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Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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in den Flur, wo auf einem Wandbrettchen das Telefon stand. Sie wählte und sagte dann: »Isolde hier. Hör mal, Doktor, ich kann nicht in dieses Schlammbad fahren, ich habe einen Trauerfall in der Familie. - Nein, liebster Doktor, das ist zu wichtig, da lass' ich den Schlamm sausen. - Nein, ich rege mich nicht auf, ich nehme auch brav meine Pillen. Mach's gut, Doktor.« Dann kam sie wieder herein. »Das habe ich vom Hals. Nun kann ich mit euch fahren.«
      »Wir werden aber dauernd unterwegs sein«, wandte ich hastig ein.
      »Das macht doch nix«, sagte sie einfach. »Ihr braucht kein Händchen zu halten, ich bin allein alt geworden. Ich kann ja ein Hotelzimmer nehmen.«
      »Ich glaube, das ist eine wirklich gute Idee. Du wirst uns sehr helfen können«, sagte Germaine, ehe ich noch irgend etwas dagegen sagen konnte.
      »Leg dich mal eine Weile in mein Bett, Kindchen«, sagte Isolde. »Ich vergesse immer, daß ihr ja gar nicht geschlafen habt.« Sie nahm Germaine um die Schulter und ging mit ihr hinaus. Ich paffte eine Pfeife vor mich hin und dachte darüber nach, wie der General es fertiggebracht haben könnte, sein eigenes Gutachten zu klauen. Ich hoffte inständig, daß Isolde davon etwas wußte.
      Ich muß wieder eingeschlafen sein, denn ich schrak hoch, weil sie mich an der Schulter rüttelte und jammerte. »Ach Gott, wo steckt sie denn bloß? Sie wird doch keine Dummheiten machen.«
      »Was ist denn?«
      »Germaine ist weg. Ich wollte gucken, ob sie gut schläft, aber sie ist weg. Im Bad ist sie auch nicht.«
      »Wieviel Uhr ist es denn?«
      »Es ist drei, ich habe meine Koffer gepackt, wir können. Wo mag sie nur stecken?«
      »Machen Sie sich keine Sorgen. Sie ist in Berlin zu Hause. Sie taucht bestimmt bald wieder auf. Hören Sie, ich mache mir jetzt einen Kaffee. Können wir dann reden?«
      »Ich darf doch eigentlich nichts sagen, das sind ja alles Dienstgeheimnisse. Als ich in Pension ging, haben sie gesagt: Die Geheimhaltungspflicht wird niemals aufgehoben, bis zum Tod nicht.«
      »Die Leute, die ihn umgebracht haben, halten sich auch nicht an Geheimhaltung. Und er zumindest ist jetzt tot.«
      »Ja, ja, Sie haben ja recht.«
      Ich ging in die Küche, braute mir einen Kaffee, dann hockte ich mich in einen Sessel und stopfte mir die Jean-tet. Isolde setzte sich mir gegenüber und sah so aus wie ein braves, folgsames Kind, das versucht, sich an alles zu erinnern, wonach man es gefragt hat.
      »Germaine hat mir von dem Gutachten erzählt. Es kann sein, daß diese Geschichte nichts mit seinem Tod zu tun hat, sie kann aber auch der Grund sein. Hatte er in Washington irgendwelche Beziehungen zu den Russen?« fragte ich zur Einleitung.
      »O Gott, nein!« sagte sie so schnell und heftig, als sei das ein Makel.
      »Aber man meint inzwischen doch, auch offiziell, daß Russen so schlechte Leute gar nicht sind«, wandte ich ein.
      »Sicher, und das ist gut so, aber dienstliche Beziehungen zu Russen waren trotzdem streng verboten, von privaten wollen wir gar nicht erst reden. Es gab wohl schon mal Russen, mit denen man auf Empfängen in Berührung kam, aber eben nur oberflächlich.«
      »Gut. Also keine sichtbare Verbindung zu Russen. Kommen wir zu dem verschwundenen Gutachten. Wie konnte das geschehen?«
      »Ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht.« Sie war mir viel zu rasch mit der Antwort. »Und außerdem lag es ja im Safe in der Botschaft, nicht bei uns.« Sie wich meinem Blick aus.
      Der Punkt war offensichtlich heikel, und ich beschloß, ihn sofort zu verlassen. »Germaine sagte, er habe so eine sonderbare, aber nette Art gehabt, mit seinem Testament umzugehen.«
      »Ja, die hatte er.« Sie strahlte. »Aber das kam nur von seinem guten Herzen, von nix sonst. Was wollen Sie denn darüber wissen?« Sie sah mich fast schelmisch an.
      »Ich weiß nichts davon. Erzählen Sie bitte alles, was Sie darüber wissen.«
      »Also, er besaß ... nun, er besaß ziemlich viel, könnte man sagen. Er brauchte eigentlich nicht zu arbeiten. Ja, er besaß viel. Dieses Haus zum Beispiel auch.«
      »Es ist sein Haus?«
      »Ja. Er hat es mir gekauft. Jetzt ist es mein Haus.« Sie lächelte. »In dieser Wohnung lebten meine Eltern, und sie sind auch hier gestorben. Dann zogen andere Mieter ein, ich war ja in Bonn und Washington und so. Nach meiner Pensionierung wußte ich nicht genau, wohin, und ich erzählte ihm mal, es sei mein Traum, in diesem Haus

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