Der Gesandte des Papstes
ihn.
»Ein Kloster auf einem Eiland«, erwiderte ibn-Marzuq mürrisch. »So stand es in der Vita.«
»Wir sind an drei oder vier Inseln mit Klöstern vorbeigekommen.«
»Athanasios hat auch die Landzunge erwähnt. Es ist das richtige Kloster.«
Kadar blickte zu der Insel. Das Bauwerk war bis auf die Grundmauern zerfallen, was dafür sprach, dass es sehr alt war - jedenfalls älter als die anderen Klöster, die noch von Mönchen bewohnt wurden.
Er versuchte die Entfernung zu dem Eiland zu schätzen. Sie betrug eine Meile, mindestens. Zu weit zum Schwimmen - zumal keiner der Männer richtig schwimmen konnte. Kadar hatte in Konstantinopel gelernt, sich über Wasser zu halten, doch eine längere Strecke schwimmend zurückzulegen, traute er sich nicht zu. Außerdem waren ihm größere Gewässer ein wenig unheimlich; etwas, das er seinem beduinischen Blut verdankte. Auf dem Weg hierher hatte er kaum einen Gedanken daran verschwendet, wie sie zur Insel gelangen sollten, da er davon ausgegangen war, dass es genug Fischerdörfer und somit auch Boote in der Nähe gab. Doch dem war nicht so. Die Gegend war dünn besiedelt, das nächste Fischerdorf gut drei Meilen entfernt. Dort ein Boot zu besorgen und hierher zu rudern war zu mühsam. Ein Segelboot kam nicht in Frage, da keiner von ihnen wusste, wie es zu steuern wäre und er sich keinem armenischen Fischer anvertrauen wollte.
Er ging zu seinen Männern, die im Gras saßen, von ihren Vorräten aßen und sich über die Mücken beschwerten. Bishr und Uthman sammelten in der Nähe Feuerholz. »Akif, Saad und Rafiq«, sagte er, »geht Bäume fällen. Wir brauchen mindestens sechs dicke Stämme.«
Saad und der Eunuch standen wortlos auf und stapften zu den Pferden, um die Äxte aus den Satteltaschen zu holen. Rafiq blickte Kadar fragend an. »Wofür?«
»Ein Floß, Dummkopf. Jetzt hilf den anderen.«
Die Axt des Eunuchen grub sich tief in den Stamm der Ulme. Die anderen Söldner - ein einäugiger Hüne und ein Mann mit
ebenholzfarbener Haut - begannen, zwei weitere Bäume zu fällen. Als Raoul beobachtet hatte, wie sie sich mit Äxten von ihrem Trupp entfernten, hatte er befürchtet, sie würden zum Birkenwäldchen kommen. Doch die Söldner waren zu einer kleinen Baumgruppe am Ufer gegangen.
»Sie bauen ein Floß«, murmelte er. Damit stand fest, dass sie zur Klosterruine wollten. Und es gab nur einen Grund, warum sie das wollten.
»Wir müssen vor ihnen auf der Insel sein«, sagte Jada, die neben ihm stand. Er konnte ihre Anspannung spüren. Sie blickte Andranik an. »Wo bekommen wir ein Boot?«
»Ich kenne einen Bauern hier in der Nähe«, sagte der Armenier. »Vielleicht kann er uns helfen.«
»Und du bist sicher, dass er ein Boot hat?«, fragte Raoul.
»Jeder, der am Sevana Lich lebt, hat ein Boot.« Damit wandte sich Andranik ab und lief zu den Pferden.
Kurz darauf waren sie aufgestiegen, ritten durch das Birkenwäldchen und verließen es an der den Hügeln zugewandten Seite. Als sie die Uferwiese erreichten, waren die Söldner nicht mehr zu sehen; Bäume und dichter Schilf verdeckten sie. Nach etwa einer Meile erreichten sie einen Acker mit einer gedrungenen Steinhütte, aus deren Schornstein Rauch aufstieg. Das Dach war mit braunen Bündeln getrockneten Schilfs gedeckt. In einem Koben drängten sich Schweine an einem Futtertrog. Auf dem Acker hatten vier Männer gearbeitet, die, als sie die Reiter bemerkten, ins Haus gerannt waren. Auch die Frau, die die Schweine gefüttert hatte, war dorthin geeilt, dann hatten sie die Tür verschlossen. Sie halten uns für Mongolen, dachte Raoul.
Andranik schwang sich aus dem Sattel, bevor das Pferd zum Stehen gekommen war, und rannte zur Hütte. Er klopfte an und rief etwas auf Armenisch, worauf die Tür geöffnet wurde. Ein vierschrötiger Mann mit braunem Kittel und vernarbter Glatze stand vor Andranik, in der Hand eine gespannte Armbrust.
Hinter ihm sah Raoul die drei anderen Männer stehen, offenbar seine Söhne. Jeder von ihnen hielt eine schwere Axt.
Der ältere Mann erkannte Andranik, ließ die Armbrust sinken, lächelte und drückte den kleinen Bergführer mit seinem linken Arm an die Brust. Auch die anderen Männer lächelten erleichtert und kamen ins Freie. Eine Unterhaltung entspann sich, bei der Andranik mehrmals mit der Hand auf Raoul, Jada und Matteo wies, die abgestiegen waren und am Rand des Ackers warteten. Irgendwann winkte Andranik sie her. Als sie zu der Gruppe vor dem Haus gegangen waren, schaute
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