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Der General von Dorsai

Der General von Dorsai

Titel: Der General von Dorsai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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nicht so alt aussehe. Wie alt schätzen Sie mich?“
    Donal musterte ihn neugierig. Trotz Überdruß und Langeweile, die ihre Spuren darin hinterlassen hatten, wies Montors Gesicht die zum Teil noch unreifen Züge eines gerade erst erwachsen werdenden Jugendlichen auf. Der dichte, ungekämmte Haarschopf und die flegelhafte Art und Weise, in der er in seinem Sessel lag, verdichteten diesen Eindruck noch.
    „Fünfundzwanzig Standardjahre“, sagte Donal.
    „Dreiunddreißig“, erwiderte ArDell. „Bis zu meinem neunundzwanzigsten Lebensjahr war ich Schüler, ein Asket. Glauben Sie, ich trinke zuviel?“
    „Daran dürfte wohl kaum ein Zweifel bestehen“, antwortete Donal.
    „Der Meinung bin ich auch“, sagte ArDell, und für einen Augenblick erklang seine schnaubende Version eines Lachens. „Da stimme ich Ihnen voll zu. Daran besteht kein Zweifel – eins der wenigen Dinge in diesem gottverdammten Universum, an denen überhaupt kein Zweifel besteht. Aber das ist es nicht, worüber ich mich gern mit Ihnen unterhalten hätte.“
    „Was denn?“ Donal nippte erneut an seinem Whisky.
    „Mut“, sagte ArDell und sah ihn mit einem leeren, durchdringenden Blick an. „Haben Sie Mut?“
    „Das gehört zur Standardausrüstung eines Soldaten“, sagte Donal. „Warum fragen Sie?“
    „Und keine Zweifel? Keine Unsicherheiten?“ ArDell schwenkte die goldfarbene Flüssigkeit in seinem großen Becher und nahm einen Schluck davon. „Keine verborgenen Ängste, die Ihre Knie weich werden und Ihr Herz hämmern lassen, wenn der entscheidende Augenblick kommt? Die den Wunsch in Ihnen wecken, zurückzuweichen und wegzulaufen?“
    „Ich werde ganz gewiß nicht zurückweichen und weglaufen“, sagte Donal. „Schließlich bin ich ein Dorsai. Und was das angeht, was ich in solchen Augenblicken fühle … ich kann Ihnen nur sagen, daß ich noch nie so empfunden habe, wie Sie es eben ausdrücken. Und selbst wenn das der Fall wäre …“
    Ihr Gespräch wurde von einem kurzen, melodischen Geläut unterbrochen, das über ihnen erklang.
    „Phasenverschiebung in einer Standardstunde und zwanzig Minuten“, gab eine Stimme bekannt. „Phasenverschiebung in einer Standardstunde und zwanzig Minuten. Den Passagieren wird empfohlen, nun die Tabletten einzunehmen und zu Bett zu gehen, damit die Verschiebung zu keiner Beeinträchtigung des Wohlbefindens führt.“
    „Haben Sie bereits eine Pille geschluckt?“ fragte ArDell.
    „Noch nicht“, erwiderte Donal.
    „Aber Sie holen das noch nach?“
    „Natürlich.“ Donal musterte ihn neugierig. „Warum nicht?“
    „Erscheint Ihnen die Einnahme von Medikamenten zur Vermeidung der unangenehmen Nebenwirkungen einer Phasenverschiebung nicht als eine Art Feigheit?“ fragte ArDell. „Ist es nicht so?“
    „Das ist eine idiotische Ansicht“, gab Donal zurück. „Genausogut könnten Sie sagen, es sei feige, Kleidung zu tragen, damit man die Kälte nicht ertragen muß und es warm und bequem hat. Oder zu essen, um keinen Hunger zu leiden. Das eine ist eine Sache der Bequemlichkeit, das andere …“ – er dachte einen Augenblick nach – „… eine Pflicht.“
    „Mut ist also das Akzeptieren einer Pflicht?“
    „… die im Gegensatz zu persönlichen Wünschen und Neigungen steht“, sagte Donal. „Ja.“
    „Ja“, sagte ArDell nachdenklich. „Ja.“ Er stellte sein leeres Glas auf die Theke und bestellte sich einen neuen Drink. „Ich wußte , daß Sie Mut haben“, fügte er in Gedanken versunken hinzu, während er beobachtete, wie sein Glas in der Bar verschwand, wieder gefüllt wurde und sich dann erneut zur Thekenoberfläche hob.
    „Ich bin Dorsai“, sagte Donal.
    „Ach, ersparen Sie mir die Verherrlichung genetischer Spezialisation und sorgfältiger Erziehung!“ sagte ArDell scharf und griff nach dem wieder gefüllten Glas. Als er sich ihm erneut zuwandte, erkannte Donal, daß das Gesicht des Newtoniers verzerrt war. „Zum Mut gehört mehr als das. Wenn er nur auf Ihre Gene zurückzuführen wäre …“ Er brach plötzlich ab und beugte sich zu Donal vor. „Hören Sie.“ Er flüsterte nun beinahe. „Ich bin ein Feigling.“
    „Wirklich?“ fragte Donal gelassen. „Woher wollen Sie das wissen?“
    „Ich bin ganz verrückt vor Angst“, flüsterte ArDell. „Ganz verrückt vor Angst, wenn ich an das Universum denke. Was wissen Sie über die Mathematik der Sozialdynamik?“
    „Es handelt sich um ein mathematisches System der Sozialbestimmung, nicht wahr?“ meinte Donal.

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