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Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Titel: Der gemietete Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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konnte? Zu gern hätte ich noch dies oder das über ihn erfahren.
    Ich hielt nach ihm Ausschau. Aber in der Menge derer, die sich gierig am Büfett drängelten, war er nicht.
    Ich entdeckte ihn in einem Hinterstübchen, wo er sich mit einem Mixer einen Eiweißdrink zubereitete.
    »Essen Sie gar nichts?«, fragte ich scheu.
    »Und wie! Ich esse, worauf mein Körper Lust hat! Probieren Sie mal!«
    Ich trank ein Schlückchen von dem Tapetenkleister.
    »Na ja«, sagte ich.
    »Pures Eiweiß ohne Fett. Von Vitalmind gibt es Proteinmischungen, Vitamin- und Spurenelement-Cocktails.«
    »Hört sich lecker an«, sagte ich lahm.
    »Ist es auch! Und das Ganze in Verbindung mit frischem Obst …« Er biss lustvoll in eine reife Zwetschge. »Köstlich, sage ich Ihnen. Hier. Probieren Sie!«
    Die Zwetschge schmeckte wirklich wunderbar. Viel besser als ein »Wört-Flört-Tört«.
    »Eigentlich wären Sie ein geeigneter Kandidat für meine Sendung«, sagte ich. »Wir suchen immer junge, knackige, muskulöse, witzige und lebensfrohe Kerls wie Sie. Haben Sie nicht Lust?«
    Der Doktor kannte meine Sendung nicht. Ich erklärte ihm, dass es sich um eine Kuppelshow handelte.
    Er lachte. »Ich bin glücklich verheiratet!« Und hielt mir ein Foto von einer ebenso muskulösen, strahlenden jungen Frau unter die Nase. »Wir haben zwei Kinder«, sagte er stolz. Er kramte erneut Fotos hervor. Strahlende, gesunde, schlanke Kinder. Mit vollem Haar und klarem Blick.
    »Die haben einen solchen Bewegungsdrang, dass es eine Freude ist! Die rennen den ganzen Tag an der frischen Luft herum! Sie sind kerngesund, immer fröhlich, kreativ, gehen gern in die Schule, lernen spielend, schreiben nur Einser und Zweier, spielen jedes zwei Instrumente …«
    »Höans aaauf!«
    »Vor dem Fernseher würden sie sich langweilen! Und Computerspiele reizen sie natürlich auch nicht! Die wollen selber leben! Und nicht künstlichen Figuren beim Leben zuschauen!«
    »Ich könnt vor Nääid erblassen! Sagen Sie, o Meister! Wie ernähren Sie die? Keine Fritten und keine Würstchen? Keine Schokoriegel und keine Chips?«
    »Die haben kein Verlangen danach.« Der Meister zuckte die Schultern. »Sie wollen Obst und Gemüse und reines Eiweiß in Mengen!«
    »Wie hieß noch gleich die Firma?«, fragte ich.
    »Vitalmind«, sagte Strunz. »Eigene Rezeptur.«
    »Haben Sie nie ›Wört-Flört‹ gesehen?«, wagte ich einen Vorstoß. Ich wollte es einfach nicht glauben!
    »Nein. Wer ist das?«
    »Na, DIE Fernsehsendung. Für junge, dynamische, lebensfrohe, sportliche und voll angesagte Menschen.«
    »Kann nicht sein«, antwortete Dr. Strunz. »Junge, sportliche, lebensfrohe Menschen sehen nicht fern. Die wollen nicht Zusehen, wie andere leben. Die wollen selber leben. Fernsehen ist was für alte, gebrechliche, verfettete Gehirne. Ich lebe selbst. Warum fragen Sie?«
    »Ach, nur so«, murmelte ich, bevor ich mit hängenden Schultern den Raum verließ.

An diesem Tag begann ich mein Leben zu ändern.
    Ich begann zu laufen.
    Statt mich abends mit den Vo-ku-hi-las an die Bar zu hocken, schloss ich mich einer Gruppe von Läufern an. Man erklärte mir die Pulsuhr und beriet mich beim Kauf von wirklich guten Laufschuhen. Ich fand sie furchtbar teuer, aber Dr. Strunz sagte, dass gute Laufschuhe die einzige Anschaffung für ein neues Leben seien. Und dass jede Diät aus der Apotheke viel mehr kosten würde. Das sah ich ein.
    Dann trabten wir gemächlich los.
    »Wie, das ist alles?«, fragte ich nach kurzer Zeit.
    »Ja. Schneller wird’s nicht.«
    »Aber das ist ja fast wie rasches Wandern!«
    »Genau. Alle, die rennen, machen was falsch.«
    »Aber davon bau ich doch nie und nimmer Fett ab.« Ich trabte so gemächlich neben den Anderen her, dass ich mich, ohne zu keuchen, unterhalten konnte.
    »Doch. Das ist das Geheimnis. Davon baut der Körper Fett ab. Und zwar dauerhaft.«
    »Das ist ja sensationell!«
    »Ja«, lachten die Jungdynamischen in Hellgelb und Wasserabweisend. »Schade, dass so wenige davon wissen!«
    »Bei uns im Stadtwald am Adenauer-Weiher, da rennen sie schneller«, sagte ich erstaunt. »Ich bewundere sie immer, wie sie sich abmühen! Und keuchen und schwitzen! Ganz rot sind sie im Gesicht! Und fallen nachher schweißgebadet in ihre Autos!«
    »Unser Chef hat mal an einem Tag im Stadtwald alle Läufer angehalten und ihnen etwas Blut aus dem Ohrläppchen gezapft«, sagte einer der Eingeweihten.
    »Sie waren alle im anaeroben Bereich! Viel zu schnell! Puls über 140 ist genauso

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