Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
zweier Augenpaare bohren sich in mich. »Gut«, sagt der Flame. »Sie wissen also noch, dass Sie letzten Freitagabend im LeClerc einkaufen waren, aber nicht, wann Sie zu Hause weggegangen und wann Sie wieder zurückgekommen sind.«
    Verwirrt schüttle ich den Kopf.
    Die Galle ist in meiner Kehle angekommen. Ich verziehe das Gesicht und versuche, sie zurückzudrängen, indem ich kräftig schlucke.
    »Ist irgendetwas?«
    »Ja«, sage ich, während mir Tränen in die Augen treten. »Dieser Kaffeegeruch, davon wird mir übel.«
    Mit ungerührter Miene sehen die beiden mich an. Sie machen keinerlei Anstalten, die Kaffeebecher wegzuräumen. »Wenn Sie einkaufen waren, haben Sie dann vielleicht einen Kassenbon, mit dem Sie das beweisen könnten? Oder haben Sie im Supermarkt beziehungsweise in dessen Nähe mit irgendjemandem gesprochen, der Ihre Angaben verifizieren könnte?«
    Fieberhaft denke ich nach. Habe ich den Bon in eine der Tragetaschen getan? Manchmal tue ich das, manchmal auch nicht. Die Dinger fliegen überall herum. Man nimmt so oft Kassenbons mit, ohne darauf zu achten, aber manchmal lässt man sie auch im Einkaufswagen liegen. Würden die Ermittler jetzt demnächst unser Haus durchsuchen, nach Kassenbons, nach Beweisen? Oder das Auto? Auf so einem Bon stehen immer Datum und Uhrzeit.
    Vielleicht sollte ich lieber nichts mehr sagen.
     

34
     
    Der Hausarzt war ein dunkelhaariger Mann von gedrungener Statur, etwa fünfzig Jahre alt, mit gebräunter Haut und Armen wie ein Hafenarbeiter. Auf seinem Schreibtisch stand ein dreieckiges Schildchen mit seinem Namen: Alain Rodez. Unser Bezirk hatte sechshundert Einwohner, und dieser Mann war einer von gerade mal drei niedergelassenen Hausärzten, die Eric im Telefonbuch gefunden hatte. Täglich von zwei bis sieben hatte er Sprechstunde. Einen Termin brauchte man nicht, man konnte einfach vorbeikommen. Ein größerer Unterschied zu dem Hausarzt-System in den Niederlanden war kaum denkbar. Dieser Mann hatte Zeit für seine Patienten. Und er nahm sie sich.
    Hinter seinem modernen Schreibtisch sitzend, tippte er zunächst allerlei Daten in seinen Computer. Name, Geburtsdatum, eventuelle Allergien, Adresse, Telefonnummer.
    »Sie ist in den letzten Wochen öfter mal krank gewesen«, hörte ich Eric sagen, »obwohl sie sonst eigentlich nie etwas hat. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass sie je zuvor in Ohnmacht gefallen wäre.« Eric suchte meinen Blick und kniff mich in die Hand. »Oder?«
    Bestätigend schüttelte ich den Kopf.
    Der Arzt sah mich an. »Was fehlt Ihnen denn genau?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Es ist nicht so schlimm, ich glaube, ich bin einfach insgesamt etwas erschöpft.«
    »Das kann sehr gut sein. Sie sanieren doch gerade Ihr Haus, oder?«
    Eric nickte. »Ja, seit fast vier Monaten.«
    Der Arzt tippte wieder etwas in seinen Computer. » Bon . Würden Sie für die Untersuchung bitte kurz auf der Liege Platz nehmen?«
    Eric half mir auf, und ich setzte mich auf das harte, verstellbare Bett an der linken Wand, das mit einem weißen Papierlaken bedeckt war.
    Der Arzt strich mein Haar zur Seite. Zwischen den Zähnen sog ich tief Luft ein.
    »Das ist halb so schlimm«, hörte ich ihn sagen. »Eine oberflächliche Wunde. Aber ich werde sie trotzdem mal desinfizieren, es ist ein bisschen Dreck reingekommen.«
    Die kalte Flüssigkeit verursachte einen stechenden Schmerz.
    »Am besten nichts mehr daran machen«, hörte ich ihn sagen, »dann heilt es von selbst. Können Sie den Pullover kurz hochhalten? Tief einatmen. Ja, und wieder ausatmen. Etwas kräftiger. Ja, so. Prima.«
    Danach kontrollierte er meine Augen mit einer kleinen Lampe, ich musste den Mund öffnen und die Zunge hinausstrecken, er testete meine Kniereflexe, schaute mir in die Ohren.
    »Würden Sie sich kurz hinlegen? Ja, danke. Sagen Sie’s mir, wenn es irgendwo wehtut.«
    Es tat nirgends weh. Nur in meinem Kopf, aber da ließ es auch schon nach.
    »Sie können sich wieder aufsetzen. Schieben Sie den Ärmel kurz hoch? Ja, gut so.«
    Mein Blutdruck war hoch, viel höher als normalerweise, und das wunderte mich keineswegs.
    »Ich schicke morgen jemanden zu Ihnen nach Hause, zur Blutabnahme. Das bringen wir ins Labor, und nach ein paar Tagen bekommen Sie das Ergebnis zugeschickt. Bringen Sie das dann nächstes Mal mit?«
    Er setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch. »Möglicherweise haben Sie eine leichte Gehirnerschütterung. Schonen Sie sich ein bisschen, ruhen Sie sich aus. Und wenn

Weitere Kostenlose Bücher