Der Gesandte der Götter (German Edition)
vier Soldaten, aus dem Tor.
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Chiron, Loara und Ordin waren am Abend in einem Dorfgasthaus untergekommen. Sie waren nicht sehr schnell geritten, da Chiron glaubte, dass noch niemand von ihrer Flucht wisse. Außerdem wollte er Rücksicht auf den alten Mann nehmen, der einen Gewaltritt nicht noch einmal durchgestanden hätte. Am nächsten Morgen brachen sie auf und folgten weiter dem eingeschlagenen Weg. Die drei sprachen nicht viel. Chiron war immer noch niedergeschlagen und wagte nicht, das Wort an Loara zu richten.
Mitleidig betrachtete der alte Ordin immer wieder seinen Herrn. Er sah die Qual in Chirons Gesicht, die dessen Vergehen an der Frau, die er liebte, ihm verursachte. Ordin seufzte. Er war froh, den König wiedergefunden zu haben, den er wie einen Sohn aufgezogen hatte. Doch würde Chiron je wieder glücklich werden, vertrieben aus seiner Heimat, beladen mit dem Leid, das man ihm angetan hatte, und mit einer Schuld im Herzen, die er sich niemals vergeben würde? Aber auch Loara tat dem Alten Leid. Das Gesicht des Mädchens war gefasst, aber bleich. Doch ab und zu zuckte ein schmerzlicher Ausdruck über ihr Antlitz, und ihr Blick flog zu Chiron hinüber, der mit gesenktem Kopf neben ihr ritt. Dann lag ein eigenartiger Ausdruck in ihren Augen, den Ordin nicht deuten konnte. Hatte sie Chiron wirklich vergeben? Ordin war sich nicht sicher. Konnte eine Frau wie Loara, stolz, hochmütig und unnachgiebig wie sie war, eine solche Kränkung vergeben? Oder wollte sie Chiron nur in die Hände ihres Vaters liefern, damit dieser ihn zur Rechenschaft zöge? Auch das war möglich! Zwar mochte sie Chiron glauben, aber würde sie darum auf ihre Rache verzichten? Ordin nahm sich vor, Chiron zu warnen.
Als sie daher am Abend wieder in einem Gasthaus abstiegen und Ordin mit Chiron allein war, machte er diesen auf die Möglichkeit einer Rache Loaras aufmerksam.
„Du magst vielleicht Recht haben“, sagte Chiron darauf, „aber ich werde Loara auf jeden Fall zu ihrem Vater begleiten. Wenn sie sich dann an mir rächen will, so werde ich es ohne Klage hinnehmen. Tötet mich ihr Vater, so haben meine Qual und mein zerstörtes Leben wenigstens ein Ende.“
„Ach, Herr!“ seufzte Ordin. „Soll ich Euch denn so bald wieder verlieren, nachdem ich Euch gerade erst wiedergefunden habe?“
„Lass nur, Ordin!“ antwortete Chiron resignierend. „Ich werde das Schicksal annehmen, das die Götter über mich verhängen.“
*****
Sie waren am nächsten Tag noch nicht lange unterwegs, als sich hinter ihnen eine Staubwolke erhob und sechs Reiter heranjagten. Chiron erkannte sie voll Entsetzen.
„Das sind Menas und Xoras!“ rief er. „Schnell! Wir müssen fliehen!“
Sie trieben ihre Pferde an, doch die Verfolger, die unbarmherzig auf ihre Tiere einschlugen, kamen immer näher.
„Es hat keinen Sinn!“ schrie Chiron. „Wir können Ihnen nicht entkommen, wir werden mit ihnen kämpfen müssen.“
Er zog sein Schwert. Auch Loara griff zu ihrer Waffe. Da waren die Verfolger auch schon heran.
„Habe ich dich endlich!“ brüllte Menas und drang auf Chiron ein. „Fangt mir die Prinzessin!“ schrie er den Soldaten zu.
Doch Loara setzt sich verzweifelt zur Wehr. Sie wusste genau, was ihr geschehen würde, wenn sie in Menas‘ Hände fiele. Schon hatte sie einen der Angreifer durchbohrt und verteidigte sich mit der Wildheit einer verwundeten Löwin. Der alte Ordin jedoch hatte von einem der Soldaten einen Hieb mit der flachen Klinge erhalten und war besinnungslos vom Pferd gestürzt. Xoras hielt sich im Hintergrund und beobachtete den Kampf. Gerade hatten zwei der Krieger Loara vom Pferd gerissen und versuchten, die sich wild sträubende Prinzessin zu binden. Das stieß ein anderer der Soldaten dem mit Menas kämpfenden Chiron das Schwert in die Seite. Chiron wankte im Sattel. Über Menas‘ Gesicht zog ein triumphierendes Grinsen. Aber da erklangen auf einmal laute Hörner, und eine Schar Berittener stob den Weg hinunter auf die Kämpfenden zu.
„Zurück!“ rief Xoras. „Das ist Soradan mit seinen Leuten! Lasst das Mädchen los, und dann nichts wie weg hier!“
Im Nu waren die beiden Krieger wieder im Sattel und sprengten hinter ihren Anführern her, die die Pferde herumgerissen hatten und flohen.
Loara richtete sich auf und sah den Reitern entgegen. Chiron hatte die Hände auf die Wunde gepresst. Das Blut lief zwischen seinen Fingern
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