Der General und das Mädchen
Wochen zusammen mit Carlo bei ihr in Berlin war.«
»Wie bitte? Was wollte er denn da?«
»Er hat mit dem britischen Stadtkommandanten gesprochen, aber sie weiß nicht, über was. Sie war allein mit Carlo, und der hat ihr erzählt, er sei zusammen mit dem General durch ganz Schleswig-Holstein gereist. Der General wäre über Elbdeiche spaziert, hätte am Kanal Lauenburg-Ratzeburg gestanden, Kanaldeckel angeguckt.«
Warum hat Moni mir nichts davon gesagt? dachte ich. »Hat der General denn dem Carlo gesagt, warum er diese Reise macht?«
»O ja, und zwar sehr genau. Der General hat gesagt, daß nach der NATO-Planung ganz Schleswig-Holstein in die Luft gejagt wird, wenn der Osten angreift. Und die Einrichtungen, die dazu da sind, die hat sich der General angeschaut und dem Carlo gezeigt. Für Carlo war es so eine Art Nachhilfeunterricht, und der General hat gesagt, wenn man etwas gegen den Irrsinn der Rüstung unternehmen wolle, müsse man zuerst diese Dinge aus der Welt schaffen. Ahnst du etwas?«
»Etwas in meinem Hirn beginnt sich zu lichten, aber ich weiß noch nicht genau, was ich sehe. Einige Dinge müssen wir ganz schnell hinter uns bringen. Ich möchte mir jenen Ulf Decker in Meckenheim ansehen, der unter dem Arbeitsnamen >Martin< die Generalshäuser in die Luft gejagt hat. Und dann brauchen wir diesen Gittmann von der SPD. Fahr bitte zur nächsten Telefonzelle in Adenau und mach einen Termin mit Gittmann. Egal wann, möglichst vorgestern.«
Als sie zurückkam, hatte ich das Zelt abgebaut und hinter einem Gebüsch neu aufgestellt. Es war sehr unwahrscheinlich, daß jemand hier herumstrolchte, aber ich wollte es nicht herausfordern.
»Morgen früh um acht Uhr zu Hause bei Gittmann in St. Augustin. Er hat einen mordsmäßigen Schreck gekriegt und kategorisch erklärt, man habe ihm verboten, über den General zu sprechen. Darauf sagte ich ihm, dann stünde er aber dumm in der Gegend herum, wenn wir in der einschlägigen Presse den Mund aufmachen. Da wurde er handzahm.«
»Gut, sehr gut, jetzt nach Meckenheim. Unterwegs erzähle ich, was in Godesberg war, und du wirst die Geschichte in deinem Herzen wälzen und die Lösung finden.«
Aber sie fand die Lösung nicht, sie fand nur ekelhaft, was man mit dem General vorgehabt hatte. Wir erreichten Meckenheim gegen 17.30 Uhr.
»Wir trennen uns. Du fragst in den Geschäften, Kiosken, Tankstellen nach der Familie von Ulf Decker. Wir treffen uns hier am Wagen.«
»Aber ich brauche doch irgendeine Begründung.«
»Du kannst ja behaupten, du ziehst hier ein.«
Es war eine Siedlung in Igelform, die Straßen meist schmal wie Gassen und nur als Fußgängerwege angelegt. Sie führten sternförmig auf die Siedlungsmitte zu und endeten in Wendehämmern. Überall waren Leute in den kleinen Gärten; ein Mann mit einem Eiskarren hinter einem Fahrrad machte blendende Geschäfte, die Kinder spielten hordenweise, aber ohne Lärm zu machen; Erwachsene standen in Gruppen zusammen und schwatzten über den Tag - eine offensichtlich ordentliche Siedlung. Jemand hatte eine Tonplatte geformt, den Namen Decker in Zöpfen geflochten auf die Platte gelegt und das Ganze feuerrot gebrannt. Um dieses Schild hing ein Kranz aus Strohblumen, es wirkte traut. In dem winzigen Vorgarten standen zwei ziemlich mickrige Wacholder.
Ich sah die Einfahrt zu einer Tiefgarage und hatte den nötigen Anknüpfungspunkt. Ich ging auf eine dicke Frau los, die ein paar Häuser weiter in gebückter Haltung keuchend die harte Erde um einen Oleander lockerte. »Guten Tag!« sagte ich leutselig. »Ich ziehe hier zu und wüßte gern, ob man da unten in der Tiefgarage noch einen Stellplatz mieten kann.«
»Aber sicher«, sagte sie forsch und sah mich mit einem feuerroten, fröhlichen Gesicht an. »Jedes Haus hat unten einen Stellplatz. Die meisten haben zwei Wagen und stellen den zweiten im Wendekreis ab. Welches Haus übernehmen Sie denn?«
»Das ist noch nicht klar, ich habe mehrere Angebote. In der Reihe, wo die Familie Decker wohnt.«
»Ach ja, die Deckers. Da kriegen Sie ruhige Nachbarn. Er ist ja die Woche über nie da und manchmal sogar am Wochenende weg. Nur die Frau mit den Kindern ist da. Ruhige Leute, will ich mal sagen.«
»Wo arbeiten denn die Männer hier?«
»Bundeswehr, diplomatischer Dienst, Ministerien. Wir sind sozusagen die dienstbaren Geister von Bonn. Und Sie? Auch Bonn?«
»Auch Bonn. Danke für die
Weitere Kostenlose Bücher