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Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Titel: Der gemietete Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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ich dem Heft für Au-pair-Eltern entnommen hatte, sollte der neue Au-pair als Erstes in sein Zimmer geführt werden, wo er nach der anstrengenden Reise ausruhen sollte. Darauf wäre ich gar nicht von selber gekommen! Ich hätte ihn sofort angebunden, geschlagen und ihm seine Pflichten vorgelesen.
    Aber so! Man sollte die Burschen also menschlich behandeln, gerade so, als seien sie als Familienmitglieder willkommen. Senta hatte ihm eine Schale mit frischem Obst ans Bett gestellt, einige Bildbände über Deutschland, einen eigenen Radiowecker und einen Fernseher. Sie hätte ihm sicher noch eine Serviette zu einem Schwan gefaltet und ein löchriges selbstgebasteltes Deckchen aus Katinkas Kindergartenbasteigruppe unter das Obst gelegt, wenn ich sie nicht daran gehindert hätte. Außerdem lagen natürlich Handtücher und akkurat gefaltete Waschläppchen und was man als weitgereister Gast so braucht auf seinem Bett. Und ein Marienkäfer aus Schokolade. So war Senta.
    Ich fragte, ob Emil alles habe, ob ich noch was für ihn tun könne, und regte an, dass er dann bitte bald zum Essen herunterkommen möge.
    Nachdem die Kinder neugierig in sein Reich gedrungen waren, fanden sie es langweilig und ließen einstweilen von ihm ab. Wir warteten gespannt. Ich sank in einen Wohnzimmersessel und legte das hungrig knarzende Paulinchen an.
    »Mama, wann kommt der endlich!«
    »Ich will, dass der mit mir spielt!«
    »Wir lassen den Emil jetzt erst mal in Ruhe«, mahnte ich die unzufriedene Brut. Paulinchen krallte ihre warmen kleinen Händchen in meinen Busen und begann gierig zu trinken. Ihre graublauen Augen betrachteten mich dabei unablässig.
    »Ich will auch auf deinen Schoß«, jammerte Katinka.
    Ich hob sie auf mein anderes Knie und reichte ihr den Schnuller. Wie ich als »Frohe-Mutter«-Abonnentin ganz genau weiß, ist es aus pädagogischen Gründen wichtig, dass das Kind, was nicht mehr saugt, doch noch was zum Saugen hat, besonders wenn es ein anderes Kind beim Saugen an der Mutterbrust beobachten muss. Auch wenn der Ersatznippel nur ein unappetitliches Stück ausgelutschtes Gummi ist. Katinka wollte übrigens nie am Schnuller lutschen. Sie wollte nur an ihm riechen.
    Katinka schmiegte sich an mich und streichelte dabei das Köpfchen von Paulinchen und roch glückselig an ihrem Schnuller. Ihre Fingernägel waren schwarz von Knetgummi oder Dreck oder altem Spinat.
    »Wann kommt der Emil endlich runter!« Karl fläzte sich gelangweilt auf dem Teppich herum.
    Hier müsste auch mal dringend gesaugt werden, ging es mir durch den Kopf. In »Frohe Mutter« stand, dass man lieber stillen soll als staubsaugen und dass der Haushalt nicht so wichtig ist. Dass man fünf gerade sein lassen und keinen Stress auf den Säugling übertragen soll. Und erst recht nicht auf das eifersüchtige Kleinkind. Selbst pubertierende Knaben soll man nicht unter Druck setzen. Komisch, dass so’n elfjähriger Bengel nicht das natürliche Bedürfnis verspürt, einen Teppich zu saugen, dachte ich. Stattdessen aalt er sich im Sud, verschmiert Milchschnittenreste, Schnipsel vom Basteln, Knetgummi, ein paar müde Papierflieger und verlangt nach Zerstreuung, weil er sich so langweilt. Noch acht bis zehn Jahre bis zum Militär.
    Ich versuchte mal einen pädagogisch wertvollen Ansatz: »Karl, gehma eben zum Besenschrank und hol den Staubsauger.«
    »Wiesodn, immaich, ey!«
    »Weil ICH es sage. Los. Bitte.«
    »Nöhöö! Der Oskar hat das alles gemacht! Seh ich gaanichein, ey!«
    »Man muss auch mal für andere mit aufräumen. Was glaubt ihr, was ich den lieben langen Tag tue.«
    »Is mir doch egal! Vergisses, ey.«
    Ganz klar. Vorpubertät. Ich gönnte ihm den schnauzenden Unteroffizier mit Stoppelhaaren. Aber vielleicht war noch was zu retten. Mit Liebe und Geduld. Und gutem Vorbild. Ab heute.
    »Mama! Der Emil soll runterkommen!«
    »Nun lasst ihn doch erst mal zu sich kommen! Für den ist alles fremd und neu! Außerdem hat er die ganze Nacht in einem Flugzeug gesessen! Vielleicht will er erst mal duschen!«
    »Der duscht nicht, der heult!« Oskar stand triumphierend auf der Matte.
    »Der heult?« Karl bekam dieses grausame Leuchten in den Augen, das nur Kinder so unverblümt zeigen können, weil sie Schadenfreude noch nicht verbergen.
    »Der heult! Geil, ey!«
    »Wie, der heult?« Ich rappelte mich hoch, setzte Katinka auf den Sessel und pflückte Paulinchen vom Busen ab. »Hier, halt mal.« Armer Karl. Nun musste er seine Schwester halten, ob er wollte oder

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