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Der Geruch von Blut Thriller

Titel: Der Geruch von Blut Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Piccirilli
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eine ganze Menge. Und er wird es ihnen zurückzahlen, o ja.
    »Sie haben gesehen, wie ich die Ohren gespitzt habe, und jetzt bin ich hier draußen bei den Toten.«
    Finn zuckt zusammen. Er dreht leicht den Kopf. Sein alter Trick. Er starrt Harley Moon direkt in die Augen.
    Er versucht, etwas zu sagen, aber es kommt nur ein zischendes Stammeln raus. Er versucht es nochmal.
    Hier draußen bei den Toten.
    Er streckt die Hand aus. Erst in die eine, dann in die andere Richtung.
    »Lassen Sie das, blinder Mann. Das hab ich doch eben gesagt. Bleiben Sie ruhig.«
    Er will weg, aber sie hält ihn fest. Sie ist ein starkes Mädchen. Er schnauft und knurrt, angewidert von seinen animalischen Geräuschen.
    »Was habe ich gesagt? Sie sollen hierbleiben. Wollen Sie mir denn nie zuhören?«
    Seine Nasenlöcher sind aufgetaut. Ein schwacher beißender Geruch dringt in seine Nase. Benzin. Öl. Als Finn die Hand ausstreckt, glaubt er, eine Motorsense zu berühren. Daneben einen Benzinkanister. Er dreht sich um und rutscht auf seinem nackten Bauch wie eine Schnecke vorwärts.
    Finn riecht Samen und Blut. Er berührt einen Schuh.
    Ein kalter Knöchel. Seine Hände wandern weiter, die Nervenenden in seinen Fingern brennen förmlich.

    Ein Knie. Ein Schenkel. Die Jeans heruntergezogen. Er entdeckt eine kalte Hand, von der etwas herabhängt. Es ist ein Seil.
    Finn kommt auf die Knie und tastet weiter den leblosen Körper ab.
    Roz ist tot.
    Sie wurde gefesselt, die Hände nach vorn, kompliziert verknotet. Aber das Seil ist durchgeschnitten. Nicht durchgebissen. Harley hat die Fesseln von Roz’ Leiche durchgeschnitten, um ihr den Mantel abzunehmen und Finn damit zu bedecken.
    Er tastet nach ihrem Gesicht. Jemand hat Roz einen öligen alten Lappen in den Mund gestopft. Sie hat sich übergeben und ist daran erstickt.
    Wir wollen niemandem wehtun.
    Harley sagt: »Sie waren das. Aber sie sind nicht nur böse, wirklich. Pudge ist manchmal reizbar. So ist er einfach. Sie setzen sich etwas in den Kopf, und dann kann sie nichts mehr davon abbringen. Sie folgen einem Weg.«
    Deine Lady hat ihre Lektion auch nicht gelernt.
    Allmählich kann Finn sich seinen Teil zusammenreimen.
    Roz hat gar nichts im Laden vergessen. Sie hat die ganze Zeit mit Crystal Meth gedealt, und Finn hat es nicht gewusst. Er hätte es merken müssen.
    Als er ihr gegenüber am Nachmittag Harleys Namen erwähnte, wusste Roz, dass etwas Schlimmes passieren würde. Hatte sie sie um Geld betrogen? Ihnen Drogen gestohlen? Spielte sie für Murphy den Strohmann? Für die Mädchen? Verdammt. Statt in die Stadt zurückzufahren, hat sie die Moon-Brüder gesucht. Aber die müssen
sie zuerst gefunden haben, und dann haben sie sie vergewaltigt, in diesen Schuppen geschleppt und ersticken lassen.
    Er berührt ihr Gesicht, ihre Augen sind noch geöffnet. Er schließt sie.
    »Warum habt ihr uns bestohlen?«, fragt Harley. »Ich gehöre zu ihnen. Das muss ich. Aber ich mochte die Krankenschwester. Ich hab sie ein paarmal zu Hause getroffen. Sie war nett. Sie hat gesagt, ich könnte irgendwann mal hier zur Schule gehen. Etwas lernen, damit ich später in die Stadt gehen kann und einen anständigen Job kriege. Ich hab ihr geglaubt. Sie hatte so eine besondere Art. Sie redete so nette Sachen. Sie hat Sie geliebt, das hat man gemerkt.«
    Wenn er sich Roz vorstellt, wie sie tot vor ihm liegt, dann sieht er seinen eigenen Schatten auf dem Boden. Der Schatten weiß, dass ihn jemand ansieht.
    Er schaut zurück, ohne Augen.
    Es dauert noch ein paar Minuten, bis er sprechen kann.
    »W-w-o ist …« Er stößt warme Luft auf. Das Zittern wird weniger. »… dein B-b-bruder?« Sein Mund brennt, als er den Namen ausspricht. »Rack.«

E s gelingt Finn, wieder in seine kalten nassen Sachen zu schlüpfen. Harley Moon brüllt ihn an, er solle aufhören, aber Finn öffnet die Schuppentür und läuft hinaus in den Schnee. Sie ruft ihm nach, dass sie ihm nicht folgen könne, schreit, er sei wahnsinnig. Er versteht sie.
    Er weiß jetzt, wo er ist. Er kann das Carriage House nicht verfehlen.
    Eis und Wind peitschen wieder auf ihn ein, als er durch die Schneewehen wankt. Er steckt die Hände in Roz’ Taschen. Der Mantel ist zu klein, um den Reißverschluss zuzumachen, der Schnee weht ihm gegen Brust und Hals. Es tut zwar nicht mehr so weh, aber er kommt trotzdem nur zentimeterweise voran.
    Das Windspiel vor dem Speisesaal ist bei dem heulenden Wind kaum zu hören, aber ganz entfernt erahnt er es. Er ist darauf

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