Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
ich leicht nuschelnd.
      »Dann sollten Sie es auch lassen«, sagte sie, als spräche sie mit einem unartigen Kind.
      Germaine kam eine Viertelstunde später sehr blaß zurück, sah mich auf dem Sofa liegen und fragte entgeistert: »Hattest du einen Unfall?«
      »Er wurde bei mir im Hof verprügelt!« sagte Isolde. »Und er leidet ein bißchen unter Verfolgungswahn. Er glaubt, daß es irgendein bezahlter Schläger war, den ein finsterer Geheimdienst geschickt hat.«
      Ich starrte sie an und begriff, daß sie mir die ganze Zeit nicht geglaubt hatte. Ich sagte verbittert: »Er bestellte schöne Grüße aus Bonn und schlug mich zusammen.«
      »Seepferdchen, du bist schrecklich«, sagte Germaine. »Baumeister darf nicht untersuchen, aber er untersucht. Natürlich lassen sie ihn verprügeln.«
      »Das ist doch nicht dein Ernst«, meinte sie abwehrend.
      Germaine verzog den Mund. »Ich muß es dir einmal sagen: Du bist eine kluge Frau. Und du bist genau an den Stellen naiv, an denen es dir paßt.«
      Jetzt begriff sie, jetzt nahm sie es an. »Tut mir leid, ich habe es wirklich nicht geglaubt. Setz dich doch. Wo hast du denn gesteckt? Komm, ich mach' dir einen Kaffee.« Als Isolde schon draußen war, murmelte Germaine abwesend: »Ich bin rumgelaufen. Tut es weh, Baumeister?«
      »Mit der Zeit gewöhnt man sich dran«, sagte ich. Dann sah ich ihr direkt in die Augen. »Du warst bei deiner Mutter, nicht wahr?« Sie nickte, wich meinem Blick aus und wiegte sich hin und her. »Sie ist krank. Sie liegt zu Hause und ist krank. Sie machte mir auf, sie sah mich und... Es war schrecklich, Baumeister, einfach schrecklich.«
      »Meinst du, daß wir trotzdem bald fahren können?«
      »O ja. Ich will weg hier, ich will ganz schnell weg. Mami hat Aids, Baumeister.« Ich nahm sie in den Arm, und sie schluchzte wie ein ganz kleines Mädchen.
     
     

* Achtes Kapitel
     
    Wir verließen Berlin gegen acht Uhr am Abend. Germaine fuhr blaß, schweigsam und verbissen die erste Etappe.
      Ich spielte mit der Idee, Isolde weiter zum General auszufragen, aber ich ließ es, weil sie ganz versunken war in ihrem Schmerz, weil mein Gesicht brannte, weil ich Kopfschmerzen hatte, und weil Germaine überdies so vieles durch den Kopf gehen mußte, bei dem ich sie nicht stören wollte.
      In Hannover-Garbsen machten wir halt, und jeder von uns lief ein paar hundert Meter allein über den Parkplatz.
      Dann hockten wir uns schweigsam an einen Tisch und schlürften einen grauenhaften Automatenkaffee.
      Morgens um vier waren wir in der Eifel. Krümel war nicht da. Ich befahl uns allen, ins Bett zu gehen. Germaine nahm irgendwelche Pillen, ging nach zehn Minuten leicht schwankend die Treppe hinauf und verschwand in ihrem Zimmer. Ich bezog mein Bett für Isolde, die am Fenster stand und protestierte: »Es ist eine Schande, ins Bett zu gehen, wenn der Tag kommt. Kann ich sein verbranntes Haus sehen?«
      »Natürlich, wir fahren später hin. Aber erst schlafen.«
      »Wo schlafen Sie?«
      »Irgendwo. Ich bin hier zu Hause.«
      Sie zögerte. Dann sagte sie leise: »Germaine geht es sehr schlecht.«
      »Ja«, sagte ich. »Aber wir helfen niemandem, wenn wir jetzt nicht schlafen. Frühstück nicht vor zwölf.«
      Sie schaute mich an wie einen Unmensch, aber ich wußte, daß ich recht hatte. Ich zog mit dem Schlafsack hinaus unter die Birke an der Bruchsteinmauer. Das Thermometer zeigte neunzehn Grad, der Tag war jung. Ich hatte versucht, wilde Akelei in den reinen Farben rot und violett zu ziehen. Es war nicht ganz gelungen, aber sie blühten kräftig. Krümel kam herangeschnürt und kroch zu mir in den Schlafsack. Ich war zu Hause.
      So schliefen wir ein, und ich wurde nur einmal kurz wach, als dicht bei uns eine Haselmaus nichtsahnend den Tag begann und im dürren Laub herumkramte. Krümel stemmte sich zum Absprung fest gegen meine Brust.
      Das nächste Mal wurde ich wach, weil ich Kaffee roch, ein großer Topf davon stand vor meiner Nase.
      »Guten Morgen«, sagte Isolde. »Das ist ja wunderbar hier.«
      »Es ist meine Welt. Haben Sie gut geschlafen?«
      »Überhaupt nicht, aber in meinem Alter macht das nix. Ich habe im Leben genug geschlafen. Ich habe über Germaine und ihre Mutter nachgedacht und darüber, daß Sie verprügelt wurden. Ich bin wohl in dem Alter, in dem man häßliche Dinge nicht sehen will. Ist das da Akelei?«
      »Ja, und zwischen den wilden Holunderbäumen da hinten

Weitere Kostenlose Bücher