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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Plattenspieler.«
    »Aber ein Radio!«
    »Um diese Zeit …?« meinte sie und zuckte ungewiß die Achseln.
    »Zu was gibt's denn Kurzwelle«, entgegnete er und machte sich schon an ihrem Apparat der Firma Blaupunkt, mit dem sie sich ihre einsameren Abendstunden zu verkürzen pflegte, zu schaffen. Und siehe da, rasch erwischte er das späte Konzert einer vorzüglichen kleinen Band.
    Lucia schaute ihm zu, als er an den Knöpfen drehte und mit Routine unerwünschte Nebengeräusche auf ein Minimum reduzierte. Gespielt wurde gerade ›Parlez-moi d'amour …‹.
    »Wenn das kein Kundendienst ist«, sagte Robert, sich zu Lucia herumdrehend und lachend.
    Daraufhin konnte auch sie nicht mehr ganz ernst bleiben. Rasch wandte sie sich ab, damit er ihre Erheiterung nicht bemerkte und eilte in die Küche, um Tee zuzubereiten.
    Das dauerte nicht lange. Als sie wieder zum Vorschein kam, sah ihr Robert zu, wie sie den Tee und das Gebäck auf einem Tischchen vor dem Kamin servierte, eine Schachtel Zigaretten dazulegte, die Stehlampe an- und die Deckenbeleuchtung ausknipste, zwei Sessel möglichst weit auseinanderrückte, so daß das Tischchen dazwischenstand, auf Tee, Konfekt und Zigaretten wies und sagte: »Bitte, bedienen Sie sich …«
    »Danke.«
    »Sie wissen schon, Herr Robs, daß es für das, was ich da mache, eine klassische Formulierung gibt?«
    »Welche?«
    »Gute Miene zum bösen Spiel machen.«
    »Ist das wirklich Ihr Ernst?«
    »Mein voller.«
    »Bin ich Ihnen denn gar so unsympathisch?«
    »›Unsympathisch‹ ist gar kein Ausdruck.«
    »Soll das heißen, daß Sie mich vielleicht sogar hassen?«
    »Hassen nicht gerade, aber verachten.«
    »Warum?«
    »Weil Sie ein Flegel sind.«
    »Nur deshalb?«
    »Und weil Sie unehrlich sind.«
    Sorant reckte sich ein wenig hoch in seinem Sessel. »Unehrlich? Gestern nachmittag bescheinigten Sie mir schon einmal das Gegenteil.«
    »Ich habe meine Meinung geändert, Herr Robs.«
    »Wieso?«
    »Was sind Sie von Beruf?«
    »Buchhändler – das wissen Sie doch.«
    »Ich glaube Ihnen nicht. Mein Vertrauen in Sie ist erschüttert, und ich werde Ihnen auch sagen, warum. Ich habe gestern erst gegen Ende unseres Spaziergangs bemerkt, daß Sie verheiratet sind und das verbergen. Ich habe Ihnen das auch geschrieben. Solche Männer gefallen mir nicht. Von Buchhändlern habe ich eine andere Vorstellung. Dies ist ein Beruf, den ich besonders achte.«
    Alles, was sich in Robert Sorant, als er das hörte, an Gedanken zusammendrängte, fand Ausdruck in dem Ausruf: »Haben Sie eine Ahnung!«
    »Was sind Sie denn? Sind Sie Buchhändler?«
    »Und wenn ich sagen würde, ich bin Sänger«, wich Robert aus, »würden Sie mir auch nicht glauben. Oder Pilot. Oder Meteorologe. Oder Ornithologe. Oder irgendein … loge. Sie sähen immer den Lügner in mir.«
    »Ja, genau.«
    »Bei einer solchen Einschätzung kann ich Ihnen doch vollkommen egal sein. Warum fragen Sie mich überhaupt?«
    »Weil Sie mich interessieren«, schoß es aus Lucia heraus. Im nächsten Augenblick hätte sie sich am liebsten die Zunge abgebissen.
    »Ich interessiere Sie?« hakte Robert prompt ein. »Wenn ein Mann eine Frau interessiert, kann er ihr nicht gar so unsympathisch sein. Das haben Sie aber behauptet. Sie waren also auch nicht ehrlich. Sie verachten mich sogar, sagten Sie. Ist Ihnen klar, was ich Ihnen nun darauf antworten könnte?«
    »Ja«, nickte Lucia überraschend leise und eingeschüchtert.
    Robert winkte beruhigend mit der Hand.
    »Ich tu's aber nicht«, sagte er großzügig. »Ich zahle nicht mit gleicher Münze zurück, dazu mag ich Sie viel zu gern.«
    Eine Gesprächspause entstand. Roberts Blick suchte den Blick Lucias, um in ihn einzutauchen und vieles zum Ausdruck zu bringen, was keiner Worte bedurfte.
    Lucia flüchtete sich in ein: »Nehmen Sie Zucker?«
    Und als Robert darauf nicht reagieren wollte, setzte sie rasch hinzu: »Ich habe auch ganz vergessen, Sie zu fragen, ob Sie den Tee nicht lieber mit Milch wollen.«
    »Mit Milch? Um Gottes willen, ich bin doch kein Engländer!« stieß Sorant hervor.
    »Oder mit Zitrone?«
    »Weder mit Milch noch mit Zitrone. Lassen wir das. Sie wollten etwas ganz anderes wissen, Lucia.«
    Von ihm selbst dazu gedrängt, kam sie also auf das alte Thema zurück.
    »Zuerst dachte ich«, sagte sie, »sie sind Mediziner – oder könnten es sein – Ihrer Hände wegen. Dann fragten Sie mich nach dem Buch, das ich las. Das wirkte auf mich. Wissen Sie, einen Menschen kann man nicht selten

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