Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
Vom Netzwerk:
Berggraten, auf denen ein Fehltritt den Tod am Fuß einer turmhohen Felswand bedeutete. Gegen Abend klarte der Himmel auf und gewährte Morra einen
Blick über das endlose Hochland. Eisbedeckte Gipfel am Horizont gleißten in der untergehenden Sonne wie geschliffene Diamanten. Ein Berg überragte alle anderen. Der heilige Ararat, vermutete Morra, jener Gipfel, auf dem in biblischen Zeiten Noahs Arche gestrandet war. Unter anderen Umständen hätte ihn der Anblick mit tiefer Ehrfurcht erfüllt, doch jetzt konnte er nur daran denken, dass die Wahrscheinlichkeit, die Spur der Söldner zu verlieren, mit jeder verstreichenden Stunde stieg.
    Wer verzweifelt, wendet sich ab von Gott. So hatte er es bei den Dominikanern gelernt, in deren Obhut ihn sein Vater mit zehn gegeben hatte. Er rief sich diese Wahrheit ins Gedächtnis, biss die Zähne zusammen und trieb sein Pferd den von dürren, verkrüppelten Büschen bestandenen Hang hinauf. An seiner Seite ritt Simone, der vermutlich gerade den Tag verfluchte, an dem er in die Dienste des Kardinals getreten war.
    In den letzten zwei Stunden hatten sie einen beträchtlichen Höhenunterschied überwunden. Die Luft war so kalt geworden, dass der Atem der Männer und Pferde Wölkchen bildete. Der Wind pfiff schneidend über den Bergrücken und trieb Morra Tränen in die Augen. Den Mongolen schienen Kälte und Wind nichts auszumachen. Wenn es der Weg zuließ, unterhielten sie sich in ihrer fremdartigen, heidnischen Sprache, lachten und scherzten miteinander. Morra fragte sich, welchem Glauben sie anhingen. Er hatte gehört, dass einige Mongolen den Götzen der Steppe abgeschworen und das Christentum angenommen hatten. Doch es wäre schon ein unerhörter Glücksfall, wenn diese Soldaten dazugehörten. Vermutlich waren sie Muslime, die so wenig von Christen hielten wie Mamelucken und Sarazenen.
    Wer verzweifelt, wendet sich ab von Gott und verhöhnt die wahrhaft Unglücklichen. Vergiss das niemals!
    Die Begegnung mit den Mongolen hatte ihn die einstündige Rast gekostet, die sie sich und den Tieren an den Tagen zuvor gegönnt hatten. Gegen Abend schmerzte sein Rücken, und das gleichmäßige Schritttempo machte ihn schläfrig. Glücklicherweise
fand das Pferd auch ohne sein Zutun den Weg; es folgte einfach seinen Artgenossen.
    Er musste eingenickt sein, denn plötzlich erhoben sich vor ihm die Mauern einer Festung. Fackeln auf den Wehrgängen hielten die Dunkelheit fern. Morra stellte fest, dass sie sich auf dem höchsten Punkt des Passes befanden, dem sie seit einiger Zeit gefolgt waren. Die Anlage vor dem steil aufragenden Berghang zu seiner Rechten bestand aus einem Wall, der zwei gedrungene Gebäude mit schwarzen Dächern umschloss. Zu seiner Linken klammerte sich ein runder Turm an eine Felswand. Er war mit einer aus großen Steinblöcken gemauerten Brücke mit der Festung verbunden. Zwischen Turm und Festung versperrte ein eisenbeschlagenes Tor den Weg zur anderen Seite des Passes.
    Der Anführer der Reiter rief den Bogenschützen auf dem Wehrgang etwas zu, woraufhin das Tor geöffnet wurde und sie in die Festung hineinreiten konnten.
    Morra war hellwach, als er aus dem Sattel stieg, obwohl seine Glieder bleischwer waren. Die Festung war größer, als es von außen den Anschein gehabt hatte, denn ein Steinwurf vor ihm verlief eine weitere Mauer, die den jenseitigen Zugang zum Pass verschloss. Zwischen den beiden Mauern befanden sich Stallungen, eine Schmiede, Lagerhäuser und eine überdachte Zisterne, in der sich das Wasser eines Gebirgsbachs sammelte. Die Bewohner, ausnahmslos Krieger, musterten Morra und die Seinen neugierig.
    Ein Mann trat aus einer Pforte im Rundwall der inneren Festung. Er fiel Morra auf, weil er sich in seiner Robe aus fließender, indigofarbener Seide sehr von den anderen Mongolen unterschied. Sein Haar war zu einem kurzen Zopf geflochten, sein Bart sauber geschnitten. Mit einem knappen Satz befahl er den Hauptmann der Reitwache zu sich. Der Anführer, dachte Morra und schöpfte Hoffnung, jemanden gefunden zu haben, mit dem er sich verständigen konnte.
    Hinter ihm schlossen sich knarrend die Torflügel.

FÜNFZEHN
     
     
    M atteo machte Feuer, während Raoul die Schläuche am Bach füllte und sich die Hexe um ihre Pferde kümmerte.
    Er war allein; der Bach floss durch das Kiefernwäldchen zu seiner Rechten, und die Pferde hatten sie in Sichtweite auf der anderen Seite der Hochebene gelassen, weil dort das Gras dichter wuchs. Jada bint-Ghassan konnte gut

Weitere Kostenlose Bücher