Der General und das Mädchen
danach gut versteckte. Der General wurde mit einem Gewehr umgebracht. Außerdem wurde mit demselben Gewehr dann Carlo erschossen. Hatte Carlo ein Gewehr?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das hätte ich bestimmt gewußt.«
»Was ist mit dem Gittmann bei der SPD? Solltest du da auch ein Kabel legen?«
»Ja. Das war für jetzt geplant. Ich sollte ihn abtesten und dann an Carlo weitergeben.«
»Zurück zu Carlo. War er denn sofort bereit, mit dem General ins Tessin zu fahren?«
»Absolut. Er hat mir auch geschworen, mit der Pistole keinen Mist zu bauen.«
»Ich frage mich, warum ihr überhaupt das Risiko eingegangen seid, Carlo eine Waffe zu geben.«
»Jonny sagte: reine Psychologie.« Sie starrte hinunter in den Schafwollteppich, und sie wirkte plötzlich zehn Jahre älter. »Weißt du, Carlo war ein Träumer. Er war plötzlich Agent, und er fand das unheimlich gut und spannend. Wie im Kino. Er kam auf die Idee, daß er mich beschützen mußte, und faselte dauernd von einer Waffe. Wir trafen dann Jonny in Dernau im Ahrtal in einer Kneipe, und Jonny sagte, Carlo hätte ganz phantastisch gearbeitet. Ich saß dabei und dachte: Mensch, Jonny, erzähl doch nicht so einen Scheiß! Carlo hat überhaupt nicht gearbeitet. Carlo ist eben Carlo, ein netter Typ, und alle mögen ihn, und also mag ihn der General auch. Aber ich habe nichts gesagt, und Carlo war sehr stolz und sagte irgend etwas von einer Waffe und Schutz für die Moni. Jonny schaltete sofort und meinte, eine Waffe wäre drin. Später nahm er mich vor: Ich sollte eine Knarre besorgen, möglichst ohne Nummer und so. Da habe ich sie eben besorgt und Carlo zum Geburtstag geschenkt.«
»Weil du ihn geliebt hast?«
»Ich weiß nicht. Carlo hatte anfangs nicht einen Hauch Selbstachtung, er war in seinen eigenen Augen der letzte Arsch. Ich änderte das, der General änderte das, und die Waffe änderte das noch mehr. Ich hasse seinen Vater, und ich hasse seine Mutter. Carlo hatte null Ahnung vom Leben, verstehst du? Er hat nicht mal schnallen wollen, daß ich eine Hure bin, er hat... er hat mich nur geliebt. VVie heißt du eigentlich?«
»Baumeister, Siggi Baumeister. Habt ihr denn nun bei dem General die Manuskripte entdeckt?«
»Nicht die Spur. Wieso weißt du das nicht? Ist das dein wirklicher Name?«
»Nein, Arbeitsname. Und kümmere du dich nur um die Antworten. Wir können erst zufrieden sein, wenn wir wissen, wer den General getötet hat. Also: Jonny oder Axel haben auf keinen Fall gesagt, er soll getötet werden. Nur überwachen, nur die Manuskripte besorgen, im äußersten Fall eine Erpressung mit Schwulität. Ist das richtig so?«
»Ja.« Sie stand auf, ging an die Kaffeemaschine und goß uns zwei große Becher ein.
»Hat Carlo dich zu Ende gemalt?« fragte ich.
»O ja, warte mal.« Sie lief hinaus und kam nach einigen Augenblicken mit einer Mappe zurück. Er hatte sie in Kreide, in Rötel, in Kohle, in Öl gemalt, und er hatte all seine Träume hineingelegt. Sie wirkte wie eine Fee, die seine Tage schön machen konnte.
»Du solltest sie aufhängen, sie sind toll.«
»Ich habe mich nicht getraut.« Sie lächelte. »Er war schon ein verrückter Hund, weißt du. Sein Vater hat ihn so kaputtgemacht. Er hat mit zehn Jahren immer zusehen müssen, wenn bei denen geschlachtet wurde. Sein Vater zwang ihn dazu. So wie mich mein Vater dazu gezwungen hat, mit ihm zu schlafen. Carlo und ich, wir hatten ein Zelt in diesem Munilager, wir haben da richtig gelebt, und niemand kam. Carlo wurde ruhig, selbstbewußt, gar nicht hektisch .« Sie steckte einen Finger in den Mund. »Es war schön.«
»Weißt du, ich denke, die Fehler sind von Axels und von Jonnys Leuten gemacht worden. Da müssen sich am Haus des Generals verdammt viele herumgetrieben haben. Leute von den Diensten, meine ich.«
»Na logisch, wir haben immer lachen müssen. Aber ich finde, daß Jonnys Leute noch die ehrlichsten sind. Die sind eben von der CIA und sagen es meistens auch, und sie waren schon in den Staaten am General dran. Ich weiß genau, daß Axels Leute in den Staaten aus dem Fall rausgeschmissen wurden. Dann waren da Männer von der NATO in Brüssel, dann die Bundesanwaltschaft wegen Geheimnisverrat, das Bundeskriminalamt Meckenheim... Sechs Parteien waren an dem dran. Jonny sagte, die Deutschen hätten eine Macke mit ihrer Geheimniskrämerei ...«
»Aber das muß dem General doch aufgefallen sein.«
Sie
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