Der gemietete Mann: Roman (German Edition)
Firma gekauft!«
»Das musst du mir erklären.«
»Ich hab das getan, was viele woanders ebenso machen. Ich bin Produzentin von ›Wört-Flört‹ geworden.«
»Und woher hattest du das Geld?«
»Dazu brauchte ich natürlich einen Sponsor. Da bot sich dieser Nougatriegel-Fritze an. Sie schickten mir Bönninghausen. Ich hab zugeschlagen. Und von dem Tag an hab ich aufgehört, den Zuschauern zu Willen zu sein. Ein großartiges Gefühl! Ich hab nur noch gemacht, wozu ich Lust hatte. Ich hab Kerle aufgerissen, ich hab gelebt und geliebt und gehurt und gesoffen! Und ich bin ein glücklicher Mensch geworden. Siehst du ja.« Sie lehnte sich wohlig zurück. Ihr zweiter Blusenknopf wollte schier aufspringen vor Glück.
Ich war zusammengezuckt. Ausdrücke hatte die! Aber sie war mir sympathisch, bei Gott. Eine Klassefrau. Wenn sie doch nur den Blusenknopf schließen würde! Und EINMAL Zähne putzen, nur EINmal! Warum musste sie ihre Loslösung von allen Äußerlichkeiten denn gleich so übertreiben?
»Ich zahle dir weiß Gott genug.« Oda-Gesine verströmte Nougatwolken. »Da kannst du ruhig ein bisschen unglücklich sein.«
»Bitte?!«
»Ich WILL den Beweis«, sagte Oda-Gesine. »Vor zwanzig Jahren hat es doch noch nicht geklappt. Die Leute wollten entweder eine ganz junge, makellose Moderatorin ohne Übergewicht und Ecken und Kanten oder einen Kerl. Bei Kerlen haben sie’s schon immer akzeptiert.«
»Was?«, fragte ich, obwohl ich wusste, was sie meinte.
»Na, Übergewicht und Alter«, sagte Oda-Gesine genüsslich. »Und ob ein Moderator Kinder hat und wie viele, ist überhaupt kein Thema. Bei Frauen wohl. Damals zumindest. Aber es ist viel Wasser den Rhein runtergeflossen seither. Zwanzig Jahre. Frauenbewegung. Die Gesellschaft hat sich geändert. Alle reden von Gleichberechtigung. Die Politik ist vollgestopft mit Quotenfrauen. Ich WILL den Beweis.«
»Moment mal. Heißt das, du hast mich engagiert, weil du selbst noch eine Rechnung offen hast mit dem Fernsehpublikum?«
»Nimm es, wie du willst. Ich war fair. Ich hab kein blödes Dummchen engagiert. Du bist eine Frau mit Format.«
»Danke, danke, aber mein Format passt nicht mit dem Format dieser Sendung überein. Sorry, wenn ich das so sage.«
»Schätzchen, das wird sich noch herausstellen. Du hast mit großem Erfolg eine Scheidungssendung moderiert. Warum solltest du nicht mit dem gleichen Erfolg eine Kuppelsendung moderieren? Jetzt fang bloß nicht an zu heulen.«
»Weil das ein ganz anderes Publikum ist!« Ich versuchte, nicht zu schreien.
»Schätzchen, pass mal auf. Du bist eine Frau. Das verübeln sie dir. Männer moderieren alles, von Sport bis Flirt. Dabei dürfen sie dick sein, alt sein, Haarausfall haben und einen Schmerbauch, unrasiert sein, dürfen in Joppe und Weste auftreten, in Turnschuhen und in Bollerhosen. Frauen auf dem Schirm sind schlank und jung und blond und kühl. Sie tragen dezente Hosenanzüge oder Kostüme Größe achtunddreißig. Und sie haben niemals – hörst du! –, NIEMALS Kinder. Schon gar nicht mehrere. Und mit diesem Klischee räumen wir jetzt auf.« Sie rieb sich die Hände.
»Du siehst ja, dass das nicht klappt! Für solche Experimente herrscht keine Akzeptanz! Besonders Frauen lehnen es ab, ihresgleichen auf dem Bildschirm betrachten zu müssen!«
»Schätzchen. Wir stehen bald am Beginn des neuen Jahrtausends. Wie lange wollen wir uns diesen albernen Regeln der Gesellschaft noch beugen?«
»Du wirfst mich ihnen also zum Fraß vor« , entfuhr es mir. »Weil du eine Rechnung offen hast.«
»Ich bezahle dich gut dafür«, sagte Oda-Gesine mit entwaffnender Direktheit. »Du hast bei mir den Frauen-Bonus. Ein Kerl hätte nicht halb soviel Geld von mir bekommen. Um ehrlich zu sein, nicht ein Viertel.«
Ich musste grinsen. Eigentlich war sie doch total in Ordnung, die Oda-Gesine. Ich mochte sie, wahrlich.
»Wir müssen den Karren nur noch in die richtige Richtung drehen«, überlegte Oda-Gesine kauend.
»Welchen Karren?«
»Wir müssen uns noch was PR-mäßiges einfallen lassen. Du bist einfach völlig uninteressant. Skandälchen hast du ja nicht. Hinterziehst keine Steuern und treibst es nicht mit einem Praktikanten. Aber unseren Jungs vom Kreativ-Team wird schon noch was einfallen.«
»An was hättest du denn gedacht?«
»Keine Ahnung, aber dafür bezahl ich die Burschen, dass die sich ihre hübschen Köpfchen zerbrechen«, sagte Oda-Gesine. »Und jetzt mach, dass du in die Probe kommst.«
Mit einem lachenden
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