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Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Titel: Der gemietete Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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wohlgeordnete Sammlung von Hockeyschlägern, Federballschlägern, Tennisschlägern und Kochlöffeln, mit denen die Kinder wohlgehütete Bälle oder Kugeln schlagen durften, die niemals verlorengingen, und wenn sie doch verlorengingen, krabbelte Frau Prieß mit ihren siebzig Jahren ins Gesträuch und holte die Gegenstände wieder hervor.
    »Ich bin eine alte Frau, ich muss mich bewegen!«, lachte sie dann, bevor sie in den Keller ging, um die Bälle erst mal zu waschen. Ich fürchtete, dass ihre Art auf Dauer frauenfeindliches Verhalten bei meinen Jungs hervorbringen könnte. Schreckliche Bilder drängten sich vor mein mütterliches Auge, wenn ich mich nächtens schlaflos wälzte:
    Karl, Mitte Dreißig, dicklich, eine Lakritzschnecke vor dem Fernseher verspeisend, winkt seine bügelnde fünfundzwanzigjährige Frau aus dem Bild: »Gehmirma’n Bier ausm Kella holn, aba ’n kaltes! Und tu die Flasche erst mal waschen!«
    Frauchen, schüchtern aufbegehrend: »Ich würde gern erst die Drillinge stillen, sie schreien schon seit einer Stunde!«
    »Du bist eine alte Frau, du musst dich bewegen!«
    Oder: Oskar, zweiunddreißig, beim Beischlaf mit Jolly Jumper, Callgirl, achtzehn: »Spring ma auf un krabbel hintern Nachttisch, da müßten noch Kondome liegen! Und wohde grade stehs, kannze mir gleich ’n Vollkorntooß mit Reformhausmammelade machn!«
    Natascha, selbstbewusst, immerhin Generationen nach uns:
    »Spring du doch auf, Alta, un hol dat Gummi gefälligst selps!«
    Oskar, sich eine Zigarette anzündend: »Du bis ’ne alte Frau, du muss dich bewegen!«
    Ach, ach, ach! Schrecklich! MEINE Jungs! Machos! Und das mir! Die ich immer Gleichberechtigung gepredigt hatte, wo ich ging und stand! Aber predigen allein nützt eben nichts. VorLEBEN muss man die Gleichberechtigung.
    Entschieden sprang ich auf. So. Emil. Was meinst du, wofür wir dich eingeflogen haben. Nicht zum Schmollen und Briefeschreiben. Das kannst du auch zu Hause.
    Als Erstes wird jetzt hier den Knaben ganz klar solidarisches Verhalten mit den Frauen vorgelebt. Tisch decken, Gläser, Apfelsaft, Wasser. Besteck, Servietten, Brot, Aufschnitt und so weiter. Ich investiere in dich Vermittlungsgebühren, Krankenversicherung, Sprachschule, Straßenbahnmonatskarte, Taschengeld, Essen, Trinken, Strom und Wasser. Seit sechs Stunden zweifle ich daran, ob die Investition sinnvoll war.
    Feierabend getz.
    Mit dem Baby auf dem Arm und Katinka an der Hand schritt ich entschlossen nach oben. Wir lauschten an Emils Tür. Drinnen: Stille. Vorsichtig kratzte ich an der Tür.
    »Emil?!«
    »Jou?!«
    »May I entry?«
    »Come in!«
    Emil saß in seinem dicken Pullover von heute Morgen mit Skisocken und Jogginghose auf seinem Bett, Kopfhörer des Walkmans über den Ohren, und betete ein silbergerahmtes Bild an, das eine blonde Schönheit zeigte. Tränen tropften auf Dies-Bildnis-ist-bezaubernd-schön.
    »Who is it? Your girlfriend?«
    »My mother!«
    So geht das nicht weiter, dachte ich. Schluss getz.
    »Emil, why don’t you come downstairs now? Please eat with us!« Lunch is ready, wäre gelogen gewesen.
    »I’m not hungry, thanks!«
    »Doch, you ARE hungry!« Verdammt, wie redet man denn mit so’m Lulatsch, wenn der sich meinen Anordnungen widersetzt! Bei Karl und Oskar funktionierte das so grade noch, aber bei dem wollte es überhaupt nicht klappen!
    Emil rappelte sich auf und kramte in seinem riesigen Koffer. »Some gifts for you!«
    Oh, Mitbringsel! Das war doch eine feine Gelegenheit, den Bengel zum Runterkommen zu bewegen!
    »Kinder! Der Emil kommt runter! Und er hat uns allen was Feines mitgebracht!«
    Wir schleppten uns, die Mitbringsel und die Mädchen die Treppe hinunter. Wie von Geisterhand gelenkt, stand plötzlich auch Oskarlein erwartungsvoll auf der Matte.
    »Da bin ich aber mal gespannt!« Karl lehnte abwartend am Treppengeländer.
    »Nintendo, nintendo, nintendo?!« Oskar hüpfte hyperaktiv vor mir her.
    »Kinder, ich weiß es nicht. Setzt euch und wartet ab.«
    Hach. Immer diese schreckliche Ungeduld.
    Emil kramte lange und nachdenklich in einer riesigen Plastiktüte herum. Schließlich fischte er ein kleines weiches Päckchen aus der Holzwolle.
    »For you!« Mit unsicherer Geste überreichte er Karl das Päckchen. Karl riss mit unbeirrter Miene das Papier ab. Zum Vorschein kam eine grüne Pudelmütze.
    »Will der mich verarschen, der Sack?!« Karl schleuderte die Mütze von sich.
    »Karl! Willst du dich wohl bedanken! Lo-hos!« Ich zwang mich, eine ernste

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