Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0
Hasenpfötchen»), mehr liest doch sowieso kein Mensch.
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DEKO - DEPP
Ich liebe «Das perfekte Dinner». Nicht die, haha, «Promi»-Version, wo sich jeden Sonntagabend «Moderatorin, Schauspielerin und Model X» mit dem «ehemaligen Soap-Darsteller und The-Dome-Moderator Y» fürs nächste Dschungelcamp bewirbt. Nein, die Werktags-Version, die mit Menschen. Da setze ich mich gerne mit einem Bierschinken-Brot davor und bilde mir ein, in ein Stück Beef Wellington zu beißen. Die perfekte Dinner-Illusion.
Es gibt nur eins, das ich den Machern der Sendung übelnehme: ihren Deko-Fimmel. Diese zwei Minuten Sendezeit zwischen «So, mein Essen wäre so weit vorbereitet» und «Dann mach ich mich jetzt mal frisch!», in denen der Gastgeber sich «um die Tischdeko» kümmert, verwirren mich unendlich.
Wenn ich Freunde zum Essen einlade, werfe ich IKEA -Teller auf den Tisch und umlege sie mit nicht zusammenpassendem Besteck. Lange Zeit dachte ich, das wäre «Tischdeko». Aber dann kam «Das perfekte Dinner», und plötzlich sah ich Menschen, die Servietten zu Kranichen, Seerosen und Einfamilienhäusern falteten. Die riesige Orchideen-Bouquets auf dem Tisch drapierten, hinter denen man ohne Verletzung des Wahlgeheimnisses einen Stimmzettel hätte ausfüllen können. Und die in der Mitte des Tisches eine Spur aus Sternanis und Glasperlen streuten, «um das Ganze ein bisschen aufzulockern».
Ich dagegen kann Servietten leider nur zu halbierten Servietten falten. Orchideen verdörren bei mir, bevor ich sie aus der Folie geholt habe. Und beim Einkaufen habe ich mir auch noch nie gedacht: «Mensch, ich glaub, ich hab keine Glasperlen mehr im Haus, da nehm ich mal besser ein Pfund mit!»
Vor dem «Perfekten Dinner» war das auch kein Problem, aber jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn Leute zum Essen vorbeikommen und mal wieder nur Dinge auf dem Tisch liegen, von denen oder die man isst. Dann streue ich aus Verzweiflung alles auf den Tisch, was mir zwischen die Finger kommt, und hoffe, dass niemand fragt, was die Büroklammern neben dem Teller machen.
Ich bin einfach ein Deko-Depp. Dinge, die keinen praktischen Nutzen haben, irritieren mich. Ich weiß nicht, wie oft ich als Kind an den Salzteigkränzen meiner Tante geleckt habe, bis ich mir endlich eingestehen konnte, dass die Dinger wirklich nicht zum Essen da sind. Deshalb ist heute alles, was bei mir zu Hause auf den Möbeln steht, entweder essbar, trinkbar, oder es hat einen Stecker. Wenn ich doch mal versucht habe, Deko-Artikel in meiner Wohnung zu platzieren, ging es immer schief. Ich erinnere mich an eine Buddha-Statue, die ich aus Hongkong mitgebracht hatte. Leider habe ich sie im Karton gekauft und erst zu Hause bemerkt, dass auf der Buddha-Brust ein großes goldenes Hakenkreuz prangt. Was ich nicht wusste: Die Swastika ist ein altes indisches Symbol, das Hitler nur geklaut hat. Meine Gäste wussten das auch nie. Nachdem ich zum dritten Mal gefragt wurde, was «der lustige Nazi-Buddha da auf der Kommode macht», habe ich beschlossen, ihn lieber
in
die Kommode zu packen.
Ab und zu macht mich mein Deko-Deppentum richtig wahnsinnig. Nach unserem letzten Umzug, als wir gerade alle Möbel aufgestellt und Kisten ausgepackt hatten, saßen Stefan und ich auf der Couch und schauten uns um. Plötzlich sprang ich auf und sagte: «Ich geh jetzt los und kaufe Dinge.»
«Was denn für Dinge?», fragte er.
«Dinge eben. Dinge, die man sich in die Wohnung stellt.»
«Aber hier stehen doch Dinge: die Kommode, der Tisch, das Regal …»
«Ja, aber da muss man was draufstellen!»
«Sagt wer?»
«Das perfekte Dinner!», antwortete ich. «Und Heide Heske!»
Heide Heske ist die Deko-Fachfrau bei «Volle Kanne» im ZDF . Das ist die zweite Sendung, die mir regelmäßig mein ästhetisches Versagen vor Augen führt. Einmal pro Woche bindet und klebt die sehr wuchtige Heide Heske dort mit ihrer noch wuchtigeren Heißklebepistole Gebilde aus Blumen, Kaninchendraht und Sisalwatte und sagt Sätze wie: «Ohne Filz geht in diesem Winter sowieso gar nichts!»
Stefan ließ mich ziehen. Als ich dann zum ersten Mal in meinem Leben ein Fachgeschäft für Deko-Artikel betrat, kam ich mir vor wie Alf, kurz nachdem er bei den Tanners durchs Dach gekracht war. Dinge! Überall Dinge! Lauter nachweislich unnützes Zeug, das sich in seiner Nutzlosigkeit zu überbieten schien! Steine mit Sprüchen wie «Gute Laune ist die Würze aller Wahrheit» und «Auch die
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