Der Gesandte des Papstes
Hals, und starrte an die Zimmerdecke. Kadar war froh, dass sie da war. Sie vertrieb den Männern die Zeit und sorgte dafür, dass sie nicht auf dumme Gedanken kamen. Er selbst verschwendete keinen Gedanken an sie. Es war selten genug, dass sich Begehren in ihm regte; und jetzt musste er Pläne für die Zukunft machen. Eine Frau hätte ihn nur abgelenkt.
Unardhu fuhr herum und wollte den Störenfried fortjagen, als er sah, wer die Tür geöffnet hatte. »Aqid«, murmelte er und nestelte an seiner Hose.
»Komm her«, sagte Kadar. »Wir müssen reden.«
Draußen auf der Empore erklärte er dem Mongolen den Plan. Als er geendet hatte, trat ibn-Marzuq aus dem benachbarten Lesezimmer, in der Hand ein altes Buch. Der Wesir war bleich und bebte vor Zorn. Kadar verfluchte sich dafür, keinen anderen Ort zum Reden ausgewählt zu haben. »Was habt Ihr gehört?«, fragte er scharf.
»Jedes Wort«, erwiderte ibn-Marzuq. »Ihr seid wahnsinnig.«
»Ich versuche, uns hier herauszubringen. Oder wäre es Euch lieber, hier drin zu verrotten, während Ihr auf das Ende der Belagerung wartet?«
Der Gelehrte starrte ihn an. »Bei allen Dämonen, wisst Ihr, was Ihr damit anrichtet? Es wird ein Blutbad geben!«
Kadar entschied, keine weitere Zeit an diesen Mann zu verschwenden. »Hast du alles verstanden?«, fragte er Unardhu.
Der Mongole nickte.
»Dann halte dich bei Einbruch der Dunkelheit bereit.« Kadar wandte sich ab und wollte zur Treppe gehen, als ibn-Marzuq ihn von hinten am Arm packte.
»Al-Munahid! Ich lasse nicht zu, dass Ihr das tut. Ich habe viel erduldet, aber jetzt …«
Der Wesir verstummte und zog hastig seine Hand zurück, als Kadar sich zu ihm umdrehte.
»Noch ein Wort, und ich lasse Euch hier zurück«, sagte der Söldnerführer leise. Es war eine leere Drohung, denn ibn-Marzuq wusste selbst am besten, dass Kadar ihn noch brauchte. Trotzdem verfehlte sie ihre Wirkung nicht. Der Wesir verschwand ohne ein weiteres Wort im Bücherzimmer.
Kadar wartete bis zwei Stunden nach Einbruch der Nacht, bevor er mit Unardhu und zwei anderen Männern das Haus verließ. Seine Wahl war auf Najib und Uthman gefallen, weil sie sich am wenigsten von den Einheimischen unterschieden. Bei der Herberge trennten sie sich; al-Munahid und Unardhu gingen zur Treppe hinter dem zerstörten Schuppen, die anderen eilten die Straße hinunter.
In der Gasse zwischen Herberge und Stadtmauer war es stockdunkel. Auf beiden Seiten ruhten die Katapulte, sodass kaum ein Laut die nächtliche Stille störte. Kadar und der Mongole warteten am Fuß der Treppe. Auf dem Wehrgang über ihnen ging ein Soldat langsam auf und ab. Er war jung, höchstens achtzehn Jahre alt, und der etwas zu große Waffenrock hing wie ein Sack an seiner mageren Gestalt. Als Geschrei und der Lärm einer Prügelei erklangen, lehnte er sich über die Wehrmauer und rief etwas zu Najib und Uthman herunter. Als sie nicht aufhörten, sich auf der Straße zu schlagen, wurde seine Miene ratlos.
Außer ihm waren keine Soldaten zu sehen. Kadar hastete
die Treppe hinauf und warf das Seil über die Brüstung. Leise schlug das Ende auf den Felsen unterhalb der Mauer auf. Unardhu schwang sich über die Zinnen, packte das Seil und kletterte in die Tiefe. Anderthalb Mannslängen über dem Boden ließ er sich fallen, federte ab und verschmolz mit der Dunkelheit. Kadar warf das Seil hinterher. Als sich vom Turm ein zweiter Soldat näherte, war er schon wieder auf dem Weg zurück zum Haus des Ritters.
Er wartete am Seiteneingang. Kurz darauf kamen ihm Najib und Uthman im Laufschritt entgegen. Sie hatten einen Umweg durch die Gassen gemacht.
»Ist euch jemand gefolgt?«, fragte er.
Najib grinste. An seinem Kieferknochen war die Haut abgeschürft. »Wir sind geflohen, als der Posten Hilfe geholt hat.«
Kadar nickte zufrieden.
Es war zwanzig Jahre her, seit er das letzte Mal gebetet hatte. An die Stelle seines Kinderglaubens an einen gütigen Schöpfer war der Glaube an Eisen, Gold, Stärke und Furcht getreten - Dinge, die ihre Wirksamkeit im Gegensatz zu Allah jeden Tag aufs Neue bewiesen. Auch jetzt betete er nicht für das Gelingen seines Vorhabens. Er vertraute auf die Ungeduld der Mongolen. Sie mochten die gefürchtetsten Krieger der Welt sein, doch bei Belagerungen waren ihre Reiterheere, die ihre Stärke aus der Beweglichkeit gewannen, oft machtlos. Diese Erfahrung hatte sich in den vergangenen Tagen bestätigt.
Sein Angebot kostete sie nichts. Sie würden es annehmen.
Als er meinte,
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