Der Gesandte des Papstes
flehen, so wie es Basileios Lakapenos in Konstantinopel getan hatte, bevor er sein Leben ausgehaucht hatte.
Kadar schaute über die Wellen des Sewansees in Richtung des Klosters, als ihm plötzlich etwas einfiel. Er hatte das Zepter bisher nur als Schlüssel zur Festung seines alten Feindes betrachtet, dabei bot es so viel mehr Möglichkeiten. Mit ihm konnte er al-Tufail das Leben zurückgeben, um es ihm dann, wenn sein Glück über die wundersame Genesung am größten war, endgültig zu nehmen. Kadar musste unwillkürlich lächeln. Diese Rache war nicht nur von einer köstlichen Grausamkeit - sie war eine ironische Spiegelung dessen, was ihm selbst widerfahren war: An einem der glücklichsten Tage seines Lebens war al-Tufail gekommen und hatte ihm alles genommen. Nun würde es umgekehrt sein.
Zufrieden lehnte er sich zurück. Jetzt fühlte es sich richtig an. Er würde al-Tufails Tod auskosten, ihn genießen wie den süßesten Wein, das festlichste Mahl, die lieblichste Hure. Wenn es nur endlich so weit wäre!
Der Bau des Floßes kam gut voran. Noch höchstens zwei oder drei Stunden, und er konnte beginnen, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Als er sich wieder dem See zuwandte, bemerkte er ein Ruderboot zwischen Ufer und Insel. Wieder regte sich sein Misstrauen. Es war das einzige Boot weit und breit, und es kam ihm merkwürdig vor, dass es ausgerechnet jetzt hier auftauchte.
Kadar stand auf und beschattete seine Augen mit der Hand. Zwei Leute saßen in dem Boot. Nur das Ruderboot eines Bauern oder Fischers, sagte er sich. Was soll das schon bedeuten?
Dann erkannte er, dass es sich in Richtung des Eilands bewegte. Seine Augen formten Schlitze. Ja, zweifellos steuerte es die Klosterruine an.
Von einer dunklen Ahnung ergriffen, stieg er die Uferböschung hinab, setzte einen Fuß auf die Landzunge und kletterte
über die ausgewaschenen, glitschigen Steine zum Ende des Riffs. Dort erklomm er einen mächtigen Felsbrocken, von dem er das Boot gut sehen konnte.
Die vordere Gestalt - eine Frau, dem Zopf nach zu schließen - konnte er nicht erkennen, denn sie hatte ihm den Rücken zugewandt. Der Mann an den Rudern trug einen blauen Waffenrock, der Kadar bekannt vorkam.
Er spürte ein Würgen in der Kehle. Das ist nicht möglich!, dachte er. Doch ein Irrtum war ausgeschlossen.
Der Mann war kein anderer als Bazerat.
»Er hat uns entdeckt«, sagte Raoul, während er die Ruder ins Wasser tauchte und durchzog.
Jada sah zu al-Munahid, der zum Ufer zurückkehrte und etwas rief, das vom Wind übertönt wurde; dann wandte sie sich wieder zu Raoul um. Sie sagte kein Wort und versank wieder in ihren Gedanken. Er fragte sich, was nur mit ihr los war.
Unter den Söldnern brach Unruhe aus. Die Männer, die mit dem Floßbau beschäftigt waren, arbeiteten noch eifriger. Einer der Krieger spannte seinen Bogen und sandte einen Pfeil in Richtung des Bootes. Raoul machte sich keine Sorgen, getroffen zu werden; auf diese Entfernung hätte ihnen höchstens ein Langbogen gefährlich werden können. Die Reichweite des Reiterbogens war zu kurz, und der Pfeil versank im Wasser.
Raoul verbannte die drohende Gefahr aus seinen Gedanken und lenkte seine ganze Aufmerksamkeit erneut dem Rudern zu. Um Kräfte zu sparen, atmete er im Takt des Ruderschlags. Trotzdem spürte er einen leichten Schmerz in den Armen, und das Boot glitt langsamer als am Anfang durch das Wasser.
Jetzt, da al-Munahid sie entdeckt hatte, machte er sich nicht mehr die Mühe, die dem Ufer abgewandte Seite der Insel anzusteuern, sondern hielt geradewegs auf die Westseite zu, wo das Ufer flach war. Riffe umgaben die Insel, und als Raoul an mehreren Felsen vorbeiruderte, stoppte er für einen Moment,
um ihre Richtung zu korrigieren. Er wollte den Felsen nicht zu nahe kommen und auflaufen.
Der Schwung des Bootes reichte dennoch aus, sie bis zum Strand zu tragen. Als der Rumpf knirschend auf dem feinen Sand auflief, sprang Raoul ins knöcheltiefe Wasser und zog das Boot auf festen Grund, bevor er Jada beim Aussteigen half. Vom alten Anlegesteg des Klosters waren nur noch im Wasser und Sand versunkene Steine übrig. Ein Pfad aus Steinplatten führte über den Strand zu Stufen, die in den mannshohen Felsen gehauen waren, auf dem die Ruine stand.
Raoul blickte zum Festland, wo die Söldner das Floß fertig gestellt hatten. Am Ende der Landzunge ließen sie es zu Wasser. Al-Munahid und ein anderer Krieger bestiegen es und begannen, mit kurzstieligen Paddeln zu rudern.
Raoul
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