Der Gentleman
machen. Ich bin beschäftigt!!! Die drei Rufzeichen sagen Euch hoffentlich das Nötige. Wenn nicht, empfehle ich Euch, den Text der kürzlich an Euch schon ergangenen Briefe noch einmal zu studieren. Vielleicht geht Euch dann ein Licht auf. Wiederholen möchte ich ausdrücklich nur: Die Verantwortung für alles, was sich hier entwickelt, tragt Ihr! Vergeßt das nicht! Robert.‹
Als Freund Karl – seines Zeichens Scheidungsanwalt – diesen Brief eineinhalb Tage später in Händen hielt, rief er sofort Rolf an und beorderte ihn zu sich.
»Hat das nicht Zeit bis morgen?« sträubte sich Rolf am Telefon. »Ich bin heute jede Minute –«
»Ich weiß«, fiel ihm Karl ins Wort, »du bist jede Minute ausgebucht. Ich auch. Das Finanzamt sitzt mir im Nacken – und dir auch. Das wissen wir doch beide zur Genüge. Und deine Freundinnen Helga, Margot und Inge kosten auch einiges. Es ist ein Jammer, Rolf.«
»Das klingt, als wolltest du mir etwas vorwerfen. Kümmere dich nicht um die Sorgen meiner Frau, die holt immer noch das meiste aus mir heraus. Ich müßte dich sonst an deine Sekretärin und ihr Reitpferd, die Stute Modesta, erinnern, hörst du.«
»Die arbeitet für ihr Geld.«
»Wer? Modesta?«
»Meine Sekretärin.«
»Soweit ihr das Reiten dazu noch Zeit läßt, denke ich.«
»Rolf, lassen wir diese gegenseitigen Anwürfe. Sei vernünftig und komm her.«
»Ich sagte dir schon, heute –«
»Rolf, es ist dringend, Robert dreht durch.«
»Ach, darum geht's! Hat er dir wieder geschrieben? Mir nicht.«
»Sein Brief, der vor zehn Minuten kam gilt uns beiden.«
»Und?«
»Der Narr ist dabei, seine Ehe zu zerstören.«
»Schreibt er das?«
»Zwischen den Zeilen, ja. Und wir seien daran schuld, betont er wieder.«
»Übertreibst du das Ganze nicht, Karl? Er wird sich halt dort … in diesem … wie heißt das Nest?«
»Altenbach.«
»… in diesem Altenbach einen Seitensprung gönnen.«
»Einen?! – Hast du eine Ahnung, Junge! Das sieht nach viel, viel mehr aus!«
Rolf lachte am Telefon. Es war ein Lachen, aus dem Respekt klang.
»Laß ihm doch das Vergnügen«, sagte er.
»Und wenn Gerti davon erfährt?«
»Gerti?« Das war ein spontaner Schrei Rolfs. »Gerti darf davon nichts erfahren!«
Die Lage hatte sich mit einem Schlag geändert, auch für Rolf.
»Die ist doch diesbezüglich nicht normal«, fuhr er fort. »Die ließe sich unweigerlich scheiden. Die ist anders als unsere Gattinnen.«
»Das meine ich ja, Rolf. Wenn dich die deine oder mich die meine erwischt, kostet uns das jeweils einen weiteren Pelzmantel. Oder einen Zweitwagen, auf den meine Teure neuerdings dringt. Aber für Gerti gäb's nur eins: bei mir aufkreuzen und meine Klientin werden. Kannst du dir das vorstellen? Robert würde mich umbringen.«
»Das weiß ich nicht. Aber eins weiß ich: Er würde sich vor allen Dingen selbst aufhängen, wenn ihm Gerti verlorenginge. Das ist ihm vielleicht jetzt noch nicht klar und muß deshalb verhindert werden.«
Endlich war Karl am Ziel. Rolf begriff den Ernst der Situation, ließ alles liegen und stehen und fuhr zu Karl, der ihn an der Tür mit den Worten empfing: »Das Schlimmste habe ich dir noch gar nicht gesagt …«
»Was denn?«
»Lies erst den Brief«, erklärte Karl, als die beiden saßen, und reichte Rolf den auseinandergefalteten Bogen.
Dann fuhr er fort: »Im Umschlag steckte auch noch ein Zettel, der mir am meisten zu denken gibt.«
»Welcher Zettel?«
»Der hier.«
Rolf griff nach dem Papierstreifen, den ihm Karl über die Schreibtischplatte zuschob. Auf diesem stand:
›Das Wichtigste hätte ich beinahe vergessen: Wenn Ihr mir schreibt, dann an folgende Adresse:
Herrn
Heinz Robs
Komponist
Hotel ›Post‹ Altenbach
Nun würde ich gern Eure Gesichter sehen, nachdem Ihr das gelesen habt. Zerbrecht Euch nur Eure Köpfe.‹
»Den muß ich mir nicht zerbrechen«, sagte Rolf, den Streifen an Karl zurückgebend. »Der Mensch ist verrückt geworden.«
»Am besten wär's, nach Altenbach zu fahren, um an Ort und Stelle –«
»Ich habe keine Zeit!« rief Rolf spontan.
»Ich auch nicht«, erklärte Karl.
»Außerdem«, setzte Rolf hinzu, »wissen wir nicht, in was wir da hineingeraten würden. Der benützt schon falsche Namen. Ist denn das nicht strafbar? Was sagst du als Anwalt dazu?«
Das, was Karl als Anwalt dazu sagte, hatte mit Juristerei nichts zu tun. Es lautete: »Der Teufel soll ihn holen!«
In diesem Wunsch waren sich beide einig, und in dieser Stimmung
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