Der gemietete Mann: Roman (German Edition)
neu. Sie werden sich nicht wiedererkennen.«
»Was haben Sie denn eigentlich gemacht?«, fragte ich heiter.
Der Doktor erzählte stolz, er habe meine Brustwarzen abgetrennt, dann die Haut von meiner Brust sorgfältig komplett entfernt und das freiliegende Drüsengewebe danach komplett mit der Haut zweimal umwickelt. Genau zweimal, lachte er froh, das wäre exakt hingekommen. Danach habe er die Brustwarzen wieder angenäht. Sie seien jetzt etwa hier. Er zeigte mir mit dem Handrücken, wo die Brustwarzen sich etwa befanden, und das war knapp unter dem Kinn. Ich staunte nicht schlecht.
In den drei anderen Stunden der Operation habe er meine Bauchhaut komplett entfernt, berichtete der Doktor, und sie an beiden Seiten straffgezogen wie ein Bettlaken, das man in die Ritzen stopft. Die überschüssige Haut habe er nicht mehr verwerten können, jedenfalls nicht für mich, aber sie sei konserviert worden, für das nächste Brandopfer. Schöne Haut sei das gewesen, viel zu schade zum Wegschmeißen. Vorher habe er meine freiliegenden Bauchmuskeln, die durch die Schwangerschaften sichtbar erschlafft waren, wieder in Form gezurrt. Durch die viele Gymnastik sei es bei mir zu einer Rectus-Diastase gekommen, die Muskeln hätten sich total verschoben und seien an der falschen Stelle wieder zusammengewachsen. Den Schnitt habe er elegant im Schambereich gesetzt und gut vernäht, da werde ihn niemand sehen, und ich könne spätestens im Frühling nabelfreie Tops und die Spaghettiträgerhemdchen anziehen. Allerdings werde wohl die gesamte Bauchhaut taub bleiben, aber das sei halt nicht zu ändern.
»Och, das macht doch nichts«, sagte ich schnell. »Eine gute Quote ist mir viel wichtiger als ein bisschen Gefühl in der Bauchhaut. Das brauch ich in meinem Alter sowieso nicht mehr.«
»Sie sehen in Wirklichkeit viel hübscher aus als im Fernsehen«, stellte der ägyptische Doktor fest, und das war nun schon der Dritte, der das fand. Obwohl ich völlig ungeschminkt und mit strähnigem Haar nach einer sechsstündigen Operation in den Kissen lag.
Ich bedankte mich bei dem Doktor für seine gute Arbeit, und dann ging er, nicht ohne mir anzubieten, mir eventuell ein kleines bisschen die Augen zu vergrößern und die Schlupflider zu entfernen, wo ich doch sowieso grade mal hier sei. Auch die Lippen könnten eine kleine Unterspritzung vertragen, sagte er, aber das müsse ich selber entscheiden.
Ich entschied, dass an meinem Gesicht nichts geändert würde, damit meine Kinder mich noch erkennen könnten, wenn ich nächste Woche nach Hause käme.
Oda-Gesine besuchte mich nach zwei Tagen, was ich erstaunlich fand, und brachte mir zwei Flaschen »Wört-Flört-Tröpf« und einen Strauß »Wört-Flört«-Rosen mit, von den altrosafarbenen. Die seien noch von der letzten Sendung übrig, lachte sie, und Silvia habe sie ein bisschen angeschnitten, damit sie sich noch etwas hielten.
Ich stellte fest, dass sie dann ja genau zu mir passten. Die Rosen und ich, wir hatten exakt das gleiche Schicksal.
Dann wollte Oda-Gesine meinen neuen Busen sehen. Ich entfernte die Eisbeutel und öffnete vorsichtig die ersten zwanzig Ösen von dem Korsett. Der Busen stand blass und spitz von mir ab, und die frisch angenähten Brustwarzen spähten erstaunt an die Zimmerdecke.
»Wahnsinn«, schrie Oda-Gesine begeistert. »Der steht ja bergauf! DAS wird Quoten bringen!«
»Ist das nicht ein bisschen unnatürlich?«, wandte ich bänglich ein.
»Der senkt sich wieder, keine Angst«, meinte Oda-Gesine. »Aber das wird den Bönninghausen ja begeistern, Schätzchen! Jetzt kannst mit Spaghettiträgern moderieren. Zeig mal deinen Nabel, wie sieht der jetzt aus?«
Ich bedauerte, ihr meinen Nabel noch nicht zeigen zu können, da dieser ebenfalls frisch angenäht worden sei und zurzeit unter vielen blutdurchtränkten Mullbinden in ein Korsett verschnürt sei.
»Na, dann zeigst ihn mir das nächste Mal.«
Damit war das Thema Nabel für Oda-Gesine erledigt, sie stürzte sich auf mein Essen im grauen Plastiknapf und erzählte dabei voller Freude, dass die Quoten der letzten Sendung schon ganz passabel gewesen seien und dass gerade in Sachsen-Anhalt und in Baden-Württemberg bei den Neunzehn- bis Fünfundzwanzigjährigen drei Prozent Marktanteil mehr zu verzeichnen seien als in der Woche davor.
»Bönninghausen ist auch zufrieden«, sagte Oda-Gesine, während sie eine grobe Räucherwurst in Kartoffelpüree presste. Die fette Haut platzte auf, und heraus quoll eine
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