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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verfaßten sie gemeinsam einen entsprechenden Brief an ihren verrückt gewordenen Freund in Altenbach. Als Absender zeichnete Karl, der Anwalt. Der Brief erreichte zwei Tage danach – also etwas verspätet – sein Ziel, als Robert Sorant alias Heinz Robs mit Lucia in der ›Post‹ ein Glas trank.
    Die Umwandlung von Robert Sorant in Heinz Robs war von Robert vorher schon durchgeführt worden. Er hatte dem Personal des ganzen Hauses erklärt, inkognito bleiben und einen anderen Namen benützen zu wollen, ein neues Pseudonym, um vor unerwünschten Belästigungen sicher zu sein. Einem Künstler stände das zu. Es gebe also ab sofort keinen Robert Sorant mehr, sondern ganz strikte nur noch einen Heinz Robs. Dadurch war die Irreführung Lucias nach wie vor gewährleistet.
    Das Probebühnenbild steckte immer noch im Stadium der Skizze. Der Abend, an dem Lucia Waffeln gebacken hatte, war nach einigen Tassen Kaffee für jeden schon um 11.00 Uhr äußerst keusch zu Ende gegangen. Am Tag darauf – gestern also -- hatte es geregnet. Heute aber lachte wieder die Sonne, und so wollte man ernsthaft an die Arbeit gehen. Zu diesem Zweck hatte Lucia ihren Lehrmeister im Hotel abgeholt und ihn beim Frühschoppen überrascht.
    Da wurde der Brief abgegeben. ›Dr. Karl Weinhagen‹ stand hinten drauf.
    Robert ließ den Brief vorerst auf dem Tisch liegen. Lucia spielte mit dem Brief, schob ihn hin und her, her und hin, drehte ihn und wippte ihn.
    »Willst du ihn nicht öffnen«, fragte sie.
    Robert antwortete mit gleichgültiger Miene: »Das hat Zeit. Sicher nichts Wichtiges.«
    »Vielleicht hat man deine Oper angenommen.«
    Oper! Komponist! Robert Sorant mußte mehrmals schlucken. Ein Kloß saß ihm im Hals.
    »Meinst du?« antwortete er schwach.
    »Es könnte ja sein.«
    »Ich glaube das nicht.«
    »Lies den Brief, dann weißt du Bescheid.«
    Während Lucia dies sagte, kramte sie in ihrer Handtasche und zog einen Spiegel heraus, in den sie guckte, um sich mit geschickten Fingern die Haare, welche ihr draußen der Wind etwas durcheinandergeweht hatte, zurechtzuzupfen. Robert benützte die Gelegenheit und riß rasch den Umschlag auf.
    Das erste, was er las, war: ›Du Wüstling!‹
    Daraufhin faltete er den Bogen schnell wieder zusammen und steckte ihn in die innere Brusttasche. Er konnte sich ausmalen, was in dem ganzen Brief stand. Er war diese Ergüsse gewöhnt. Er kannte seine Freunde.
    Lucia versenkte den Spiegel in der Handtasche.
    »Schon gelesen?«
    »Hm.«
    »Kein Opernbescheid?«
    Robert schüttelte den Kopf.
    »Ein kurzes Schreiben meines Anwalts bezüglich einer Plagiatsklage, die wir eingereicht haben. Einer hat mir ein paar Motive gestohlen und sie in einer Suite verwendet. Wir verklagten ihn, gewannen in der ersten Instanz, die Gegenpartei ging in die Berufung. Das übliche. Jetzt ist die zweite Instanz an der Reihe.«
    »Und wer gewinnt endgültig?«
    Robert verzog das Gesicht.
    »Keiner. Mein Anwalt schlägt vor, die Klage zurückzuziehen. Man hätte herausbekommen, daß ich die Motive, die mir gestohlen wurden, selbst von Mozart geklaut hätte.«
    Lucia mußte laut auflachen.
    »Ist das wahr?«
    »Quatsch ist es. Ich klaue nichts. Ich schaffe mir meine Werke selbst.« Dann versuchte Robert umzuschwenken und lenkte das Gespräch auf ihre Arbeit. »Also – wie ist das mit dem Bühnenbild?«
    »Ich habe das Papier schon auf das Reißbrett gespannt. Wir können gleich aufbrechen und zu mir gehen. Du korrigierst deine später unsterblichen Werke; ich zeichne das ganze Bild erst einmal mit dem Bleistift vor.«
    »Einverstanden, gehen wir.«
    Robert zahlte und nahm vom Haken Lucias Regenmantel, den sie aus Vorsicht mitgenommen hatte.
    Dann gingen sie ›nach Hause‹.
    Aber auch an diesem Vormittag blieb alles in der Theorie stecken, ebenso wie auch noch am Nachmittag. Die beiden kamen nicht dazu, ihr Probebühnenbild zu entwerfen.
    Schuld daran war ein Telegramm, das kurz nach dem Aufbruch der beiden im Hotel abgegeben und vom Hausburschen, den eine kriminalistische Nase auszeichnete, in die Kölner Straße 20 zur Wohnung von Fräulein Jürgens gebracht wurde.
    Ein Telegramm aus Köln.
    Ein dringendes sogar.
    Und ein kurzes, rabiat kurzes:
    GERTI DIR AUF DER SPUR STOP ANONYMER BRIEF BEI IHR ANGEKOMMEN STOP DU MUSST ES JA TOLL TREIBEN STOP KARL
    Robert Sorant wurde bleich.
    Robert Sorant mußte sich setzen.
    Robert Sorant dachte scharf nach.
    Wenn Gerti wirklich etwas wußte, war damit zu rechnen, daß sie sich auf die

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