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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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Raoul.
    Gaspare grinste. »Griechisch und Latein bei den Dominikanern von Lucca.«
    Jetzt lächelte auch Raoul. »Ihr wart Novize?«
    »Zwei Jahre. Dann warfen sie mich hinaus. Ich hatte Schwierigkeiten mit der Gehorsamkeit.«
    »Und Französisch und Arabisch?«
    »Im Heiligen Land. Ich habe drei Jahre einem Ritter aus Toulouse gedient. In Akkon.«
    Vor Erstaunen setzte Raoul sich auf. Akkon war vor zwölf Jahren gefallen, 1291. Also musste Gaspare wesentlich älter als fünfundzwanzig sein, wie Raoul bei ihrer ersten Begegnung geschätzt hatte. Es war schwer zu glauben, dass dieser Mann mit dem Mondgesicht schon dreißig oder zweiunddreißig Jahre sein sollte. »Mein Vater war ebenfalls in Akkon«, sagte er.
    »Wie hieß er?«
    »Gerard von Bazerat. Ihr könnt ihn nicht gekannt haben. Er hat das Kreuz einundsiebzig genommen und blieb nur zwei Jahre.«
    »Zwei Jahre ist lange genug in Palästina«, sagte Gaspare. Er schloss die Augen, wohl um zu zeigen, dass er nicht mehr darüber reden wollte. Leise summte er eine Melodie, die Raoul nicht kannte.
    Das Unwetter schien etwas nachgelassen zu haben, denn das Schiff schlingerte nicht mehr ganz so stark. Raoul legte sich hin und betrachtete die fleckige Decke. Sein Vater hatte ein Leben lang davon geträumt, Jerusalem einmal, nur ein einziges Mal zu
betreten. Aber der Traum hatte sich nicht erfüllt. Zu seiner Zeit befand sich die Heilige Stadt schon lange in der Hand der Sarazenen. In den Jahren des Krieges hätte es für einen christlichen Ritter den Tod bedeutet, ihr auch nur in die Nähe zu kommen. Was er wohl von der Reise seines Zweitgeborenen gehalten hätte? Er wäre geplatzt vor Stolz und hätte mich gleichzeitig einen Narren genannt, dachte Raoul und lachte in sich hinein.
    Die Planken der »Elýsion« knarrten und ächzten. Über ihnen ging jemand über das Deck. Die Schritte waren ein dumpfes, gleichmäßiges Klopfen.
    »Was für Sünden waren es?«, fragte Gaspare unvermittelt.
    Raoul drehte den Kopf und sah ihn an. »Was?«
    »Die Sünden, wegen denen Ihr nach Rom gekommen seid.«
    »Warum wollt Ihr das wissen?«
    »Nun … es interessiert mich eben.«
    Raoul überlegte. »Nichts Bedeutendes. Schwarze Magie und Unzucht mit Geißböcken.«
    Gaspare starrte ihn an, und langsam, ganz langsam formten seine Lippen ein Grinsen. »Unzucht mit Geißböcken«, murmelte er und lachte leise vor sich hin, bis er schließlich verstummte. Kurz darauf hörte Raoul das vertraute Schnarchen.
    Er löschte das Licht und lauschte den Geräuschen des Schiffs in der unruhigen See. Irgendwann schlief auch er ein. In seinem Traum lag er wach in seinem Gemach in Bazerat, während draußen die Feuer niederbrannten und sich die letzten Dorfbewohner betrunken singend nach Hause aufmachten. Das Mädchen neben ihm schlief. Nur in seinen Umhang gehüllt stieg er die kalten Stufen zur Kapelle hinunter und kniete vor dem Altar, doch die Worte des Gebets waren ebenso vergessen wie der Name des Mädchens. Er hustete, bis sich seine Eingeweide vor Schmerzen zusammenzogen, und in dem Blut auf dem hellen Stein wanden sich schwarze Maden, die bald in der eisigen Luft starben.

FÜNF
     
     
    N ach zwölf Tagen auf See kam die Küste Palästinas in Sicht: ein dunstiger, rotbrauner Streifen in der Ferne. Der Mastbaum der »Elýsion« knarrte im scharfen Westwind. Der Seemann, der den ganzen Vormittag im Krähennest unterhalb der Mastspitze nach Land Ausschau gehalten hatte, ein junger, braungebrannter Bursche, kletterte flink wie ein Affe am Tauwerk nach unten und ging den anderen zur Hand, die das Schiff klar zum Einlaufen machten.
    »Da.« Matteo Gaspare deutete auf einen Punkt am Küstenstreifen. »Askalon.«
    Sie standen am Bug. Das Meer reflektierte die heiße Mittagssonne blendend hell, sodass Raoul die Augen zusammenkneifen musste. Die Mauern und Türme der Hafenstadt konnte er kaum erkennen, denn ihre Farbe unterschied sich nur geringfügig von der Landschaft.
    »Zieht Euch um, bevor wir an Land gehen«, sagte Gaspare. »Ich habe unauffälligere Kleidung für Euch mitgenommen.«
    Raoul sah an sich herunter. »Was ist an mir so auffällig?«
    »Das Wappen. Es zeigt den Leuten, dass Ihr aus Europa kommt. Männer wie Euch haben sie nicht gerade in guter Erinnerung.« Gaspare biss eine faulige Stelle aus ihrem letzten Apfel und spuckte sie ins Meer. »Wir müssen wie harmlose Pilger aussehen, wenn wir unbeschadet nach Jerusalem kommen wollen.«
    Die neue Kleidung war nicht nur unauffälliger

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