zog ihn an mich. Klammerte
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