Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Gesellschaft leisten?«
    »Gern«, nickte das Mädchen, das es schätzte, wenn in Situationen wie dieser ein gewisses Tempo vorgelegt wurde.
    Rolf dachte noch an Lucia. Das Mädchen hier war nicht sein Typ. Der Busen von der war ihm etwas zu klein. Sein Geschmack war ein etwas größerer Busen wie der von Lucia.
    Rolf war aber auch nicht ganz der Typ des Mädchens. Sie entschied sich innerlich von Anfang an für Robert. Der gefiel ihr besser.
    Roberts Plan war damit ins Wasser gefallen und ließ sich nicht durchführen. Nach kurzer Zeit und kleiner Zeche drängte Robert deshalb wieder zum Aufbruch. Das Mädchen blickte beiden – besonders Robert – enttäuscht nach.
    Rolf hatte gegen den raschen Aufbruch nichts einzuwenden gehabt. Er dachte, es ginge zurück zu Lucia, und freute sich.
    Robert schlug jedoch einen anderen Weg ein.
    »Wohin willst du?« fragte ihn Rolf.
    »In ein vernünftiges Lokal«, entgegnete Robert. »Diese Kaffeehäuser sind nicht das Richtige.«
    »Das hättest du dir aber von Anfang an überlegen können.«
    »Du hast recht, entschuldige.«
    Sie landeten im Gasthaus ›Zum Löwen‹, wo es Robert im ersten Augenblick wieder richtig getroffen zu haben glaubte. Abermals saß ein feminines Geschöpf allein an einem Tisch. Es war ein feuriges, schwarzgelocktes Weib, jung an Jahren, alt an Erfahrungen. Unter normalen Umständen hätte Rolf schneller angebissen als jede Forelle mit leerem Magen.
    Die Dame war verwitwet. Ihr Mann hatte sie über eine dreihundert Meter senkrecht abfallende Felswand jäh verlassen. Seine Leidenschaft für die Berge, an der seine Gattin nicht zu leiden gehabt hatte, war ihm zum Verhängnis geworden. Vier Monate war seine Hinterbliebene nun schon Witwe – eine Ewigkeit.
    »Gestatten Sie?« fragte Robert. »Oder erwarten Sie jemanden?«
    »Nein, nein«, lautete die Antwort.
    Rolf dachte immer noch an seinen ersten Anlauf in der Kölner Straße, der ihm mißlungen war. Die Dame hier war wieder nicht sein Typ, wenn sie ihm auch, so meinte er im stillen, durchaus einiges hätte sagen können. Doch ihr Busen war ihm etwas zu groß. Sein Geschmack war ein etwas kleinerer Busen – wie der von Lucia.
    Er selbst hingegen war ohne jede Einschränkung der Typ der Dame. Auch Robert war es. Am besten wären es beide zusammen gewesen.
    »Man weiß ja nie«, sagte Robert, nachdem er und Rolf Platz genommen hatten, »ob man stört. Manche Menschen, vor allem Damen, sitzen am liebsten allein.«
    »Ich nicht«, antwortete die Witwe freimütig.
    »Dann haben wir ja Glück gehabt.« Robert zeigte auf Rolf. »Mein Freund kommt aus Köln und ist begeistert von den hübschen Frauen, denen man hier in jedem Lokal begegnen kann.«
    »Wirklich?« Die Witwe lächelte erst geschmeichelt, dann vielversprechend. »Sie kommen aber auch aus Köln.«
    »Ich?«
    »Ja.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ganz Altenbach weiß das.«
    Da hatte er es wieder einmal. Er vermochte darauf im Moment nichts Intelligenteres zu erwidern als: »Sie sind also Altenbacherin?«
    »Ja, aber keine gebürtige«, beeilte sie sich, ihn zu beruhigen. »Ich komme aus Frankfurt. Als Großstädterin ist man vielem gegenüber ganz anders eingestellt. Das Denken ist entschieden großzügiger. Wenn jemand nie aus der Kleinstadt herauskommt, bleibt er eben kleinkariert und engstirnig. Sie verstehen, was ich meine?«
    Rachsüchtig sah Rolf eine Gelegenheit zur Revanche und sagte: »Ich verstehe nicht, was Sie meinen. Oder spielen Sie auf das Verhältnis an, das mein Freund hier in Altenbach mit einer Dame hat?«
    Die Witwe lächelte verzeihend – und wieder sehr vielversprechend.
    »Ich sagte ja, daß ich darüber ganz anders denke. Wir leben doch nicht mehr, das ist mein Standpunkt, im Mittelalter.«
    »Wir sind moderne Menschen, wollen Sie sagen?«
    »Ganz richtig.«
    »Mein Freund beweist das tagtäglich, meinen Sie?«
    »Um nicht zu sagen: allnächtlich«, antwortete sie keck.
    Witwen – vor allem jüngeren – wird vieles nachgesagt: daß sie unbefriedigt seien; daß sie keine Hemmungen hätten; daß sie Männern die Hosen auszögen, wenn die es nicht von selber täten; und so weiter und so weiter …
    Vielen Witwen wird damit unrecht getan, manchen jedoch auch nicht. Manche sind wirklich so, wie's ihnen der Volksmund nachsagt, und diese hier war eine von denen.
    »Ich sehe an Ihren zwei Ringen«, bemerkte Rolf mit teilnahmsvoller Miene, »daß Sie …«
    Er verstummte.
    Auch ihr Ausdruck verdüsterte sich.
    »Mein Mann«,

Weitere Kostenlose Bücher