Der Gesandte der Götter (German Edition)
genommen.“
„Deine Frau ist die Königin der Bäuerinnen!“ rief Leoris lachend. „Wie konnte sie ahnen, dass ich mich nach nichts mehr sehne als nach einem heißen Bad nach all den Wochen in Menas‘ schmutzigem Kerker?“
Auch Chiron lächelte und drückte dem Alten warm die Hand. Da zog dieser ihn ohne jede Scheu in die Arme und küsste ihn auf beide Wangen. „Stets habe ich Euch wie einen Sohn geliebt“, sagte er und über seine gefurchte Wange rann eine Träne, „und wie einen Sohn habe ich Euch betrauert. Doch nun bin ich sicher, dass alles sich zum Guten wenden wird.“
„Ich wünschte, ich hätte die gleiche Hoffnung wie du, Rallin“, antwortete Chiron seufzend.
Dann folgten die beiden dem Bauern in die Scheune. Dort standen zwei große Holzzuber, gefüllt mit dampfendem Wasser.
Im Nu hatte Leoris sich die schmutzigen Kleider vom Leib gerissen und saß prustend in dem heißen Wasser. Auch Chiron beeilte sich mit dem Entkleiden und stieg in die andere Wanne, doch wegen der Striemen auf seinem Rücken kniete er sich nur vorsichtig hinein. Rallin hatte ihnen Kleidungsstücke seines Sohnes Nerdes bereitgelegt. Der junge Bauernsohn musste zu einem stattlichen Mann herangewachsen sein, denn die Sachen passten den beiden recht gut, als sie nach dem erfrischenden Bad hineinschlüpften.
Chiron zog das Hemd jedoch nicht an, denn die verkrusteten Wunden waren durch den heißen Wasserdampf aufgeweicht und hatten wieder zu bluten begonnen.
Als die beiden die Stube betraten, hatte Elina bereits den Tisch gedeckt und in den irdenen Näpfen dampfte die Suppe.
Loara saß schon am Tisch. Elina hatte darauf bestanden, die Kleidung des Mädchens auszubürsten und zu säubern. Daher trug auch sie eins von Nerdes‘ Hemden, das ihr jedoch viel zu weit war und ihr das rührende Aussehen eines kleinen Mädchens gab, zumal sie ihr noch feuchtes Haar an den Seiten mit Bändern zusammengebunden hatte. Loara blickte beim Eintreten der beiden Männer auf und ihr Blick begegnete dem Chirons. Hastig wandte sie ihre Augen Leoris zu und fragte ihn, ob er gut geschlafen habe.
„Ich fühle mich wie neu geboren!“ lachte Leoris. „Und was für einen Hunger ich schon wieder habe!“
„Dann setzt Euch nieder, Prinz Leoris!“ Mit einer einladenden Geste wies Rallin auf einen der Hocker. „Es ist zwar nur eine einfache Suppe, aber sie ist schmackhaft und wird Euch neue Kraft geben.“
Elina wandte sich an Chiron: „Herr, ich sehe, dass Eure Wunden wieder bluten. Soll ich Euch zuerst verbinden?“
„Nein, nein, auch ich bin hungrig und möchte zuerst etwas essen!“ wehrte Chiron ab. „Danach kannst du meine Wunden versorgen.“
Mit Heißhunger machten sich die drei Flüchtlinge nun über das Essen her. Loara glaubte, nie in ihrem Leben etwas Köstlicheres gegessen zu haben als diese Suppe. Als sie es Elina sagte, lächelte diese weise.
„Es ist nur eine einfache Suppe“, sagte sie, „über die Ihr zu normalen Zeiten vielleicht die Nase rümpfen würdet. Aber ich glaube, dass Ihr noch nie in Eurem Leben so hungrig gewesen seid, und darum schmeckt sie Euch so gut.“
„Ich muss dir widersprechen, Mutter Elina“, sagte Chiron, „denn ich weiß, dass du immer schon eine ausgezeichnete Köchin warst.“
Elinas Apfelbäckchen röteten sich vor Stolz über das Lob ihres Königs und sie füllte sofort die Näpfe noch einmal nach.
Rallin brannte vor Begierde, endlich Näheres über Chirons Verschwinden und die folgenden Geschehnisse zu erfahren und unterbrach Elinas verschämten Dank über das Kompliment.
Chiron hatte Verständnis für die Wissbegier des Alten und gab einen kurzen Bericht der Begebenheiten, ohne jedoch auf Einzelheiten einzugehen. Doch auch das genügte, um die beiden treuen Seelen völlig aus der Fassung zu bringen.
„Armer Herr!“ Elina war kreidebleich geworden und ihre gütigen Augen schwammen in Tränen. „Was habt Ihr alles erleiden müssen!“
Rallin jedoch hatte zornig die Fäuste geballt. „Wäre ich nur noch jung!“ rief er empört. „Wie gern würde ich Euch begleiten, wenn Ihr ein Heer aufstellt, um diesen Unhold vom Thron zu vertreiben! Ich bin gewiss, dass das ganze Volk so denkt wie ich. Ihr müsst uns von Menas und diesem verfluchten Magier befreien, Herr! Niemand in ganz Varannia wird Euch dazu seine Unterstützung verweigern, wenn auch nur ein Funke Gerechtigkeit in seinem Herzen lebendig ist.“
„Aber ein
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