Der gemietete Mann: Roman (German Edition)
Riemchensandalen und die Nähte vom Strumpf und das Tüchlein im Revers. Während das Publikum im Saal hockte und »Wört-Flört-Törts« in sich reinstopfte und Herr Bönninghausen den Kopf schüttelte!
Welch unabwendbares Schicksal! Ich KONNTE mich gar nicht ändern, selbst wenn ich wollte! Und ich wollte, o ja! All ihr Monikas und Margas und anonymen Legastheniker, ich WILL mich ändern, glaubt mir’s, denn selig sind, die guten Willens sind! Aber man lässt mich nicht!
Bevor ich Sascha weiter verärgerte, hielt ich lieber den Mund.
Silvia steckte wie immer um diese Zeit ihren wasserstoffblonden Kopf zur Tür herein: »Karla, magst vielleicht an Schluck Sekt?«
»Nein, Silvia, danke, wie immer mag ich auch heute keinen Schluck Sekt.«
Erstens war der Sekt warm, zweitens war er viel zu süß, drittens trank ich nicht im Dienst und auch nicht als stillende Mutter, und viertens war der Sekt genau wie der Nougatriegel von der Firma Bönninghausen. Ein Grund, ihn zu boykottieren.
»Also ich lasse dir mal an Glaserl hier stehen«, sagte Silvia wie immer, »falls du doch noch magst.« Sie stellte das Glaserl wie immer vor meine Nase, und ich fühlte mich wie ein anonymer Alkoholiker im Härtetest: Nein, mein Glaserl trink ich nicht.
Rolf, mein künstlerischer Berater, der mir immer die Anmoderationen schrieb, kam mitsamt Maik, dem fleißigen Neger-Halter, in die Maske und fragte, ob ich schon bereit sei, die Fragen noch einmal durchzugehen. Sascha war aber noch beim Bepinseln der Augenlider, weshalb ich selbige nicht öffnen durfte. Sascha wollte nicht hingehen und rumschlampen, also hielt ich still und ergab mich in mein Schicksal. Die Tür öffnete sich wieder, und Emil kam mitsamt meinem hungrig knarzenden Töchterlein herein.
»Geht’s jetzt?«, fragte er schüchtern.
Paulinchen weinte.
»Natürlich geht’s.« Entschlossen riss ich mir den Pullover hoch.
»Dann muss ich eben hingehen und die Augen später machen«, sagte Sascha.
Dann ging er hin und wickelte erst mal die Haare auf die üblichen Lockenwickler. Ich presste mein Kind an den Busen und liebäugelte mit dem lauwarmen Sekt. Wenn das alles hier kein Grund zum hemmungslosen Besaufen war!
Aber nein. Eisern sein. Stillende Mütter saufen nicht.
Außerdem muderiere ich gleich ohne Hirn und Emution zwei Sendungen. Trotz aller Widrigkeiten liegen die Einschaltquoten immer noch bei fünf Millionen. Da kann man nicht hingehen und saufen.
Rolf begann mit der üblichen Zeremonie: »Ich bin die Jasmin und komme aus Rothenburg ob der Tauber, und von Beruf bin ich Parfumfachverkäuferin.«
Na und? wollte ich sagen, aber das stand nicht auf dem Neger. Auf dem Neger stand »SPASS?«.
»Macht das Spaß?«, fragte ich artig.
»O ja«, sagte Rolf, ganz wie er es mit Jasmin besprochen hatte, »das macht Spaß, weil, wenn ich abends nach Hause komme, dann packe ich immer die Pröbchen aus, die ich bekommen habe, und dann stelle ich sie im Badezimmer auf die Konsole, ich habe schon zweihundert Pröbchen, und die kann ich alle am Geruch unterscheiden.«
Geh doch zu »Wetten dass«, wollte ich sagen, aber das stand auch nicht auf dem Neger. »FZ« stand da.
»Was machst du in deiner Freizeit?«
Ich rieche an Pröbchen, müsste sie antworten, aber es hieß: »Ich spiele unheimlich gern Badminton und Beach-Volleyball.«
Prima, hätte ich gern gesagt. Dann geh schön und spiel.
Aber die nächste Frage lautete: »Erlebnis?«
»Hattest du dabei schon mal ein besonderes Erlebnis?«, leierte ich unwillig herunter. Paulinchen schmatzte.
»O ja!«, freute sich Rolf alias Jasmin. »Letztens, als ich gerade barfuss durch den Sand sprang, bin ich mitten in einen Haufen Hundekacke getreten. Hahaha! Das war lustig!«
Keine Bezüge. Keine Nachfrage. Das schneidet die arme Tanja alles raus. Also gleich die logische Frage nach dem Traummann.
»Wie sieht dein Traummann aus?«
»Äh …«, sagte Rolf, da musste er erst mal nachgucken in seinen Notizen, die er sich über Jasmin gemacht hatte. »Watte ma, hat die überhaupt einen? Also Brett Pitt haben wir ihr ausgeredet, ich glaube, die sagt jetzt Til Schweiger.«
»Das ist ja echt mal ’ne Alternative«, sagte ich. »Diese Sendung eröffnet ja noch ungeahnte Horizonte.«
Ich bitte um die Wand.
In dieser Sendung passierte mir etwas Unverzeihliches, und ich schäme mich noch heute. Besonders, weil ich Oda-Gesine angelogen habe. Ausgerechnet Oda-Gesine, die zu mir immer fair war. Ach, Oda-Gesine. Auf diese Weise wirst
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