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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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befindet sich in einer Lage, in der ihm ein Kreuzzug sehr gelegen käme. Mit dem Stab könnte er ihn mühelos entfesseln.«
    Und mühelos gewinnen, dachte ibn-Marzuq, schwieg aber.
    »Die Johanniter setzen uns in Akkon zu«, fuhr der Sultan fort. »Die Ilkhane warten nur auf eine Schwäche von uns, um wieder im Osten zuzuschlagen. Ein weiterer Gegner wäre das Ende.«
    »Es sollte ein Leichtes sein, Morra zuvorzukommen. Mit dem Stab in der Hand wärt Ihr unangreifbar, mein Gebieter.« Und ich wäre derjenige, der Euch geholfen hat, den Stab zu bekommen, dachte ibn-Marzuq. Das sollte genügen, um meine Stellung ein für alle Mal zu sichern.
    Sein Hochgefühl war während der Unterhaltung verflogen. Er kam sich ein wenig schäbig vor, aber er hatte die Regeln für dieses Spiel nicht gemacht.

    An-Nasir verfiel abermals in Schweigen. Er erschien ibn-Marzuq wieder wie der Junge, der nach der Ermordung seines Bruders zum Sultan ausgerufen worden war und der verloren wirkte zwischen all den Emiren und Generälen: ein ganz normaler Knabe, der nie um die Macht gebeten hatte, mit der er plötzlich fertig werden musste. »Wer ist dieser Battista, zu dem das Manuskript gebracht werden soll?«
    »Cristoforo Battista«, antwortete ibn-Marzuq. »Ein venezianischer Kaufmann, der sich vor Jahren in Jerusalem niedergelassen hat. Ich habe ihn schon lange im Verdacht, für Rom zu arbeiten.«
    Der junge Sultan nickte. Er faltete den Brief zusammen und gab ihn zurück. »Ist er käuflich? Haben wir etwas gegen ihn in der Hand?«
    Ibn-Marzuq erinnerte sich daran, wie er Battista einmal in den Palästen des Emirs von Askalon getroffen hatte. Der Mann lebte wie ein Mönch und war obendrein vollkommen humorlos. »Weder noch. Ich fürchte, wir werden zu gröberen Methoden greifen müssen.«
    »Kadar al-Munahid«, sagte der Sultan nach einer Pause. »Ist er wieder aus Nubien zurück?«
    »Seit einigen Tagen.« Harun ibn-Marzuq zögerte. »Ich weiß nicht, ob al-Munahid der richtige Mann für eine solche Aufgabe ist, mein Gebieter.«
    Der Wesir glaubte, ein unmerkliches Funkeln von Spott in an-Nasirs Augen zu erkennen. »Mein lieber Harun, hast du etwa Skrupel?«
    Ibn-Marzuq zog es vor, zu schweigen. Seine Bedenken waren anderer Art: Er fürchtete sich vor al-Munahid, aber er hätte sich eher einen Finger abgeschnitten, als das seinen Sultan wissen zu lassen.
    »Es gibt keinen Besseren für - wie hast du dich ausgedrückt? - gröbere Methoden, Harun. Rede mit al-Munahid. Gib ihm so viel Gold, wie er verlangt. Ich wünsche, dass er und seine
Schakale gleich morgen nach Jerusalem aufbrechen, das Manuskript holen und den Stab suchen.«
    »Die Vita Antonii ist in griechischer Sprache geschrieben. Ich bezweifle, dass al-Munahid in der Lage ist, sie zu lesen.«
    »Es ist nicht notwendig, dass er sie liest.« Sultan an-Nasir lehnte sich in den Kissen zurück. »Denn du wirst ihn begleiten.«
    Ibn-Marzuq öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, dann klappte er ihn wieder zu. Die Aussicht, Kairo mit seinen Badehäusern, Banketten und Heeren von Sklaven verlassen und die nächsten Wochen auf dem Rücken eines Pferds verbringen zu müssen - noch dazu inmitten einer Söldnereinheit -, entsetzte ihn zutiefst.
    »Eine Reise wird dir guttun«, sagte der Sultan freundlich. »Oder bist du anderer Meinung? Ich bin sicher, Abdul ed-Din wird gern für dich einspringen.«
    »Nein!«, sagte ibn-Marzuq und wiederholte dann leiser: »Nein.« Er neigte den Kopf nach vorne. »Es ist mir eine Ehre, mein Gebieter.«
    »Sehr gut.« Der Sohn des Himmels lächelte. »Du wirst sehen, Jerusalem wird dir gefallen.«

VIER
     
     
    D ie »Elýsion« war ein byzantinisches Handelsschiff, ein Einmaster mit einem Rahsegel, vierzig Ellen lang und fünfzehn breit, mit zwölf Mann Besatzung. Sie war im vorgelagerten Hafen Roms in der Tibermündung vertäut. Die einzige Kajüte hatte Matteo Gaspare nur bekommen, weil die beiden ursprünglichen Reisenden, ein römischer Kaufmann und sein Diener, kurzfristig abgesagt hatten; der Kaufmann war an der Cholera erkrankt.
    Am Hafen herrschte wenig Betrieb. Das einzige Schiff außer der »Elýsion« war ein Zweimaster aus Aragonien am benachbarten Anlegesteg. Dunkelhäutige Männer, die sich zum Schutz gegen die Hitze bunte Tücher um den Kopf gebunden hatten, löschten die Ladung: Holzkisten, die trotz ihrer handlichen Größe so schwer waren, dass sie nur zu zweit getragen werden konnten. Als einer der Seemänner auf dem Laufsteg das

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