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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bei Köln, und in Frechen wohnte eine Tante von Gerti. Beide besuchten einander häufig.
    Robert starrte vor sich hin. Er erinnerte sich an den Zettel, den er beim Erwachen am Sonnenfleck neben sich gefunden hatte. Schon damals war er also überführt gewesen, und Möpschen hatte die ganze Zeit mit ihm Katz und Maus gespielt.
    »Das ist ja allerhand«, murmelte er.
    Aber Lucia war noch nicht fertig mit ihm. Gegen ihre Tränen ankämpfend, fragte sie ihn: »Wo warst du die ganze Zeit?«
    »Och – ein wenig bummeln. Ich habe mir mal den Steinbruch am Stausee angesehen.«
    Lucia schluckte.
    »Warum belügst du mich?«
    »Wieso belüge ich dich?«
    »Weil du von Herrn Eisner – du weißt, der Ober in der ›Post‹ – in einem Taxi gesehen worden bist, das in Richtung Süchkamp fuhr.«
    Robert wurde rot und schwieg.
    »Stimmt das?« faßte Lucia nach.
    Er nickte stumm.
    »Du hast also gelogen«, sagte sie. »Du bist nach Süchkamp gefahren. Oder noch weiter?«
    Er schüttelte verneinend den Kopf.
    »Und was wolltest du in Süchkamp?«
    Da er stumm blieb, fragte sie ihn noch einmal: »Was wolltest du dort?«
    »Das …«, er räusperte sich, »kann ich dir nicht sagen.«
    Robert spürte es genau, es zerbrach etwas in diesem Augenblick zwischen ihnen; auch Lucia spürte das.
    Aber es hilft alles nichts, dachte Robert, ich kann ihr doch nicht von dieser Visite bei der Wahrsagerin erzählen – so etwas kann man einfach nicht erzählen.
    »Lucia«, meinte er leise, auf sie zugehend, »das Wichtigste ist doch, daß ich dich liebe …«
    »Das glaube ich dir nicht«, stieß sie hervor. Einen Moment lang hatte es so ausgesehen, als ob sie vor ihm hätte zurückweichen wollen; sie war aber dann doch stehengeblieben.
    »Was glaubst du nicht?«
    »Daß du mich liebst.«
    »Lucia!«
    »Mit mit mir tändelst du. Lieben tust du einzig und allein deine Gerti, dein Möpschen.«
    »Nein, auch dich.«
    Robert, der dies hervorstieß, wußte nicht, ob es auch noch stimmte. Er war sich nicht mehr sicher. So senkte er denn das Haupt und lief im Zimmer hin und her.
    Was soll ich bloß machen? fragte er sich. Er hätte sagen können: Ja, ich fahre morgen nach Köln. Aber das war einfach unmöglich, weil es ihm dazu an der nötigen Energie und am Mut fehlte. Und er hätte auch sagen können: Nein, ich bleibe bei dir. Doch das hätte den Wirrwarr nur noch vergrößert und die Lüge ins Gigantische steigen lassen. Aus diesem Grund verhielt er sich still und wanderte auf und ab. Lucia übte sich eine Weile in Schweigen.
    Dann sagte sie: »Daß du deine Frau liebst, ist klar.«
    Er blieb vor ihr stehen.
    »Ja«, antwortete er.
    »Und mich, sagst du, auch.«
    »Ja.«
    »Aber beides zusammen geht nicht, Heinz. Wir haben zwar geglaubt, das ginge, haben geglaubt, uns selbst betrügen zu können, doch das war ein Irrtum. Unser Betrug fällt auf uns zurück. Wir haben uns etwas vorgemacht, von dem wir von Anfang an hätten wissen müssen, daß es sich mit der Wirklichkeit nicht verträgt. Und jetzt kommt das Ende, fallen die Würfel. Jetzt heißt es: klar sehen und klar entscheiden.«
    Sorant fuhr sich durch die wirren, blonden Haare.
    »Wie meinst du das – klar entscheiden?«
    Lucia sah ihn mit umflorten Augen an. Ihre roten Lippen zuckten.
    »Das weißt du doch.«
    Heiser war seine Stimme, als er mühsam sagte: »Du … du setzt mir den Stuhl vor die Tür?«
    »Was ist das für eine Ausdrucksweise?« erwiderte sie abgrundtief traurig. »Ich setze dir nicht den Stuhl vor die Tür; ich reiße mir dich aus den Herzen.«
    Da konnte er nicht mehr anders, als sie in seine Arme zu nehmen und ihr noch einmal zu schwören: »Ich liebe dich.«
    »Ich dich auch«, erwiderte sie, »aber ich habe durch dich gelernt, Opfer zu bringen. Ich verzichte auf dich, um dich – und natürlich auch mich – innerlich nicht zu zerstören. Denn schwankst du auch selbst noch mit deinen Gefühlen zwischen dem Leben und der Fantasie – du gehörst allein dem Leben … Möpschen … deiner Frau …«
    Die Stimme brach Lucia.
    Robert war erschüttert.
    Langsam beugte er sich über Lucias bebende Hand, küßte die Innenfläche und legte sein Gesicht hinein.
    »Ich danke dir«, flüsterte er bewegt. »Wie mußt du mich lieben, wenn du ein solches Opfer dir selbst abverlangen kannst. Ich danke dir. Du wirst eine Sehnsucht meines Lebens bleiben.«
    Zart hob Lucia seinen Kopf empor.
    »Verläßt du Altenbach schon?«
    »Nein – aber ich ziehe noch heute abend wieder ins Hotel

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