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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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Gedanke durchzuckte, die Krankheit seines Feindes könnte so weit fortgeschritten sein, dass ihre Heilung ihn das Leben kostete. Unsinn!, sagte er sich, ibn-Marzuq war so gut wie tot, als du ihn geheilt hast. Und es hat dich lediglich so viel Kraft gekostet, dass du auf der Stelle eingeschlafen bist.
    Der kronenförmige Aufsatz berührte den entstellten Edlen an der Brust, und das Letzte, was Kadar vor der Schwärze sah, war ein alter Mann, der in die Kissen sank, weißhaarig, faltig, aber frei von Wahnsinn und Geschwüren.

    »Aqid!«
    Eine leise, drängende Stimme, Schatten und graues Licht, eine Gestalt - dann siegte wieder die Finsternis.
    »Aqid, wach auf!«
    Er kannte die Stimme: Najib. Widerwillig öffnete er die Augen. Mondlicht fiel durch Fensterschlitze in der Decke.
    Kadar blinzelte und setzte sich auf. Er hatte auf mehreren Fellen gelegen. Als er sich umsah, sagte Najib: »Ein Schlafplatz der Diener. Der Hauptmann hat mir geholfen, dich herzubringen.«
    »Was ist mit al-Tufail?«, fragte Kadar mit rauer Stimme. Najib reichte ihm einen Krug mit Wasser.
    »Schläft immer noch. Ich habe dem Hauptmann weisgemacht, dass es für die Heilung nötig ist, ihn in Ruhe zu lassen.«
    Kadar trank, dann stellte er den Krug ab und stand auf. Seine Beine waren taub, sein ganzer Körper war kraftlos, ausgesaugt von der Macht des Zepters.
    Das Zepter!
    »Wo ist es?«, murmelte er und sah sich beunruhigt um. Die Kammer enthielt nichts als die Felle und den Krug.
    »Hier.« Najib hielt es ihm hin, eingeschlagen in den Beutel. »Ich habe es versteckt, bevor Mustafa zurückgekommen ist.«
    Kadar nahm es, schlug den Beutel zurück und beruhigte sich, als er den goldenen Schaft und die edelsteinbesetzte Krone sah. Seine Gedanken bewegten sich nur träge. Die Heilung hatte ihn mehr mitgenommen als alle anderen zuvor. »Wie lange habe ich geschlafen?«
    »Vier Stunden.«
    Kadar erinnerte sich. So hatten sie es vereinbart. Dass er sich nach ibn-Marzuqs Heilung weniger erschöpft gefühlt hatte, lag vermutlich an den sechs Stunden Schlaf, die er danach bekommen hatte. Noch ein Gedanke regte sich. »Hast du unsere Waffen?«

    »Nein, aber das hier.« Trotz der Dunkelheit sah er, dass Najib grinste, als er zwei Schwertgehänge von der Schulter streifte. »Es war ein Kinderspiel, sie zu stehlen. Die Männer sind so aus dem Häuschen, dass sie vergessen haben, überall Feinde zu sehen.«
    Kadar nahm eines der Schwerter und gürtete es sich um. Ganz allmählich kehrten Beweglichkeit und Kraft in seine Glieder zurück. Den letzten Rest Schlaftrunkenheit schüttelte er ab, als sie aus der stickigen Kammer ins Freie traten und er die kühle Nachtluft einatmete. Kadar dachte an seinen Blutrausch, den er beim Tod von Basileios Lakapenos empfunden hatte, und seine Vorfreude erwachte.
    Der Hof der Festung lag fast völlig im Dunkeln; Licht brannte nur in einem Fenster. »Wo sind die Männer?«, fragte Kadar leise.
    »Dort.« Najib wies mit einer Kopfbewegung auf die Unterkünfte. »Der Hauptmann hat sie schlafen geschickt, damit sie ausgeruht sind, wenn al-Tufail zu sich kommt. Es sind nur noch die Nachtwachen auf. Einer für jeden Turm.«
    Kadar blickte zum Turm hinter ihnen und zu dem des Haupthauses. Auf beiden stand ein Soldat, ein schwarzer Umriss im Sternenhimmel. Er machte sich keine Sorgen um sie, denn ihre Aufmerksamkeit galt allein möglichen Gefahren außerhalb der Festung.
    Leise eilten sie über den Hof in Richtung Tor. Auf dem Turm, der Aussicht auf den Pfad ermöglichte, konnte Kadar keinen Wächter ausmachen, auch nicht im breiten Durchgang des Tors. Mit einer Geste gab er Najib zu verstehen, an der Treppe zu warten, dann schlich er die Stufen zu den Kammern im oberen Teil des Turms hinauf. Es war eine enge Treppe, nur wenig breiter als seine Schultern, und sie folgte der Rundung des Gebäudes. Rötliches Licht, das kaum die Dunkelheit durchdrang, erwartete ihn oben.
    Das Schwert glitt ohne ein Geräusch aus der Lederscheide,
und Kadar blieb am Eingang stehen. Kerzenschein erhellte die Kammer, in der ein Söldner am Tisch saß. Er hatte Kadar den Rücken zugewandt und schrieb etwas. Die Kerzenflamme spiegelte sich im Helm, der als Beschwerer auf den Pergamentseiten lag.
    Kadar trat ein, setzte behutsam einen Fuß vor den anderen. Trotzdem bemerkte der Mann etwas und fuhr so heftig auf, dass er beinahe den Hocker umwarf. »Oh, du bist es!«, sagte er, als er Kadar erkannte. Dann bemerkte er das Schwert, und sein Lächeln

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