Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0
Pizza-Bestelldienst, nur für Sex statt Pizza) zu einem One-Night-Stand verabredet. Er packte den Schweinebraten also in seinen Rucksack und fuhr mit dem Fahrrad zu dem Typen, um den Braten nach dem Sex in dessen Mülltonne zu entsorgen. Unterwegs überlegte er sich das aber nochmal anders, aus Angst, seine Verabredung könne etwas merken. Er wollte nicht am nächsten Tag sein eigenes verpixeltes Gesicht im «Express» wiederfinden, unter der Überschrift: «Irrer Schweinebraten-Ficker verunsichert Kölner Szene». Er fuhr deshalb am Hauptbahnhof vorbei, warf den Schweinebraten dort in einen Mülleimer und radelte weiter. Leider war das, genau einen Tag nachdem zwei Nachwuchs-Terroristen am Kölner Hauptbahnhof versucht hatten, eine Kofferbombe zu zünden.
Um es kurz zu machen: Er hatte alle Mühe, der Polizei in einem stundenlangen Verhör zu erklären, dass er keiner terroristischen Vereinigung angehört, die Deutschlands Bahnhofs-Mülleimer mit Fleischklumpen verstopfen will. Seinen One-Night-Stand verpasste er natürlich, und den Artikel mit der Überschrift «Schweinebraten am Hauptbahnhof entsorgt – Großeinsatz!» schob ihm seine Nachbarin am nächsten Tag wortlos unter der Tür durch.
Es ist nicht einfach, einen Braten loszuwerden. Es gibt nur eins, was noch schwieriger ist: einen herzustellen. Das weiß ich seit dem letzten Karneval.
Ich hatte an Weiberfastnacht fünf Freunde zum Essen eingeladen, um für eine ordentliche Grundlage zu sorgen. Quasi als Opfergabe und Entschuldigung an den eigenen Magen, weil man ihn in den nächsten zwölf Stunden mit Kölsch fluten, in alle Richtungen schütteln und anschließend mit großer Wahrscheinlichkeit auf links drehen wird. Das Problem war: Ich hatte noch nie einen Schweinebraten gemacht. Und ich ahnte noch nicht mal, dass das ein Problem werden könnte. Ich hatte nämlich noch eine flapsige Bemerkung meiner Mutter im Ohr, so ein Braten sei ja «das Einfachste von der Welt» und man könne dabei eigentlich «überhaupt nichts falsch machen». So viel vorweg: Doch, man kann.
Zunächst beschäftigte ich mich mit der Frage, wie viele Zentner Fleisch ich denn wohl brauche. Wir waren sechs erwachsene Männer, die durch regelmäßige Besuche bei ihren Eltern ganz gut im Braten-Training waren und sich nicht unnötig mit Beilagen und Gemüse aufhalten wollten. In «Meine bayerische Küche» empfiehlt Alfons Schuhbeck für sechs Personen rund zwei Kilo Schweinefleisch. Ich griff also zum Telefon, rief im Supermarkt an und bestellte vier.
Dann kümmerte ich mich um die Zubereitung. Ich merkte sehr schnell: Schuhbecks Rezept wird es schon mal nicht. Nicht nur wegen der geradezu homöopathischen Menge Fleisch. Und auch nicht, weil er empfiehlt, für die Soße Kalbsknochen im Ofen zu bräunen und Puderzucker zu karamellisieren. Kann man ja alles machen, aber als Herr Schuhbeck dann vorschlug, das Fleisch nach der «Niedrigtemperaturmethode» zu garen, bei der der Braten ungefähr drei Jahre lang bei 120 Grad sanft erhitzt wird, bis er sich aus freien Stücken entscheidet, gar zu werden, war es mit meiner Toleranz vorbei. Ich wollte einen ordentlichen Krustenbraten mit halbverbrannter Schwarte, die sich flehend nach oben wölbt und in der Amalgamfüllungen stecken bleiben! Ich wollte, dass mein Braten im Ofen bei mindestens 5000 Grad schwitzt und spritzt und um Gnade winselt. Dass er sich wünscht, eine Hand zu haben, mit der er von innen verzweifelt gegen die Backofentür klopfen könnte, während ich von außen dagegendrücke und den Temperaturregler langsam auf 6000 Grad drehe. So einen Braten wollte ich. Und nicht so ein eurhythmisch warmgeschaukeltes Waldorf-Fleisch.
Ich machte das Buch also zu und meinen Laptop auf. Die Suche nach «Schweinebraten» ergab bei Google 252000 Treffer. Superkoch.de empfahl zweieinhalb Stunden bei 200 Grad. Fleisch würzen, dann auf der Hautseite vorgaren und anschließend umdrehen. In den Kommentaren lobte ein «Zimtsternchen38»: «Das beste Schweinebratenrezept, das ich kenne! *zufrieden schmatz*»
Zur Sicherheit las ich noch weitere Rezepte. Mein-lieblingsbraten.de empfahl nur 180 Grad und warnte außerdem davor, das Fleisch vorher zu würzen. Bei Braten-daten.de wurde das Fleisch gar nicht gewürzt, aber vorher von allen Seiten angebraten, dann bei 190 Grad gegart und alle fünf Minuten mit Bier übergossen. Und das treulose Zimtsternchen38 schrieb schon wieder: «Das beste Schweinebratenrezept, das ich kenne!» Mit
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