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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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auch die Söldner diesen Weg genommen hatten. Eine Fackel in der einen, die Armbrust in der anderen Hand übernahm Battista die Führung, und nach wenigen Stufen gelangten sie in die Unterwelt des Badehauses. Unter dem Becken lag ein Gewölbe, dessen Wände aus rotbraunen Ziegelsteinen brüchig und voller Risse waren. Rostige Halterungen verrieten, dass hier einst Fackeln gehangen hatten. Im Boden befand sich ein rundes Loch, etwa zwei Mannslängen im Durchmesser. Es roch nach feuchtem Mauerwerk.
    »Es gibt keine Ausgänge«, stellte Battista fest.
    »In der Zisterne.« Michele zeigte auf das Loch, und die anderen folgten ihm zum Rand der Öffnung. Sie war fünf Ellen tief. Am Boden befand sich immer noch Wasser, das schwarz glitzerte und nach Fäulnis stank.
    Ein kühler Luftzug aus der Zisterne ließ ihre Fackel flackern, als sie die schmale Treppe an deren Innenwand nach unten kletterten. Dort begann ein Tunnel, der nicht völlig dunkel war; an seinem Ende sah Raoul schwaches, graues Licht. Aus der Ferne erklang leises Tropfen.
    Battista zog den Kopf ein und ging voran.
    »Wohin führt er?«, fragte Raoul leise. Auch er konnte sich nicht aufrichten. Michele, der neben ihm ging, hatte wegen seiner geringen Größe keine derartigen Schwierigkeiten.
    »Er ist ein Teil der alten Bewässerungsanlagen«, erklärte der Diener. »Manche der Tunnel und Zisternen sind neunhundert Jahre alt. Einige werden immer noch benutzt, aber der Großteil
wurde von Erdbeben zerstört. Der Basileus hat kein Geld, die Anlagen in Stand setzen zu lassen.«
    Etwa auf halber Länge des Tunnels presste Battista plötzlich die Fackel auf den feuchten Boden, um sie zu löschen. Raoul trat neben ihn - und entdeckte die beiden Männer.
    Der Tunnel mündete in einen großen Raum, dessen Boden von stehendem Wasser bedeckt war. Auf einem Sims jenseits des künstlichen Teichs kauerten zwei Söldner. Sie schienen schon lange dort zu sitzen, denn sie waren alles andere als wachsam. Der eine lehnte mit hinter dem Kopf verschränkten Armen an einem Pfeiler und döste, der andere wienerte seinen Helm.
    Battista ließ sich auf ein Knie nieder, legte die Armbrust an und forderte Raoul mit einer Geste auf, es ihm nachzutun. Als sie beide ihr Ziel vor Augen hatten, deutete Battista zuerst auf sich und dann auf den Schlafenden, wodurch Raoul wusste, dass er sich den anderen vornehmen sollte.
    »Jetzt«, flüsterte Battista und zog den Abzug durch.
    Sein Bolzen traf den Schlafenden im Hals, er umschloss den Pfeilschaft aber noch mit beiden Händen, bevor er zur Seite umkippte. Der andere Söldner sprang keuchend auf, sein Helm fiel ins Wasser, und in diesem Augenblick zielte Raoul. Der Bolzen sirrte. Die Wucht des Einschlags hob den Söldner von den Füßen, schleuderte ihn gegen den Pfeiler. Er fiel aufs Gesicht und blieb reglos liegen.
    »Schnell«, stieß Battista hervor und hastete geduckt den Tunnel entlang, gefolgt von Raoul. Der Tunnel endete einen Schritt über dem Wasser, das erstaunlich klar war. Die modrigen Überreste eines Ruderboots ragten daraus hervor, überall häuften sich von der Decke gefallene Trümmerbrocken. Die beiden Männer ließen ihre Armbrüste zurück und zückten ihre Schwerter, während sie auf dem Damm aus Trümmern das Wasser überquerten.
    Beide Söldner waren tot. Andere schienen nicht in der Nähe zu sein, denn alles blieb still, abgesehen von einem Tropfen,
das irgendwo in der Dunkelheit widerhallte. Erst jetzt begriff Raoul, dass sie sich in einer Zisterne von gewaltigen Ausmaßen befanden. Ein Wald aus kunstvoll gearbeiteten Säulen trug eine hohe Decke; durch eine Öffnung - möglicherweise ein Brunnenschacht - über ihnen fiel schwindendes Tageslicht auf die moosig schimmernde Wasseroberfläche. Die Helligkeit reichte bei Weitem nicht aus, um die unterirdische Halle vollständig auszuleuchten. Schon nach wenigen Schritten zu beiden Seiten verschwanden die Säulen in der Finsternis.
    Gaspare kniete mit der Armbrust im Anschlag im Tunnelausgang. Da keine weitere Gefahr drohte, nahm er die Armbrüste auf, und er und Michele kletterten aus dem Tunnel heraus und durchquerten die Zisterne. Raoul half dem Diener den Sims hinauf.
    Michele strich die Falten seines Rockes glatt, eine Geste, die in Anbetracht ihrer Lage seltsam fehl am Platz wirkte. »Hier muss es irgendwo einen Ausgang geben. In den Aufzeichnungen ist von einem Schuttberg die Rede …«
    Unter den Sachen der toten Söldner fand Raoul zwei Fackeln und Feuerstein.

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