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Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0

Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0

Titel: Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Barth
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Ewigkeit besteht aus kleinen Augenblicken». Rosa Plastik-Frösche mit lila Federboas und Porzellankühe, die auf den Hinterbeinen Polonaise tanzten. Und dann erst die «Do it yourself»-Abteilung: Bücher mit Titeln wie «Speckstein neu entdecken». Papp-Buchstaben zum Golden-Anmalen. Und vor allem Filz. Überall Filz: als Untersetzer, als Fäden, als Pompons. Was es dagegen im ganzen Laden nicht gab, waren Dinge zum Essen, zum Trinken oder mit Stecker.
    Völlig überfordert schnappte ich mir einen Verkäufer und fragte ihn, was er mir als Deko-Einsteiger für meine Wohnung empfehlen könne.
    «Kommt drauf an», sagte er. «Was für ein Oberthema hat deine Wohnung denn? Eher so ein Asia-Theme mit Bambus und Buddhas …»
    Ich schüttelte den Kopf: «Nee, mit Buddhas hab ich ganz schlechte Erfahrungen gemacht.»
    «Oder eher so New-York-Style», fuhr er fort, «oder vielleicht Afrika?»
    «Meine Wohnung hat im Moment eher so ein Wohn-Thema mit Couch und Bett», antwortete ich und aus seinen aufgeblasenen Backen konnte ich lesen: Das wird nicht einfach.
    Er schaute mich lange an. «Okay», sagte er dann, «ich glaube, du bist so der Filztyp. Ohne Filz geht in diesem Winter sowieso gar nichts.»
     
    Vier Stunden später kam ich erschöpft nach Hause. Stefan fragte: «Und, hast du Dinge gekauft?»
    Ich hielt ihm die Tüten mit meinen Einkäufen hin: eine Heißklebepistole und ein paar Filz-Pompons.
    Stefan schaute mich fragend an. «Und warum will Heide Heske, dass wir das auf die Kommode legen?»
    Ich holte den Nazi-Buddha aus der Schublade. Dann überklebte ich das goldene Hakenkreuz mit einem Filz-Pompon und lächelte Stefan etwas kraftlos an. Er klopfte mir anerkennend auf die Schulter.
    «Bin stolz auf dich», sagte er. «Und Heide Heske ist es sicher auch.»

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GEFÜHLTE GEFÜHLE
    Wichtiger Vorschlag für eine bessere Welt: Wir lassen ab sofort alle das Wort «gefühlt» vor Hauptwörtern wieder weg. Wär das was? Man hört es doch mittlerweile in jeder Studentenkneipe, jedem Szenecafé und jeder Kegelbahn: «gefühlte Ewigkeit», «gefühltes Wissen», «gefühlte Gefühle» – einfach weg damit! Nur um mal zu gucken, was passiert. Mein Tipp: gar nix.
    Klar, wir hatten eine schöne Zeit mit «gefühlt». Man konnte es in fast jeden Satz einbauen. Was viele von uns auch gemacht haben. Und wenn man zum Beispiel gesagt hat, dass man «gefühlte vier Stunden» auf den Bus gewartet hat, konnte man wenigstens sicher sein, dass auch Dummbatzen die Ironie verstehen. Lässt man das «gefühlt» weg, läuft man natürlich Gefahr, dass einer fragt: «Hä? Versteh ich nicht! Wärste doch zu Fuß gelaufen!» Aber hier kommt gleich mein zweiter Vorschlag für eine bessere Welt: Dummbatzen meiden!
     
    Man muss sich doch mal überlegen, wo der Unsinn herkommt: aus der Meteorologie. Da hat irgendwann irgendjemand – und ich würde fast wetten, dass es Ben Wettervogel war, dieser verrückte Hund. Dieser crazy Motherfucker unter den Wolken-Erklärern! Der einzige Temperatur-Vorleser mit Künstlernamen! –, da hat jemand zum ersten Mal von der «gefühlten Temperatur» gesprochen. Und schon das war Unsinn. Ich bin noch nie aus dem Haus gegangen, hab den Arm in die Sonne gestreckt, kurz gefühlt und mir dann gedacht: «Meine Güte, sind das heute aber 27 Grad!» Meteorologen, das sind dieselben Menschen, die die «Regenwahrscheinlichkeit» erfunden haben, die als Jugendliche Isobaren-Karten statt Playboy lasen und uns jedes Jahr erzählen, dass der August zu warm war. Wollen wir so sein wie die? Wollen wir so sprechen wie die? Nein, das wollen wir nicht.
     
    Also, bemühen wir uns mal alle, noch verrückter zu sein als Crazy Weather-Bird, gehen zu einem guten Freund und sagen: «Ich hab gerade ’ne
(hier schlucken!)
Ewigkeit auf meinen Bus gewartet!» Wow! Glückwunsch! Das ist so 2010!
     
    Und wo wir schon dabei sind: Schon mal gemerkt, dass man «Schämen» auch ohne «Fremd-» davor verwenden kann? Und es exakt dasselbe bedeutet? Aber wir wollen ja nix überstürzen.

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I SAID A FLIP - FLOP
    Als Gott den Menschen erschuf, hat er definitiv beim Ohr angefangen. Was für ein Aufwand! Was für eine Energie er da reingesteckt hat! Dieses ganze Gekräusel und Gefalte, Gezwirbel und Gedrehe. Hier eine Muschel, da ein Bogen, dort ein Läppchen. Und zu allem Überfluss versteckte er auch noch drei Gehörknöchelchen darin, die ein Glanzstück in jedem Setzkasten wären, die aber kein

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