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Der General von Dorsai

Der General von Dorsai

Titel: Der General von Dorsai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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bewerkstelligen. Aus ihren Reaktionen auf eine solche Schlußfolgerung könnten wir eine Menge ersehen – einschließlich in Hinsicht auf die Sache mit Oriente.“
    Die Verblüffung in Lludrows Gesicht wich einem nachdenklichen Stirnrunzeln.
    „Jede Streitmacht, die Newton angreift, erleidet furchtbare Verluste“, begann er.
    „Nur dann, wenn der Angriff ganz ernsthaft und mit allem Nachdruck durchgeführt wird“, unterbrach Donal eifrig. „Doch es müßte ja nur eine Finte sein – nicht mehr und nicht weniger. Es ginge nicht darum, große Schäden anzurichten, sondern die Struktur der Feindstrategie durch die Einführung eines neuen Faktors durcheinanderzubringen.“
    „Doch damit dieser scheinbare Eroberungsversuch echt und glaubwürdig wirkte“, sagte Lludrow, „müßte die angreifende Streitmacht das Risiko eingehen, total vernichtet zu werden.“
    „Geben Sie mir ein Dutzend Schiffe …“, sagte Donal, doch Lludrow zuckte zusammen und zwinkerte wie jemand, der aus tiefem Schlaf erwacht.
    „Ich soll Ihnen …“, brachte er hervor und lächelte. „Nein, nein, Kommandeur, das war eine rein theoretische Gedankenspielerei. Der Generalstab ließe sich niemals auf ein so gewagtes und unkalkulierbares Risiko ein. Und ich habe nicht die Autorität, den Angriffsbefehl eigenmächtig zu erteilen. Und selbst wenn: Wie sollte ich es rechtfertigen, eine solche Streitmacht unter das Kommando eines jungen Mannes zu stellen, der nur planetare Kampferfahrung besitzt und in seinem ganzen Leben noch kein Schiff befehligt hat?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, Graeme – aber ich muß zugeben, Ihre Idee ist interessant. Und ich wünschte, zumindest einer von uns hätte ebenfalls daran gedacht.“
    „Vielleicht hätten Sie die Güte und …“
    „Es wäre zwecklos, sich jetzt noch mit einem Plan auseinanderzusetzen, nachdem der Generalstab seit bereits einer Woche alle militärischen Operationen vorbereitet.“ Er grinste breit. „Tatsächlich würde mein Ruf durch einen solchen Vorschlag ziemlich arg in Mitleidenschaft gezogen. Aber es war eine gute Idee, Graeme. Sie haben das Zeug zu einem Strategen. Ich werde diese Tatsache in meinem Bericht an den Marschall erwähnen.“
    „Vielen Dank, Sir“, sagte Donal.
    „Kehren Sie jetzt zu Ihrem Schiff zurück“, erwiderte Lludrow.
    „Auf Wiedersehen, Sir.“
    Donal salutierte und ging. Hinter ihm runzelte Lludrow die Stirn und ließ sich Donals Darlegungen für einen weiteren Augenblick durch den Kopf gehen. Dann jedoch richtete er seine Aufmerksamkeit auf andere Dinge.

 
Amtierender Kapitän
     
    Es hieß, überlegte Donal, daß Raumschlachten nur mit gegenseitigem Einverständnis ausgetragen werden konnten. Das war eins dieser Prinzipien, denen er mißtraute. Und insgeheim hatte er sich vorgenommen, diese Art von Grundsätzen zu widerlegen, wenn sich ihm die Gelegenheit dazu bieten mochte. Doch als er nun in der Zentrale der K4J vor dem Schirm des Kontrollauges stand und beobachtete, wie die Feindschiffe aus der Phase kamen, sich mit hoher Geschwindigkeit näherten und dabei immer größer wurden – da mußte er zugeben, daß das Prinzip in diesem Fall zutraf. Jedenfalls in dem Ausmaß, wie es tatsächlich zu einem gegenseitigen Einvernehmen kommt, wenn man einen Punkt angreift, von dem man weiß, daß ihn der Feind verteidigen wird.
    Aber was, wenn er ihn doch nicht verteidigte? Was, wenn er ein völlig unerwartetes Manöver durchführte?
    „Kontakt in sechzig Sekunden! Kontakt in sechzig Sekunden!“ kündigte der Deckenlautsprecher an.
    „Alles anschnallen“, sagte Andresen ruhig in den Sprecher vor ihm. Er saß in einem „Zahnarztsessel“ auf der gegenüberliegenden Seite der Zentrale, zu beiden Seiten flankiert von seinem Ersten und Zweiten Offizier. Er „sah“ das Geschehen nicht in plastischen Bildern wie Donal, sondern hielt sich durch die Anzeigen seiner Instrumente auf dem laufenden. Und deshalb war sein Überblick entsprechend umfangreicher.
    Plump und schwerfällig in seinem Überlebens-Kampfanzug, kletterte Donal langsam in den ähnlich beschaffenen Sessel, der für ihn vor dem Auge montiert worden war, und schnallte sich fest. Falls das Schiff durch einen Feindtreffer auseinanderbrach, würde er mit dem Sitz so lange wie möglich eine Einheit bilden. Mit etwas Glück konnte er es so in vierzig oder fünfzig Stunden zu einem Rettungsschiff im Orbit um Oriente schaffen – wenn ihn der Gott des Schicksals mit tausend möglichen

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